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Technik, die bewegtWie Senioren wieder Radtouren im Rhein-Erft-Kreis erleben können

Lesezeit 3 Minuten
Eine Person im Vordergrund sitzt auf einem Sportgerät, während vor ihm ein Bildschirm steht. Im hinteren Teil des Raumes ist eine weitere Person auf einem anderen Sportgerät. Auch hier steht ein Bildschirm.

Mit diesem System sollen besonders ältere Personen den Spaß am Sport wiederfinden.

Virtuelle Radtouren sollen Menschen in Pflegeeinrichtungen die tägliche Bewegung erleichtern. Wir erklären, was die Technik so besonders macht.

Einfach aufsteigen und losradeln: Radfahren macht Spaß, hält fit und man sieht wunderschöne Landschaften. Für viele ältere oder eingeschränkte Menschen ist das Fahrrad jedoch keine Option. Das weiß auch Juliane Kneier, die in Kerpen im Rhein-Erft-Kreis aufgewachsen ist. Doch das Unternehmen „Silver Fit“, für das sie arbeitet, hat eine Alternative zum klassischen Fahrrad gefunden. Es nutzt Videotechnik, um vor allem Seniorinnen und Senioren zur Bewegung zu motivieren.

Virtuelle Radtouren durch den Rhein-Erft-Kreis

Virtuelle Radtouren sind nicht neu: Zwift oder Rouvy sind zwei Beispiele für Anbieter entsprechender Systeme. Im Unterschied zu den Silver-Fit-Touren richten sie sich an sportlich aktive, gesunde Nutzerinnen und Nutzer. Das niederländische Unternehmen hat ein System speziell für ältere Menschen entwickelt, mit dem Radtouren direkt im Seniorenheim durchgeführt werden können.

Eine Person sitzt auf einem Sportgerät. Vor ihr ein Bildschirm mit einer schönen Landschaft, darunter eine Tastatur.

Ein Bewohner einer Pflegeeinrichtung sitzt auf einem Sportgerät und fährt dabei durch eine schöne Landschaft.

Zum Einsatz kommen Sportgeräte wie Ergometer oder Laufband, vor denen die Monitore aufgebaut wurden. „Silver Fit Mile“ heißt das System, das Streckenfilme bekannter Fahrradtouren zeigt. Je schneller man in die Pedale tritt, desto schneller fährt man die Tour.

Die Routen werden quasi zu den Personen gebracht und ermöglichen damit einen gewissen Grad an Barrierefreiheit und Teilhabe.
Juliane Kneier, Accountmanagerin bei Silverfit

Laut Accountmanagerin Juliane Kneier ist der Effekt groß: „Teilweise fahren die Teilnehmer doppelt so lange Rad mit den virtuellen Touren und sind motivierter, aus eigenem Antrieb am Training teilzunehmen.“ Während der Körper sich bewegt, würden Gedächtnis und soziales Miteinander gefördert, so Kneier. „Die Routen werden quasi zu den Personen gebracht und ermöglichen damit einen gewissen Grad an Barrierefreiheit und Teilhabe“, erklärt sie weiter. Wichtige Ziele – vor allem für die Menschen in Altenpflegeheimen, Rehaeinrichtungen, Krankenhäusern oder Dialysezentren.

„Silver Fit“ bietet bald auch Touren durch den Rhein-Erft-Kreis an

Die Entwicklung des Systems von der Idee bis zum zertifizierten Medizinprodukt war eine Herausforderung. Das Bild – aufgenommen von einem Elektroauto – musste so stabil wie möglich sein, um das Risiko von Übelkeit, Schwindel oder Unwohlsein (der sogenannten „Motion Sickness“ oder Reisekrankheit) zu reduzieren. „Wir nehmen deshalb die Strecken mit einem speziellen Kameraaufbau auf und jeder Film wird mit einer Software bearbeitet, um ein flüssiges und klares Bild zu schaffen.“

Die Firma bietet rund 200 Routen aus verschiedenen Ländern an. Seit diesem Jahr werden auch Aufnahmen in Deutschland gemacht. Bisher existieren Touren durch die Alpen und süddeutsche Altstädte in München und Nürnberg. Geplant sind zudem die Zeche Zollverein in Essen und das Freilichtmuseum in Detmold.

Im Mai beginnen die Aufnahmen im Rhein-Erft-Kreis und rund um den Rhein. Sie sollten ab Herbst für das System verfügbar sein. Was jetzt schon möglich ist: Über Google Street View können individuelle Routen erstellt werden, die mit dem Bildmaterial von Google arbeiten.

Archivbilder ermöglichen Nostalgie-Tour

Eine weitere Funktion ist auch geplant: die „Zeitreise“. Während des Radelns werden historische Fotos von Städten oder Sehenswürdigkeiten gezeigt. So sollen Menschen zum Beispiel ihr Elternhaus oder andere Orte der Vergangenheit besuchen können. Allerdings seien die Nutzungsgebühren für deutsches Archivmaterial derzeit sehr hoch und die Umsetzung dieser Funktion stehe daher noch aus.