Sein rheinischer Sauerbraten ist längst zu seinem Markenzeichen geworden. Simon Cordes' Restaurant „Chef Simon“ brummt.
GastronomieKoch aus Wesseling serviert in New York Himmel un Ääd
Rinderbacken sind nicht ohne weiteres zu bekommen in einer Stadt, in der vermeintlich alles zu haben ist. Bei einem Fleischer in Brooklyn, einem mehr als 100 Jahre alten Familienbetrieb mit italienischen Wurzeln, bekomme er die Rinderbacken jedoch, sagt Simon Cordes. Der Koch schätzt sie wegen ihres hohen Gehalts an Bindegewebe, das als Gelatine nach rund drei Stunden Schmoren auf kleiner Flamme seinem „Sauerbraten Rhineland Style“ sein unvergleichliches Aroma verleiht. Sein rheinischer Sauerbraten habe sich im Speakeasy-Restaurant „Chef Simon“ längst zu seiner „Signature Dish“, seinem Markenzeichen entwickelt.
Jeden Samstag kocht Simon Cordes für bis zu 50 angemeldete Gäste. So viele finden Platz im angemieteten „Loft 29“ des deutschen Modefotografen Udo Spreizenbarth. Das „Loft 29“ ist in der 30. Straße des Stadtteils Chelsea zu finden, nicht weit vom Empire State Building.
Der Blick seiner Gäste schweift aus dem achten Stockwerk zum Central Park
Auf der Tageskarte stellt Cordes ein fünfgängiges Menü zusammen, mit typischen Speisen deutscher Landstriche. Da er im Rheinland aufgewachsen ist, in Bonn und in Wesseling-Urfeld lebte, findet sich auf der Karte eben auch rheinische Hausmannskost, Sauerbraten, Himmel un Ääd und „Cologne Mettigel Tatare“ aus feinstem Rinderfilet.
Leipziger Allerlei, Königsberger Klopse, schwäbische Maultaschen oder Apfelstrudel führt er in Menüvorschlägen auf, oder den in den USA eher selten anzutreffenden weißen Spargel, importiert aus Peru oder Kalifornien. Alte Gerichte, neu gedacht, verspricht Simon Cordes im Telefoninterview.
Der Blick der Gäste schweift zwischen den Gängen von zwei Balkonen des achten Stockwerks bis hin zum Central Park am Horizont. Im Inneren des Restaurants spiegeln roh verputzte Wände und Backsteine Industriearchitektur des wider. Das Ambiente erinnere im weitesten Sinne an alte Gemäuer, vermittele „Berlin Vibes“, schildert Simon Cordes. Hauptsache, es weise nichts auf die bayrisch-folkloristischen Brauhäuser hin, von denen es in New York einige gebe, mit ihrem unverwechselbaren Angebot an Schweinshaxen mit Sauerkraut, Weißwürstel und Schnitzel. Durchweg in mäßiger Qualität, er habe sich durchprobiert, sagt Cordes.
In Manhattans bester Lage möchte der 35-jährige Koch ein Botschafter für die Gaumenfreuden deutscher Küche sein. Die sei in den USA nur wenigen bekannt. Er überrasche seine Gäste mit Speisen, die es an kulinarischen Freuden mit denen der in New York gepflegten französischen Küche oder der dortigen Edelitaliener aufnehmen könnten.
2022 hat sich Simon Cordes seinen Traum vom eigenen Restaurant erfüllt
Das gelte auch für die deutschen Weine, von denen allenfalls der Riesling sich bei den Amerikanern einiger Beliebtheit erfreue. Er biete zum Essen passende rote und weiße Weine aus etablierten Weinanbauregionen Deutschlands. Zum Aperitif serviere er Riesling-Sekt des Gutes Hermannsberg von der Nahe dazu Weine aus dem Wunderwein-Vertrieb von Jan Schüler.
2022 habe er sich seinen Traum vom eigenen Restaurant mit ausschließlich deutscher Küche auf hohem Niveau gleich im Herzen Manhattans erfüllen können, sagt Simon Cordes. Glückliche Gäste und ein ausgebuchtes Loft bedeuteten ihm viel, sogar mehr als die sonst so begehrten Sterne. Und das Geschäft rentiere sich. Die Amerikaner seien bereit, Geld für gute Küche auszugeben, anders als die Deutschen, die es ihren Sterneköchen schwer machten.
