WesselingStaatsanwalt wirft Esser Untreue vor
Wesseling – Seine Gefälligkeit könnte den Wesselinger Bürgermeister Erwin Esser teuer zu stehen kommen.
Weil er der Tochter seines Amtskollegen aus Brühl, Dieter Freytag, eine Ausbildungsstelle in der Wesselinger Verwaltung verschafft haben soll, soll Esser 5000 Euro an die Gerichtskasse Köln zahlen.
Die Staatsanwaltschaft Köln beabsichtigt zwar, ein Ermittlungsverfahren gegen ihn und eine seiner Mitarbeiterinnen einzustellen, dennoch hält sie Esser der Untreue und seine Kollegin der Beihilfe zur Untreue zum Nachteil der Stadt Wesseling „für hinreichend verdächtig“.
Freytag und Esser sind nicht nur Amtskollegen, sie haben auch das gleiche Parteibuch, das der SPD. Freytags Tochter erhielt einen Ausbildungsplatz – offenbar ohne dass es eine Ausschreibung gegeben hat und ohne Bewerbungsgespräch.
Es gab in der Wesselinger Verwaltung noch eine freie Ausbildungsstelle für den mittleren Dienst. Die wurde in eine Ausbildungsstelle für den gehobenen Dienst umgewandelt und mit der jungen Frau besetzt. Der Personalrat stimmte zu.
Der Antikorruptionsbeauftragten der Stadt Wesseling, Wolfgang Weik, erfuhr von den Vorgängen. Er sei im November vergangenen Jahres – vermutlich von einer Mitschülerin der Tochter Freytags – informiert worden, sagte Weik gegenüber dieser Zeitung. „Sie sagte, sie finde das nicht in Ordnung.“
Daraufhin habe er recherchiert, so Weik, und die ersten Gespräche mit Mitarbeitern Essers geführt. Dabei habe sich der Verdacht bestätigt. Er habe dann das Gespräch mit dem Bürgermeister gesucht. „Er hat mir erzählt, dass Freytag ihn angerufen habe und gefragt habe: Kannst du nicht etwas tun?“ Esser habe geantwortet, das könne er nicht sagen, aber Freytags Tochter solle ihre Unterlagen schicken, erinnert sich Weik.
Er habe dem Bürgermeister einen „siebenseitigen Vermerk“ geschrieben, was er von der Sache halte. Und er habe Esser vorgeschlagen, das Mädchen wieder zu entlassen, so Weik. Dies habe Esser verweigert. Essers Kölner Anwalt, Professor Dr. Ralf Höcker, bestätigt, dass der Antikorruptionsbeauftragte Anfang Januar angeboten hatte, die Angelegenheit als erledigt zu betrachten, wenn die Bewerberin das Ausbildungsverhältnis aufgebe. Hierauf sei Esser nicht eingegangen, weil, so der Anwalt, kein strafbares Verhalten vorgelegen habe und damit auch nicht das Bedürfnis, den Vorgang zu vertuschen.
Ohne Wissen des Antikorruptionsbeauftragten habe Esser sich dann Ende Januar an die Staatsanwaltschaft gewandt und den Sachverhalt selbst zur Prüfung vorgelegt. Darüber habe Esser Weik am 6. Februar unterrichtet, worauf sich Weik sehr überrascht gezeigt habe. Am selben Tag habe dann auch der Antikorruptionsbeauftragte Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, so Höcker.
Der Antikorruptionsbeauftragte begründet seinen Schritt, Anzeige zu erstatten, so: „Ich habe mich von einem Fachmann beraten lassen. Ich musste handeln, sonst hätte ich mich strafbar gemacht.“
Das habe er auch Esser mitgeteilt. „Ich gehe nicht für Sie ins Gefängnis“, habe er ihm wörtlich gesagt. Auch der Staatsanwalt habe ihn zu der Strafanzeige ermuntert. „Er sagte: Dann kenne ich auch Ihre Version.“
Der Staatsanwalt will nun das Verfahren einstellen. Er begründet dies unter anderem damit, dass die Beschuldigten bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien. Allerdings sieht er ein Fehlverhalten. Sie hätten aus ihrem Verhalten zwar keinen Vorteil für sich oder jemand anderen gezogen, doch sei das Verfahren nicht korrekt verlaufen, insofern sei der Stadt ein Schaden entstanden.
Bei der Höhe des verursachten Vermögensschadens sei zu berücksichtigen, dass die Umwandlung der Stelle in den gehobenen Dienst – nach dem subjektiven Empfinden der Beschuldigten – wohl im Ermessensspielraum der Verwaltung gelegen haben dürfte. Der Vermögensnachteil für die Stadt beschränke sich darauf, dass kein leistungsfähigerer Bewerber die Stelle bekommen habe.
Esser soll zur Auflage gemacht werden, 5000 Euro zu zahlen, seine Mitarbeiterin soll 1000 Euro zahlen. Gegen den Brühler Bürgermeister und seine Tochter wurde nicht ermittelt. Beide Seiten, sowohl Esser als auch der Antikorruptionsbeauftragte Weik, können sich nun binnen einer Frist zu der Entscheidung der Staatsanwaltschaft äußern. Anwalt Höcker betont, die Tochter Freytags habe bisher gute Leistungen erbracht, was beweise, dass die Personalentscheidung richtig gewesen sei.
Bürgermeister Esser zeigt sich angesichts der Entscheidung der Staatsanwaltschaft reumütig: „Durch diese Personalentscheidung konnten wir eine Ausbildungsstelle, die sonst vakant geblieben wäre, mit einem jungen Menschen besetzen. Rechtswidrig war das zwar nicht, ich erkenne jedoch an und bedaure sehr, dass der Fall ein schiefes Licht auf mich und die Einstellungspraxis der Stadt Wesseling wirft. Wir haben die notwendigen Vorkehrungen dafür getroffen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt.“