Menschen im Rhein-Erft-Kreis trauern um ihre Landsleute. Angehörige und Freunde sind bei dem Erdbeben ums Leben gekommen. Sie organisieren Hilfe.
Hilfslieferungen werden organisiertMenschen in Rhein-Erft helfen Opfern des Erdbebens in der Türkei
„Es ist einfach nur ganz schrecklich“, sagt Temel Özer. Er ist Vorsitzender der Moschee-Gemeinde in Wesseling. „In Wesseling, aber auch in Brühl gibt es sehr viele Menschen, die Angehörige durch das Erdbeben verloren haben oder die immer noch vermisst sind“, berichtet er. Die Situation sei kaum zu ertragen.
„In Marasch, einer Stadt im südlichen Teil Anatoliens, sind 80 Prozent der Einwohner tot“, sagt Özer. „Ich habe mit einem Freund telefoniert, der viele Jahre hier in Wesseling gelebt und gearbeitet hat, vor zehn Jahren jedoch zurück in seine Heimat ging“, berichtet Özer. Er lebe, aber seine Nachbarn und seine Familie seien noch unter den Trümmern. „Keiner weiß zurzeit, ob sie noch leben“, so Özer.
Ditib sammelt Geldspenden und schickt sie in die Türkei
Diese Ungewissheit zerreiße einen, sie sei einfach extrem belastend. „Viele Bekannte hier aus Wesseling sind deswegen direkt am Tag nach dem schweren Beben und in der darauffolgenden Nacht in die Türkei geflogen, um selber nach ihren Angehörigen zu suchen“, schildert Özer die Situation.
Um den Landsleuten zu helfen, werde zurzeit auch in der Moschee in Wesseling Geld gesammelt. Die Spenden werden über den Dachverband der Ditib eingesammelt und in die Türkei geschickt. „Kleidung aus dem Ausland ist nicht erwünscht“, sagt Özer. Warme Bekleidung, Kissen und Decken werden in der Türkei in den nicht vom Erdbeben betroffenen Regionen gesammelt. „Die Hilfsbereitschaft ist überall sehr groß“, sagt Özer. „Sogar meine Arbeitskollegen haben eine Spendenaktion für die Opfer der Erdbeben-Katastrophe gestartet.“
Trotzdem sei das Drama gedanklich kaum auszuhalten. „Die Türkei ist kaputt – mindestens zehn Städte und viele Dörfer gibt es nicht mehr“, berichtet der Gemeindevorsitzende. „Es fühle sich für ihn und viele seiner Landsleute ganz schrecklich an, nicht selber vor Ort mithelfen zu können. „Wir können kaum schlafen, und das Essen schmeckt uns auch nicht mehr“, sagt er. Die Vorstellung, dass jetzt so viele Menschen ihr Zuhause verloren haben und unzählige Kinder schutzlos der Kälte und weiteren Nachbeben ausgesetzt sind, schmerze ihn
Genau so empfinden auch Yeliz Balto und Cengiz Erdem aus Brühl. Beide sind in Deutschland aufgewachsen. Viele Freunde und Bekannte leben jedoch in der Türkei. „Einige unserer Freunde sind einfach nicht auffindbar – viele Bekannte sind auch verschüttet“, berichtet Yeliz Balto. Für sie und ihre türkischen und deutschen Freunde sei die Situation dieser Ungewissheit kaum auszuhalten. „Wir wären ja auch direkt selber in die Türkei geflogen, um zu helfen, doch die großen Hilfsorganisationen raten vor solchen spontanen Reisen ab“, sagt sie.
Auch die Alevitische Gemeinde in Kerpen-Sindorf sammelt Spenden
Deswegen sammeln sie nun in Brühl für ihre Landsleute Hilfsgüter. „Wir brauchen warme neue Kleidung, Decken, Kissen und Hygiene-Artikel“, erklärt sie. Die Hilfsgüter können bei ihr vor der Türe in der Kurfürstenstraße 60 noch bis morgen in Brühl abgestellt werden.
„Wir haben schon am Dienstag viele Hilfsgüter zum Atatürk Kulturhaus nach Köln gebracht und wir fahren sicherlich in den nächsten Tagen noch einige Male dorthin“, sagt sie. Inzwischen hätten auch viele türkische Händler in Brühl eine eigene Spendenaktion gestartet. „Es tut gut, helfen zu können“, sagt Yeliz Balto.
Von einer wahren Welle der Hilfsbereitschaft spricht auch die Alevitische Gemeinde in Kerpen-Sindorf, wo inzwischen so viele Sachspenden angekommen sind, dass die Lager voll sind. Weitere Hilfsgüter könnten deswegen nicht mehr angenommen werden. Nach wie vor seien aber Geldspenden weiter willkommen. Aktuell organisiert die Alevitische Gemeinde den Transport der Spenden in die Türkei.