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BundestagswahlAfD-Kandidat in Rhein-Erft: „Jeder muss ohne Angst und Vorurteile leben“

Lesezeit 9 Minuten
Ein Mann steht vor einer grünen Landschaft.

Jeremy Jason sagt: „Es fehlen die Politiker mit Format, die sich nicht zu fein sind, zu sagen, was nötig ist, statt zu sagen, was alle hören wollen.“

Jeremy Jason wurde auf Guadeloupe geboren. 2019 weckte die AfD sein Interesse, jetzt kandidiert er im Wahlkreis 90 für Berlin.

Am 23. Februar sind rund 350.000 Wahlberechtigte zwischen Bedburg und Wesseling aufgerufen, ihre Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben. In den beiden Wahlkreisen des Rhein-Erft-Kreises bewerben sich 17 Kandidaten um ein Direktmandat. Der Wahlsieg in einem der Wahlkreise wird voraussichtlich für einen Einzug in den Bundestag reichen. Wir stellen in loser Reihenfolge die Bewerber vor – diesmal Jeremy Jason, der im Wahlkreis 90 (Bedburg, Kerpen, Bergheim, Elsdorf, Pulheim, Frechen, Hürth) für die AfD antritt. Die Fragen stellte Jörn Tüffers.

Wann haben Sie begonnen, sich für Politik zu interessieren? Gab es eine Initialzündung?

Schon in jungen Jahren habe ich gemerkt, dass ich oft mit meiner Umgebung und den vorherrschenden Meinungen nicht einverstanden war. Diese Unzufriedenheit und mein Drang, Dinge zu hinterfragen, haben mich dazu gebracht, mich intensiver mit gesellschaftlichen und politischen Themen auseinanderzusetzen. Meine ersten Schritte in die Politik begannen damit, dass ich mich bewusst mit Themen wie Rassismus und Rechtsextremismus auseinandersetzte. Durch Gespräche und den Austausch mit verschiedenen Menschen, auch solchen mit extremen Ansichten, habe ich gelernt, differenzierter zu denken und die Beweggründe anderer besser zu verstehen. Diese Erfahrungen haben mich motiviert, eine Gesellschaft mitzugestalten, in der jeder die Möglichkeit hat, ohne Angst und Vorurteile zu leben. Dafür setze ich mich aktiv seit Jahren ein, denn man darf Konservative und Rechte genauso wenig ausschließen, wie Personen mit Einwanderungsgeschichte.

Welches politische Ereignis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten bewegt/berührt?

Der Terroranschlag auf das Redaktionsbüro von Charlie Hebdo hat sich mir ins Gedächtnis und in meine Seele gebrannt. An dem Tag wurde mir bewusst, dass unsere Meinungsfreiheit eines der wichtigsten Rechte ist, die wir als Menschen innerhalb einer Gesellschaft haben. Durch meinen Onkel und seine persönliche Verbindung zu einem der Opfer habe ich nicht nur die Tat völlig anders wahrgenommen, sondern auch den Schock live erlebt, den ein solcher Terroranschlag bei uns Menschen auslöst. Es ist bis zum heutigen Tage lebensgefährlich, Mohammed-Karikaturen öffentlich zu zeigen. Die Folgen der unterschiedlichsten Projekte von internationalen Karikaturisten waren und sind mit Charlie Hebdo gemeinsam bereits an die 150 Tote. Das sind alles Opfer einer Repression, welche mich wachgerüttelt hat. Es ist nicht nötig, in einem islamischen Land zu leben, um nach „islamischen Regeln“ leben zu „müssen“!

Welcher lebende Politiker/welche lebende Politikerin imponiert Ihnen? Welcher hat Sie geprägt?

Ich mache mir nicht viel aus Personenkult. Ich könnte viele Politiker nennen, um mich in einem bedeutungsvolleren Glanz erstrahlen zu lassen. Ich folge der Sache und dem Gedanken einer Bewegung eher als ihren Gesichtern. Einzelne Gesichter sind austauschbar, die Bewegung lebt von vielen unterschiedlichen Gesichtern. Mir imponiert der Mut eines Politikers, sich dem Unheil zu stellen und auch mal eine unpopuläre Meinung zu vertreten und Haltung zu bewahren trotz Gegenwind.

Mir imponiert, wenn ein Politiker die Sache im Blick hat und weniger seinen eigenen moralischen Wertekanon öffentlich zur Schau trägt. Von diesen Politikern sehe ich viele bei der AfD. Es sind Menschen, die trotz extremster Anfeindungen nie ihren Kurs verlassen haben. Auch wenn sich das Schiff der CDU/CSU auf unseren Kurs begibt, bleiben unsere Politiker diejenigen, die diese Meinung auch im Sturm vertreten und daran festhalten werden, auch wenn sie gewählt wurden.

Welcher Politiker hat am meisten für den Kreis geleistet?

