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Raffinerie in WesselingShell hat möglicherweise weiteren Umweltskandal verursacht

Lesezeit 3 Minuten

Auf dem Gelände der Shell-Raffinerie gibt es eine neue Fundstelle mit giftigen Kohlenwasserstoffen im Boden.

  1. Erneut besteht der Verdacht auf ein Leck in einem Shell-Werk in Wesseling.
  2. In einem Papier berichtet die Bezirksregierung von der Schadstoffverunreinigung.

Wesseling – Die Shell-Rheinland-Raffinerie hat nach dem Kerosinsee möglicherweise einen weiteren Umweltskandal verursacht. Erneut besteht der Verdacht auf eine Undichtigkeit in einer der Anlagen des Werks in Wesseling.

In einem Papier, das dieser Zeitung vorliegt, informiert die Bezirksregierung über die Schadstoffverunreinigung, die im Boden- und im Grundwasser nachgewiesen wurde. Über das Ausmaß des Schadens und die Ursache besteht noch keine Klarheit.

Altschaden seit 2005 bekannt?

Bereits seit 2005 sei ein Altschaden in Bereich der Olefin-Anlage in der Wesselinger Raffinerie bekannt, heißt es in dem Schreiben der Behörde. Woher dieser Schaden stammt, ist nach Aussage der Shell nicht bekannt. In der Olefin-Anlage werden Ethylen und Propylen für die Herstellung von Kunststoffen produziert. Dabei entstehen aromatische Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol. Die mit der Abkürzung BTEX benannten Stoffe können Leber- und Nervenschäden hervorrufen, Benzol gilt als krebserregend.

Nachdem der Schaden entdeckt wurde, wurden in Abstimmung mit den Behörden 500 Tonnen Erdreich abgetragen und Grundwassermessstellen eingerichtet, die halbjährlich kontrolliert wurden, ohne dass etwas Auffälliges geschah. Mitte 2014 indes habe man erhöhte BTEX-Konzentrationen im Schadenszentrum festgestellt. Ende 2015 tauchten dann hohe Werte an einer bisher unauffälligen Messstelle auf, die entgegen der Grundwasser-Fließrichtung liegt.

Shell bestätigt neuen Schaden

Shell bestätigte auf Anfrage den neuen Schaden. Unternehmens-Sprecher Jan Zeese sagte, es liege eine „signifikante Erhöhung“ der Werte vor. Die Ursache hingegen sei noch unklar. „Das kann auch harmlose Gründe haben“, sagte er. Eine möglicher Auslöser könne das langanhaltende Niedrigwasser des Rheines im vergangenen Jahr gewesen sein, was dazu geführt haben könne, dass sich die Grundwasserfließrichtung geändert und die Schadstoffe in eine andere Richtung gespült habe. Möglicherweise kämen auch Bauarbeiten als Ursache in Frage. Bei einem Großbrand im Frühjahr vergangenen Jahres wurde die Olefinanlage in weiten Teilen zerstört.

Beim Wiederaufbau kam ein schwerer Kran zum Einsatz, der das Erdreich verdichtet habe, was möglicherweise zur Ausbreitung der Schadstoffe geführt habe. „Die letzte Möglichkeit ist, dass es sich um einen neuen Schaden handelt“, so der Sprecher. „Das untersuchen wir jetzt.“ Auch das Ausmaß des Schadens sei noch nicht klar. Die Bezirksregierung hatte angeordnet, weitere Grundwassermessstellen einzurichten. Nach Angaben von Shell sind es jetzt 15.

Eine Gefahr für das Trinkwasser bestehe nach derzeitiger Einschätzung nicht, hieß es bei der Bezirksregierung. Die frühzeitige Information durch Shell sei zwar „grundsätzlich positiv“ zu bewerten, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Gregor Golland: „Es bleibt nun zu hoffen, dass der Umweltschaden begrenzt und dass durch die frühzeitige Erkennung Schlimmeres verhindert werden kann.“

Der Kerosinsee

Im Februar 2012 entwichen bei der Rheinland-Raffinerie durch eine undichte unterirdische Leitung aus dem Jahr 1942 eine Million Liter Kerosin und breiteten sich auf einer sechs Fußballfelder großen Fläche auf dem Grundwasserspiegel aus. Bis zum heutigen Tag wurden über vier Brunnen rund 310 000 Liter Kerosin wieder abgepumpt. Die Sanierung dauert nach Ansicht von Experten Jahrzehnte.

Nach der Kerosinleckage und weiteren Schadensfällen untersuchte ein Gutachterteam das Sicherheitsmanagement bei Shell. Danach gab es mehr als eine Ursache für die zahlreichen Vorfälle. Allerdings sei das Sicherheitsmanagement „nicht ausreichend robust gewesen“.

Im Mai vergangenen Jahres brannte die Olefin-Anlage des Werkes Wesseling lichterloh. Ursache war ein Defekt in einem Wärmetauscher. Shell hat unterdessen mit dem Neubau von Leitungen begonnen. Das Unternehmen investiert einen dreistelligen Millionenbetrag in ein neues Pipelinenetz. (lm)

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