Die Berufung zum Koch habe er mit 20 Jahren vergleichsweise spät verspürt, nachdem er schon einiges ausprobiert habe, schildert Cordes. Erst habe er Grafikdesign studieren wollen, um seine Kreativität ausleben zu können. Beim Angebot einer Kochlehre in einem Kölner NH-Hotel am Alter Markt habe ihm sein „Bauchgefühl“ jedoch gesagt, genau das Richtige zu tun
Als Schlüsselmoment schildert er ein Vier-Gänge-Menü, das er dort alleinverantwortlich für einen Tisch habe umsetzen dürfen. Das Feedback der Gäste auf seine Kochkünste habe er genossen wie ein Schauspieler den Applaus nach gelungenem Auftritt. „Das ist ein echter starker Motivationsschub gewesen, nach der Lehre bei ausgesuchten Sterneköchen Fuß zu fassen und Gas zu geben“, sagt Cordes.
Mit einem Catering-Unternehmen hatte sich Simon Cordes selbstständig gemacht
Im Anschluss an die Lehre lernte er in der Michelin-Sterne-Küche des französischen Luxushotels „Le Château de Nantilly“ in Gray den Umgang mit saisonalen und regionalen Zutaten, Gemüse und Fleisch von umliegenden Höfen und mehr als 80 Kräutern aus dem eigenen Restaurantgarten. Dann kochte er in anerkannt erstklassigen Restaurants wie dem „Noma“ in Dänemark, beim „La Vie“-Koch Thomas Bühner in Osnabrück, dem „Baeren Hotel“ in der Schweitz oder im „Red Bull Hangar-7“ in Österreich.
2011 kam er erstmals in die USA, nach Florida in einen Golf-Country-Club in West Palm Beach. Selbstständig machte er sich mit einem Catering-Unternehmen. Als er seinen deutschen Geschäftspartner Jonathan Bürger kennenlernte, sei die Bahn frei gewesen für das „Chef Simon“.
Beim samstäglichen Menü im Loft und Catering soll es nicht bleiben, Simon Cordes denkt an ein Tagesrestaurant in einer geeigneten New Yorker Location, vielleicht auch in Las Vegas, er sei mit Investoren im Gespräch.
Neben dem Kochen genießt er die rund 300 Sonnentage im Jahr, fährt schon mal mit der Subway Linie 8 nach Queens zum Surfen auf dem Rockaway Beach. Er jogge im Central Park oder wandere am Hudson River im Norden der Stadt in malerischer Gebirgskulisse. Verheiratet sei er bis auf Weiteres nur mit seinem Beruf, sagt Cordes, Familienglück müsse einfach noch warten.
Die Frage, was er Weihnachten gern essen würde, beantwortet Simon Cordes wie aus der Pistole geschossen: „Eine deutsche Gans.“ Schade nur, dass Gänse in den Staaten recht schwierig zu bekommen, die Amerikaner liebten nun mal ihre Truthähne und Enten.
Das Rezept für die Weihnachtsgans mit frischen Kräutern und saftigen Orangen in der Füllung hat er für uns aufgeschrieben: Eine Gans (3-4 kg) mit Salz, Pfeffer und Beifuß innen und außen würzen. Füllen mit 2 Äpfel, 2 Zwiebeln, 2 Orangen, einer halben Handvoll Walnüssen und oder Kastanien, 3 Scheiben Brioche, gewürfelt, 1 Bund frischer Majoran oder Beifuß. Die Gans im Backofen bei 120 Grad für 2-3 Stunden schmoren.
Dann die Haut der Gans mit einer Glasur aus 2 EL Sojasauce, 1-2 EL Gänseschmalz, 1 TL Honig und 1 TL feingehackter Thymian bepinseln. Für eine knusprige Kruste wird die Gans für etwa 30 Minuten bei 200 Grad glasiert bis eine Kerntemperatur von 75 bis 79 °C in der Keule erreicht ist. (otr)