Ansichten auf PapierDie „IG Papier“ stellt im Kunstraum Bad Honnef aus
Bad Honnef – Seit ungefähr vier Jahren gibt es sie, die „IG Papier“, eine Interessen-Gruppe für Künstler und Künstlerinnen, die mit oder auf Papier arbeiten. Diese Gruppe, die eine Ausstellung mit dem Titel „Papieransichten 22“ derzeit im Kunstraum Bad Honnef zeigt, kommt aus der engeren Region und ist weitgehend geprägt durch die Alanus-Hochschule. Zumeist haben sich hier junge kunststudierten Frauen zusammengefunden, die sich unter dem Druck der Mehrfachrollen in Beruf und Familie damit ihren künstlerischen Freiraum erkämpft haben.
Die Doppelrolle mit kleinen Kindern, „dass man zu nichts mehr kommt“, empfand Annika Leese als „Wahnsinn“ und so bildete die Künstlerin, Kunstdozentin und Pädagogin, mit Gleichgesinnten diese Gruppe, „um aktiv zu sein und nicht nur in Kinderarbeit zu versinken“. Zur Vernissage lud sie in einer Performance die Gäste ein, ihre Wünsche auf einem Blatt aus einem alten Schulbuch Gestalt werden zu lassen.
Ein Mercedes, der aus dem Rahmen fällt
Von Annika Leese selbst sind sensible abstrakte Tuschezeichnungen zu sehen, die ihre Spannung aus markanten Setzungen und feinen Flächentransparenzen gewinnen. Ganz anders, nämlich in äußerster Detailtreue, zeichnet und malt Julia Gilmore die verschiedenen Exemplare ihrer überdimensionalen Hummeln. Feinst nuanciert ist der Farbauftrag der Künstlerin, Dozentin und Kunsterzieherin.
Wer aber den Kunstraum betritt, wird sofort magisch angezogen von einem Auto, das buchstäblich von der Wand „aus dem Rahmen fällt“. Es ist ein Mercedes mit Stern und Seitenantenne, allerdings ist es ein Unfallwagen mit verknautschter Vorderfront und vielfach gesplitterter Windschutzscheibe.
Doch der rötlich polierte Lack glänzt wie neu und fängt das Licht in unzähligen Reflexen ein. In unendlichen Experimenten sind all die Deformationen entstanden, kaum zu glauben, dass sie nur aus Papier gemacht sind, entstanden aus einem großen Poster, das ursprünglich ein völlig intaktes Auto zeigte. Um die Illusion der Deformationen vollkommen zu machen, wird der aus Koblenz stammende Künstler Ole Hill bei seiner Arbeit bald zum Fotografen, bald zum Bildhauer.
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Immer aber bleibt er beim Papier, das er ebenso als Zeichner wie als Maler bearbeitet. Wulpekula Schneider, Dozentin und freie Mitarbeiterin im Bonner Kunstmuseum, arbeitet mit lose gefalteten, Papierstapeln, die zu Wandreliefs werden. Ihr geht es im Gegensatz zu dem illusionistischen Ole Hill um die konkrete Sprache des kostbaren Materials Papier. Als Bildhauerin mit Papier arbeitet auch Annegret Goebels. Sie durchflutet den schönen lichten Kunstraum in Bad Honnef mit leichten Gebilden aus Papiermaché, die auf langen „Beinen“ in Form von zwei Armierungseisen stehen.
Die aktive Gruppe „Papier IG“ hat ihre Fühler aber längst über die Region hinaus ausgestreckt, indem sie einen roten Papierkoffer auf die Reise durch die Bundesrepublik geschickt hat und dabei die Einspielungen vieler neuer Künstler und Künstlerinnen aufgenommen hat. Diese neuen Papierideen sind in einer „Gast-Ecke“ ebenfalls zu sehen.
Kunstraum Bad Honnef, Rathausplatz 3; bis 19. Juni; Donnerstag und Freitag von 16 bis 19 Uhr und Samstag und Sonntag von 10 bis 13 Uhr.