Da sich Politik an der Position orientiert und somit eine Bewertung ebenfalls, könnte ich hier niemanden guten Gewissens benennen. Neben Prügelpolitikern im Rhein-Erft-Kreis und Schleuser-Affären, die vom Erftkreis bis zum Bordell nach Köln führen, wüsste ich tatsächlich niemanden, der hier nicht seit Jahren lediglich für Symbolpolitik steht, statt sich tatsächlich um die Belange der Bürger zu kümmern und somit auch aus unserer Perspektive etwas „geleistet“ zu haben. Ich bin eher erschrocken, mit wie wenig Interesse für ihren Wahlkreis die Menschen ihre Mandate antreten, sei es kommunal oder auf Bundesebene. Ich würde mir wünschen, dass hier mal einer auf den Tisch haut und den Unfug stoppt, der seit Jahren um sich greift. Doch mehr als gegenseitiges Beschuldigen unter den Altparteien darf man nicht erleben. Es fehlen die Politiker mit Format, die sich nicht zu fein sind, zu sagen, was nötig ist, statt zu sagen, was alle hören wollen.

Wie erklären Sie jemandem in Berlin den Rhein-Erft-Kreis?

Na, da wo der international bekannte Hambacher Forst ist, wo sich Linksextreme über Jahre hinweg in Bäumen kuschelten, um einen Wald zu retten, den sie durch ihre Anwesenheit verschandelten. Die Gegend, wo Berühmtheiten herkommen, von Formel-1-Legende Michael Schumacher über Adolph Kolping bis hin zu grandiosen Musikern wie „Patrice“ Bart Williams. Die Gegend, wo die Ahrtal-Überschwemmung den letzten Ausläufer hatte und wo die Betroffenen sich bis heute von der Politik im Stich gelassen fühlen. Die Gegend, wo der Strukturwandel große Wassersport- und Naherholungsgebiete erzeugen möchte und Platz schaffen will für neue Perspektiven nach dem völlig überstürzten Braunkohleausstieg. Der Rhein-Erft-Kreis halt, der Ort, wo wundervolle Geister geboren werden und aufwachsen und politische Fehlentscheidungen spürbar sind.

Was wollen Sie als Abgeordneter in Berlin erreichen?

Sicherheit und realistische Perspektiven für die Zukunft. Der Rhein-Erft-Kreis besteht aus einem Multiversum von Problemen, die meisten Podiumsdiskussionen laufen an diesen multiplen Faktoren vorbei. Es gilt hier, erstmal vorne anzufangen und für Sicherheit zu sorgen! Menschen sollen sich sicher fühlen im Rhein-Erft-Kreis. Die ungesicherte Grenznähe zu mehreren Ländern in kurzer Distanz ist für den Rhein-Erft-Kreis zunehmend eine Gefahr im Bereich der Ausländerkriminalität. Auch die von uns vorgeschlagene Remigration wird die Kommunen entlasten. Ich fordere, dass die umliegenden Behörden im Grenzbereich die nötigen Kompetenzen erhalten, um uns beispielsweise vor regelmäßigen Bankautomaten-Sprengungen durch ausländische Banden zu schützen. Ich möchte für den Rhein-Erft-Kreis eine Politikwende erreichen. Wir stehen für eine zuverlässige Politik, bei uns ist drin, was draufsteht, auch wenn einige eine blühende Fantasie haben, dabei Dinge hinzuzudichten! Wir bleiben stabil.

Wie würden Sie einen Nichtwähler davon überzeugen, sein Kreuz auf dem Stimmzettel zu machen?

Mach' den Wahl-O-Mat, steh auf und geh für deine Zukunft und deine Wünsche wählen. Lass dir nichts erzählen, es gibt keine falschen Parteien und kein Kreuz an der falschen Stelle. Lieber machst du ein Kreuz bei meinen politischen Gegnern, als dass du zu Hause sitzt und nirgendwo ein Kreuz setzt. Demokratie lebt von Teilhabe, es gibt kein „zu wenig Ahnung davon haben“. Dann wählt man halt nach Bauchgefühl, aber man tut es und lässt nicht andere über das Schicksal von Deutschland und eines selbst entscheiden.

Mit wie vielen Wählerinnen und Wählern haben Sie seit Beginn des Wahlkampfs Kontakt gehabt und wie viele werden es schätzungsweise bis zum 23. Februar sein?

Da wir seit Monaten Wahlkampf betreiben und seit Wochen jedes Wochenende irgendwo im Rhein-Erft-Kreis Infostände haben, bin ich mit sehr vielen Menschen in Kontakt gekommen. Dankenswerterweise konnten wir viel über den Frust der Menschen erfahren. Am spannendsten finde ich jedes Mal die Begegnungen mit Personen mit Einwanderungsgeschichte, die zu uns kommen und das Erste, was sie sagen, ist: „Jungs, meine Stimme habt ihr!“. Diese Mär vom Haufen Bösewichte, die nichts Besseres zu tun haben, als die Welt braun anzumalen, funktioniert nur bei ängstlichen Gemütern.

