Serie „Wasser ist Leben“Ende des Braunkohletagebaus beeinflusst Trinkwasserversorgung
- In der Serie „Wasser ist Leben“ geht unsere Autorin dem Trinkwasser im Rhein-Erft-Kreis auf die Spur
- In der ersten Folge wird erklärt, welchen Einfluss der geplante Braunkohleausstieg auf die Trinkwasserversorgung hat
- Experten machen sich keine Sorgen: „Wir haben hier kein Grundwasserproblem“
Rhein-Erft-Kreis – Wer Wasserwirtschaft betreibt, muss langfristig denken. Und so jongliert Dr. Stephan Lenk locker mit Jahreszahlen bis 2080. Der 44-jährige Hydrogeologe arbeitet beim Erftverband in der Abteilung Grundwasser.
Nun ist der Erftverband zwar nicht dafür zuständig, die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen, aber er erforscht, wie sich die Verhältnisse in puncto Wasser im Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau entwickeln. Und da stehen ja nun durch den geplanten Ausstieg aus der Braunkohle gravierende Veränderungen bevor.
Wasser aus dem Rhein dazugepumpt
Noch wird im Rheinischen Braunkohlenrevier im großen Stil Grundwasser abgepumpt, damit überhaupt in den Tagebauen gearbeitet werden kann. Rund 550 Millionen Kubikmeter Sümpfungswasser sind es jährlich für die Tagebaue Garzweiler, Inden und Hambach. Noch. Denn wenn keine Braunkohle mehr abgebaut wird, soll aus dem Tagebau Hambach ein riesiger See werden. Dann endet die Sümpfung, und das heißt auch, dass die Erft wieder zu dem kleinen Flüsschen wird, das sie mal war.
Das Sümpfungswasser reiche allerdings nicht, um den See zu füllen, erklärt Lenk. Über eine Leitung werde Wasser aus dem Rhein dazugepumpt.
Die Versorgung
Die Städte im Rhein-Erft-Kreis bekommen ihr Trinkwasser von unterschiedlichen Versorgern. Elsdorf, Bedburg, Kerpen und der größere Teil Erftstadts werden von Innogy SE beliefert, südliche Erftstädter Orte vom Verbandswasserwerk Euskirchen.
Der Wasserbeschaffungsverband Wesseling Hersel stellt die Versorgung in Wesseling und im benachbarten Bornheim sicher. Pulheim, Frechen und Brühl bekommen ihr Trinkwasser von den Stadtwerken Köln. Die Stadtwerke Hürth betreibe ein eigenes Wasserwerk in Efferen. (uj)
Aus für viele Wasserwerke kommt mit Kohleausstieg
Das Ansteigen des Wasserspiegels setzt einen komplizierten Vorgang unter der Erde in Gang. Bisher läuft Grundwasser – aus neun Schichten – wie in einen Trichter zu der Stelle, von der aus es dann abgepumpt wird. Steigt der Pegel, drückt Wasser, auch Rheinwasser, in diese Grundwasserschichten. Der Druck auf die Wände des entstehenden Sees ist nötig, um die Böschungen zu stabilisieren. 2070, sagt der Hydrogeologe, werde sich die Strömung umkehren, es werde also Grundwasser in den See strömen. Und irgendwann sei das System dann im Gleichgewicht.
Das Problem bei den Berechnungen ist, dass sie von einem Ende des Tagebaus 2040 ausgehen. Kommt der Kohleausstieg früher, muss neu gerechnet werden. Dann kommt auch das Aus für viele Wasserwerke im Einzugsgebiet des Tagebaus. Die Wasserwerke Glesch, Paffendorf, Sindorf, Türnich und Dirmerzheim liegen aufgereiht auf der Erftscholle, einer geologischen Formation. Einige von ihnen werden, nach und nach, von einer Sulfatwelle im Grundwasser erreicht. Zum Trinken taugt das dann nicht mehr.
Dimerzheim könnte irgendwann einzige Trinkwasseranlage sein
Das Sulfat entwickelt sich an den Tagebauböschungen und auf den Abraumkippen. Das Material, das von den Baggern freigelegt wurde, war seit Jahrmillionen vom Sauerstoff abgeschottet. Kommt es an die Luft, oxidieren die enthaltenen Mineralien, unter anderem entsteht eben Sulfat. Und das wird aus den Kippen ausgeschwemmt. Voraussichtlich 2050 werden die Wasserwerke Glesch und Paffendorf außer Betrieb gehen, Sindorf vermutlich 2080. Türnich wird eventuell 2070 betroffen sein, könnte aber auch verschont bleiben. Dirmerzheim soll dann allein das Trinkwasser liefern – nach Ansicht der Experten beim Erftverband reicht das.
Die Serie
Wasser ist Leben. Die alte Weisheit bekommt in den vergangenen Jahren neues Gewicht. Dass Wasser aus der Leitung kommt, nehmen wir als ebenso selbstverständlich hin wie die Tatsache, dass wir im See baden können oder unsere Blumen gießen.
Wir folgen der Spur des Wassers im Rhein-Erft-Kreis, der ja gleich zwei Flüsse im Namen trägt. Wo kommt unser Trinkwasser her, und wie sicher ist, dass es in 50 Jahren immer noch aus dem Hahn fließt? Wie leben Menschen am Rheinufer? Wie viel Wasser wird die Landwirtschaft künftig verbrauchen? Solchen Fragen gehen wir nach. (uj)
Das Problem mit den ausgeschwemmten Mineralien ist nicht neu. Im Rhein-Erft-Kreis, erzählt Stephan Lenk, sei es in den 80er-Jahren erstmals augenfällig geworden. Damals verfärbte sich das Wasser im Zieselsmaarsee bei Hürth braun.
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„Kein Grundwasserproblem“
Was für den Laien einigermaßen bedrohlich klingt, macht dem Fachmann keine Sorgen. „Wir haben hier kein Grundwasserproblem“, sagt der Hydrogeologe. Zwar sei der Zuwachs – neues Grundwasser bildet sich im Winter – in den vergangenen Jahren unterdurchschnittlich gewesen, doch sei der Vorrat noch Ende der 70er-Jahre deutlich geringer gewesen.
Er sollte es wissen: Der Erftverband betreibt rund 1500 Messstellen, an denen er das Wasser in bis zu 500 Meter Tiefe untersucht.