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„Natural Horsemanship“Trollwaldhof in Much – Ausbildung für Gangpferde und Reiter

Lesezeit 3 Minuten

Tölt in Harmonie: Lara mit Stute Thota (links) und Miriam mit Thytur in der den Islandpferden eigenen Gangart, einem nahezu erschütterungsfreien Viertakt.

Much – „Ich war immer unheimlich schüchtern. Durch die Pferde bin ich viel selbstbewusster geworden.“ Die 22-Jährige Lara Pauly ist sich sicher: „Ich wäre heute ganz anders, wenn ich nicht mit Reiten angefangen hätte.“

Sechs Jahre war sie alt, als sie die ersten Reitstunden nehmen durfte. Heute ist die studierte Sozialarbeiterin Besitzerin einer eigenen Islandstute und hat dazu noch eine Reitbeteiligung auf der Stute Thota auf dem Trollwaldhof in Much. „Wenn ich Stress im Job habe, komme ich hier wieder runter. Pferde spiegeln das ja wieder.“

Das entspricht auch den Erfahrungen von Doris Leichtenberger, die vor zwölf Jahren gemeinsam mit ihrem Partner Udo Boshammer den sechseinhalb Hektar großen Hof bei Oberwahn für Pensions- und Berittpferde nach ihren Vorstellungen aufbaute.

Auf Gangpferde – Rassen, die neben Schritt, Trab und Galopp noch Tölt und in manchen Fällen auch Rennpass anbieten – hat sich die 52-Jährige spezialisiert. Sie hat Titel als Deutsche Meisterin sowie Europameisterin in diversen Gangpferd-Disziplinen erritten und arbeitet seit 25 Jahren als Reitlehrerin. „Pferde spiegeln Emotionen“, bestätigt sie.

Sport- und Freizeitpartner, Freund und Herausforderung, Korrektiv und Seelentröster: Ein Pferd kann vieles sein und vieles bewirken. Das zeigt auch das pferdegestützte Coaching, das die Trainerin im Rahmen von Reha-Maßnahmen durchführt: „Pferde lesen Körpersprache und reagieren darauf.“

Ob jemand üben muss, mehr Distanz zu halten, oder das genaue Gegenteil, nämlich Nähe zuzulassen – ihre vier eigenen Pferde, die sie einsetzt, fänden immer genau den richtigen Zugang. Der 32 Jahre alte Islandwallach Nykur, „der ruhige Professor“, bietet zaghaften Menschen Sicherheit. Ihre Paso-Peruano-Stute Fascination, „das scheue Reh“, kommt dann zum Einsatz, „wenn jemand ganz viel Angst hat“.

Durch den natürlichen, respektvollen Umgang nach den Prinzipien des „Natural Horsemanship“, bei dem der Mensch die Kommunikation der Pferde adaptiert, lernten Teilnehmer, sich durch Körpersprache wieder klarer auszudrücken. Dieser Aspekt des Umgangs mit Pferden sei zunehmend im Alter wichtig, so die Trainerin.

Genau wie das Reiten selber: „Das hält fürs Leben fit. Kein anderer Sport beansprucht so viele Muskeln.“ Vergleichbar sei vielleicht Tanzen, das ebenfalls Takt, Körperhaltung und geschmeidige, präzise Bewegungen schule, oder mit Kampfsport, „der hat auch viel mit Koordination zu tun.“

Doch nicht nur der Reiter muss an seiner Fitness arbeiten, auch das Pferd: „Egal ob Sport- oder Freizeitpferd, es muss gymnastiziert werden.“ Gesundes Reiten sei ihr wichtig, sagt Leichtenberger, die zusätzlich zur ihrer Lizenz als IPZV-Trainer B im vergangenen Jahr eine Zusatzausbildung zur „Tölt in Harmony“-Trainerin abgeschlossen hat.

Außerdem bietet sie für die Pferde osteopathische Behandlung, Akupunktur und Sattelanpassung an, „weil ein korrekt sitzender Sattel schließlich auch der Gesundheit dient“. „Man möchte sich ja auch selber verbessern“, sagt Miriam Iltesberger, die in Windeck eine kleine Islandpferdezucht betreibt und regelmäßig mit ihren Tieren Unterricht nimmt. Denn, so sagt Leichtenberger, „man hört ja nie auf, reiten zu lernen.“ Und dass das zwar durchaus fordernd sein kann, aber auch wirklich Spaß macht, das beweist zum Beispiel ein Glühwürmchenritt in der Dunkelheit.

„Da sind die Pferde ganz anders, noch achtsamer. Und das eigene Balancegefühl wird auf die Probe gestellt.“ Ihren Reitschülern und Einstellern will sie die Natur nahebringen – von den im Stall nistenden Schwalben bis zum Reh in der Wiese. „Das lernt man in der Trainerausbildung, und das ist auch ganz wichtig, auch für Turnierreiter.“

Das Konzept, Mensch und Pferd zusammen zu betrachten, überzeugt Roswitha Michel-Siegers immer wieder aufs neue. Ihre Paso-Peruano-Stute Ascencion wurde von Leichtenberger ausgebildet und auch heute noch gefördert. „Sie wird unheimlich gut betreut“, schwärmt die 59-Jährige, die noch drei weitere Pferde besitzt.

Aber keines sei wie Ascencion: „Sie ist super sensibel und nimmt jede Stimmung auf.“