Dazu zähle ich viele Personen mit Einwanderungsgeschichte definitiv nicht. Genau diese Menschen haben den Mut, sich mit uns auseinanderzusetzen, zum Infostand zu kommen, Fragen zu stellen und auch den Antworten eine Chance zu geben. Es ist schön zu sehen, dass wir nicht nur zwanghaft falsch verstanden werden. Ich stehe für jeden Bürger, dem Deutschland am Herzen liegt, auf dieser Liste. Mich interessiert nicht seine Herkunft, sondern unser gemeinsames Bekenntnis zu unserer deutschen Heimat.

Wer ist besser als Kanzler geeignet: Merz oder Scholz?

Beide sind absolut ungeeignet, hierzu empfehle ich jedem, einmal YouTube und Google zu bemühen. Scholz ist nicht nur vergesslich, sondern gänzlich ungeeignet, auch nur irgendetwas zu lenken, was nicht am Ende Milliarden Verluste erleidet und zusammenbricht. Kollege Merz wird zwar gerade hochgelobt und von den CDUlern als Halbgott verehrt, doch finde ich höchst verstörend, was er so für eine Geschichte mit sich bringt. Er würde ohne Zweifel finanziell erfolgreicher für eine Menge Lobbyisten wirtschaften und eine Ehrennadel im Blackrock-Sommercamp angepinnt bekommen, aber Deutschland wird ihn genauso wenig interessieren wie Scholz. Für mich gibt es nur Frau Dr. Weidel als Antwort und viele Menschen in diesem Land sehen das genauso. Die beiden Herren haben Glück, dass wir den Bundeskanzler nicht per Volksabstimmung wählen werden, sonst stünde die Siegerin bereits fest.

Welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie den Einzug ins Parlament gönnen und fachlich zutrauen?

Ganz klar, Dr. Kippels. In allen Podiumsdiskussionen empfand ich keine Dissonanz zwischen unseren Positionen, obgleich man bei der einen oder anderen Darstellung einfach den Politiker in ihm hören kann. Ich wünsche der CDU, dass sie selbst wieder an Rückgrat gewinnt, um sich gegen den linken Mob durchzusetzen. Dr. Kippels wirkt auf mich nicht wie ein Wegducker. Er hat realisiert, dass viele der von uns als AfD bereits seit Jahren genannten Punkte langsam einer Lösung bedürfen. Es geht um die Sache und nicht um eine falsche Moral und blinde Ideologie. Wenn der CDU jetzt noch nicht klar geworden ist, dass sie die Geisel linker Politik ist, dann kann man ihr nicht mehr helfen.

Mit welchem Politiker würden Sie niemals ein Bier trinken gehen?

Ich trinke gerne mit allen Politikern ein Bier. Einzig bei der SPD haben wir uns entschieden, künftig nicht mehr so naiv zu sein. Der jüngste tätliche Angriff auf meinen geschätzten Kollegen Norbert Raatz ist für uns Anlass genug, niemanden unserer Leute mehr alleine und ohne Begleitung zu Veranstaltungen gehen zu lassen, wo SPDler anwesend sind. Das enorme körperliche und verbale Aggressionspotenzial, welches erfahrungsgemäß von den mir bekannten Vertretern der SPD im Rhein-Erft-Kreis ausgeht, ist absolut nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen. Für uns haben Aggressionen nichts in der politischen Auseinandersetzung zu suchen. Das bezieht sich auch auf rhetorische Angriffe und ähnliche diffamierende Techniken. Aber da wir nicht ängstlich, sondern lediglich vorsichtig und wachsam geworden sind, würde ich natürlich auch jederzeit mit Kollegen der SPD ein Bierchen trinken. Vielleicht könnte sich dann der ein oder andere etwas entspannen und künftig von Aggressivität absehen, nachdem man sich besser kennengelernt hat.


Zur Person

Jeremy Jason ist 1987 in Les Abymes auf Guadeloupe als Sohn einer deutschen Mutter und eines karibisch/französischen Vaters geboren. Im Alter von vier Jahren kam er nach Deutschland. Er wohnt in Kerpen-Horrem. Der achtfache Vater ist geschieden. Jason arbeitet als Projektmanager. Er hat zuvor als Zimmermann und Polier gearbeitet.

Er vertritt die AfD in Ausschüssen im Kreistag und im Rat der Stadt Bergheim. Als seine Themenschwerpunkte nennt er Integrationspolitik, Kinder/Jugend- und Familienpolitik sowie Bildungspolitik. Zu seinen Hobbys gehören Pilze sammeln, Schießsport und Netflix schauen.