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Wesselinger Künstler macht aufmerksamPuppen in Orange gegen Gewalt an Frauen

Lesezeit 3 Minuten

Auch eine männliche Figur steht in den Reihen der Frauen, da auch Männer Opfer von Gewalt in Partnerschaft oder Ehe würden, sagt der Künstler.

Wesseling – Es dauerte einen Moment, bis die Wesselingerin Jutta Flieger (65) den Sinn der Installation „Broken“ richtig deutete, mit der der Bornheimer Künstler Dennis Josef Meseg am Samstag auf dem Alfons-Müller-Platz ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen setzte.

222 Schaufensterpuppen hatte Meseg mit seinem Team auf dem Platz aufgestellt. In verschiedenen Sprachen gaben sie den Frauen auf der Welt eine Stimme: „Mein Körper gehört mir“, war zum Beispiel auf einigen dieser Figuren zu lesen, aber auch „verschleppt, gedemütigt, vergewaltigt“.

Der Blickkontakt ist wichtig

„Die Figuren tragen auf ihrer orangen Haut die Schlagwörter ihrer Verletzungen“, erklärte Meseg. Darüber stehe, dass sie sich helfen lassen sollten und keine Schuld an dem hätten, was ihnen passiert sei. „Solche Installationen leben vom Blickkontakt vieler Interessierter“, sagte der Künstler. Deswegen wähle er für die Ausstellungen auch stets den öffentlichen Raum. Dort erreiche man darüber hinaus auch ganz normale Menschen, die keine „Kunstbrille“ aufhätten.

Auch Jutta Flieger hatte ihre „Kunstbrille“ nicht auf der Nase. Sie wurde ganz nachdenklich beim Anblick der Puppen: „Da kann ich auch ein Lied von singen“, sagte sie schließlich. „Es war beim Arzt“, erzählte sie dann und berichtete stockend von einer unangenehmen Erfahrung während einer Behandlung. „Es ist wirklich an der Zeit, dass auf die Gräueltaten, die man Frauen antut, aufmerksam gemacht wird“, sagte sie.

Farbe der Freiheit, Geborgenheit und Freude

Ein bisschen enttäuscht schien sie nur darüber, dass in Wesseling nicht so viel los war. Denn ihrer Meinung nach müssten möglichst viele Menschen diese Installation sehen. Diesbezüglich konnte der Künstler die Wesselingerin beruhigen. Am Freitag habe seine Installation noch in Bonn vor dem Frauen-Museum gestanden. „Und morgen früh werden wir die Figuren in Köln auf dem Roncalliplatz aufstellen“, berichtete er. Dass Meseg seine Installation außer in den deutschen Metropolen auch in Wesseling aufstellte, war einzig der Tatsache geschuldet, dass der Künstler in Wesseling groß geworden und aufgewachsen ist.

Ganz bewusst hat er die Schaufensterpuppen in orangefarbene Folie gehüllt. „Orange ist schließlich auch die Farbe der Freiheit, Freude, Geborgenheit und der emotionalen Wärme“, sagte er. Deswegen habe auch die alljährlich von der UN Women organisierte Kampagne „Orange the World“ diese Farbe für ihren Feldzug gegen das unausgesetzte vielfältige Leid der Frauen gewählt. „Orange the World“ setzt sich weltweit für die Rechte von Frauen ein.

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Wie wichtig auch sein „Feldzug“ gegen die Gewalt an Frauen ist, wird dem Künstler Dennis Josef Meseg zurzeit täglich bewusst. „Ich würde mich gerne dazustellen“, hat ihm erst vor ein paar Tagen eine Frau gesagt, als sie vor den vielen Schaufensterpuppen stand. In seinem Gästebuch, das neben der Installation ausliegt, hat ihm eine andere Frau zum Schlagwort Zwangsverhüllung geschrieben: „Ich habe meine Religion freiwillig gewechselt und erst verhüllt wirkliche Freiheit erfahren.“ „Das hat mich sehr erschrocken, dass sich Frauen erst in der Verhüllung vor den Blicken der Männer geschützt und so wirklich frei fühlen“, sagte Meseg. Eine junge Frau sagte beim Anblick der Installation am Samstag: „Armes Deutschland. Es ist wirklich traurig, dass Frauen immer noch viel zu oft Opfer werden und solche Aktionen im 21. Jahrhundert noch nötig sind.“

Bis zum 10. Dezember sind Meseg und sein Team mit der Installation in Deutschland unterwegs. Die Tour endet am Tag der Menschenrechte auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin.