Auf Tour für die TiereDr. Gohres führt die einzige mobile Tierarztpraxis der Region
Rhein-Sieg-Kreis – Es wackelt ein bisschen, wenn man diese Tierarztpraxis betritt. „Man darf hier nicht seekrank sein“, räumt Dr. Chantal Gohres ein. „Darauf müssen sich alle einstellen.“ Dabei steht ihr Arbeitsplatz auf vier Rädern und verlässt nie den festen Boden. Die 33-Jährige ist die Besitzerin der ersten mobilen Kleintierpraxis in der Region. In einem umgebauten Rettungswagen behandeln sie und Kim Schugsties, tiermedizinischer Fachangestellter im Team, die Patienten mit Fell, Federn und auch Schuppen.
Mehr Möglichkeiten in der rollenden Praxis
„Möglichst kundenorientiert“ hätten sie sein wollen, erzählt Kim Schugsties. Den Tieren und ihren Besitzern wollten sie Dramen und Stress ersparen, die oft mit dem Weg zum Tierarzt verbunden sind. „Wir haben auch viele ältere Klienten, die nicht mehr Auto fahren“, und nicht jeder Taxichauffeur nehme Tiere mit.
Zugleich eröffnet die rollende Praxis mehr Möglichkeiten, als sie den anderen mobil arbeitenden Kollegen offenstehen: Blutentnahme und Zahnsanierung bieten die beiden ebenso an wie kleine Operationen. Dass sie mit dem Rettungswagen vorfahren, bedeute indes nicht, dass Kleinigkeiten wie Krallenschneiden nicht im Angebot seien, betont das Duo.
„Marke Eigenbau“
In Gießen hat Gohres Tiermedizin studiert, als angestellte Ärztin nach der Approbation 2011 in zahlreichen Praxen gearbeitet, um Erfahrung zu sammeln – und sich dann gegen die Übernahme einer bestehenden Praxis entschieden. Stattdessen kaufte die 33-Jährige einen gebrauchten Rettungswagen samt Grundausstattung. „Marke Eigenbau“ ist der gesamte Rest, um den sich nicht zuletzt Gohres’ „sehr talentierter“ Vater verdient machte. „Eine Herausforderung“, wie sie einräumt. „Aber unterm Strich hat alles funktioniert“: Der Edelstahl-OP-Tisch hat ebenso seinen Platz wie ein kleiner separater Kühlschrank – wie im Wohnmobil alles gut verzurrt.
Bei Bedarf können Schugsties und Gohres Röntgenaufnahmen machen. Dann holen sie den Röntgenkopf aus dem Alukoffer in der Fahrerkabine, festgeschnallt unter der Kaffeemaschine, dann kommen Magnetschilder mit der Aufschrift „Vorsicht Röntgen“ an die Türen, die zumindest bei Katzen auch im Sommer immer geschlossen blieb – trotz großer Hitze, bei der die eingebaute Klimaanlage an ihre Grenzen kam. Und dann müssen auch die Besitzer raus, die sonst ihre Lieblinge stets in den Behandlungsraum begleiten.
7000 Kilometer seid Juli zurückgelegt
Gohres und Schugsties versorgen auf den wenigen Quadratmetern der Praxis „alles, was reinpasst, nur keine Ponys“. Mehrheitlich sind es freilich schon Hunde, Katzen, Meerschweinchen oder Kaninchen. Erst unlängst wurden aber auch vier Schildkröten als Patienten vorgestellt, was Chantal Gohres, die sich mit Reptilien auskennt, „besondere Freude macht“. Dem Frosch Willi konnten die beiden leider nicht mehr helfen: Eine Katze hatte ihn gebissen und zu schwer verletzt.
Rund 7000 Kilometer hat die mobile Praxis seit Juli zurückgelegt, „etwa einmal die Woche“ müssen die beiden zur Tankstelle. In Lohmar steht der Anrufbeantworter der mobilen Praxis, von dort starten die täglichen Fahrten des Teams. Nach Möglichkeit legen sie vorab eine Route fest, „das Wegegeld teilen wir unter den Patienten auf“, erklärt Gohres das System der Abrechnung. „Die nehmen das gerne in Kauf.“
Parkplätze als größte Herausforderung
Entspannter gehen sie wohl auch mit den Notfällen um, die den Terminplan über den Haufen werfen: „Weil sie ja auf dem eigenen Sofa warten.“ Größte Herausforderung für Gohres, die auch stets am Steuer sitzt, ist oft die Suche nach einem Parkplatz für das sperrige Gefährt. „Sie macht das gut“, lobt der Kollege. „Bis jetzt sind wir beulenfrei geblieben.“