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Thurn-InsolvenzBranchenriese an Waschmittel-Lieferant von Aldi- und Lidl interessiert

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Neunkirchen-Seelscheid_018_Thurn

Thurn verfügt über ein 12 Hektar großes Firmengelände.

Neunkirchen-Seelscheid – Für die Rettung der 130 Arbeitsplätze des Waschmittel-Herstellers Thurn in Neunkirchen-Seelscheid zeichnet sich eine Möglichkeit ab. Das Unternehmen befindet sich zurzeit im Insolvenzverfahren. Wegen der Pandemie sei der Umsatz von Waschmittel „geradezu weggebrochen“, so Geschäftsführer Peter Schoof zum „hauptsächlichen Grund.“

Insolvenzverwalter Jens Schmidt teilte im Redaktionsgespräch mit, dass „er sich sehr gut vorstellen könnte, dass das gemeinsame kommunale Unternehmen der Gemeinden Neunkirchen-Seelscheid und Much (GKU) die Grundstücke rund um das Werk vermarket, während bei Thurn die Produktion erst einmal weiter läuft.“ Die Firma nutzt nur die Hälfte des insgesamt 120.000 Quadratmeter großen Areals.

Am Freitag voriger Woche hatte das GKU den Vertrag zum Erwerb des Gewerbegebiets Neunkirchen-Süd unterzeichnet. Rund 5,5 Millionen Euro wurden gezahlt. Es handele sich um eine zentrale Fläche in Neunkirchen, die auch nach dem geltenden Bebauungsplan für kleinteiliges Gewerbe geeignet sei, hieß es von seiten der Gemeinden.

Vor sechs Jahren noch Expansionspläne

Im Jahr 2015 hatte der Wasch- und Reinigungsmittel-Hersteller Thurn, der im No-Name-Geschäft einer der Marktführer war und Standorte in Neunkirchen-Seelscheid, Much, Greven und im niederländischen Kerkrade hatte, noch Expansionspläne. Das Werk in Neunkirchen sollte erweitert werden, im Februar 2016 stimmte der Gemeinderat dem Ausbau zu. „Eine Investition in die Zukunft“ hatte Unternehmer Adolf Günther Thurn die Pläne für einen Pulverturm und Lagerhallen genannt. Eine Bürgerinitiative stoppte die Ausbaupläne gerichtlich.

Im Herbst 2017 steckte Thurn tief in den roten Zahlen, ging im September in die Insolvenz in Eigenverwaltung. Im Dezember erhielten 230 Mitarbeiter an den Standorten in Neunkirchen und Much die Kündigung. Damals stand für die Politik oben auf der Agenda, die Arbeitsplätze zu retten. Im Januar meldete Thurn Konkurs an.

Im März 2021 die Überraschung: Zwei Unternehmerfamilien aus der Region übernahmen das Werk in Neunkirchen und führten es als „Thurn Germany“ weiter, der Standort in Much wurde geschlossen. 140 Arbeitsplätze fielen weg.

Im Juni 2021 platzte aber der Traum: Thurn musste als Folge von Umsatzeinbrüchen durch die Coronavirus-Pandemie erneut Insolvenz anmelden. Schon da bekundete die Gemeinde ihr Interesse an dem Grundstück, auf dem das Werk steht – es ist nicht im Besitz des Thurn-Werks. (seb)

Das sei eine gute Nachricht für alle Gewerbetreibenden, die schon lange nach geeigneten Flächen suchten. Durch den Erwerb des Gewerbegebiets durch das GKU könne gesteuert werden, wie das Areal in Zukunft genutzt werden könnte.

Unternehmen aus der Waschmittelbranche will Thurn kaufen

Laut Schmidt steht ein „finanzkräftiges Unternehmen aus der Waschmittelbranche bereit“, Thurn zu kaufen und die Produktionshallen zu pachten. Die Verträge seien im Prinzip unterschriftsreif. Es hake zurzeit jedoch an der Pachtdauer für die Hallen. Die Firma hätte gerne eine Zusage für insgesamt 15 Jahre als Staffel, die nach jeweils fünf Jahren verlängert werden könnten. Es müsse investiert werden, dazu sei dieser zeitliche Rahmen nötig.

Der interessierten Firma, so Peter Schoof, gefalle auch „das ausgezeichnet ausgebildete Personal“. Der Standort in Neunkirchen sei daher „wertvoll.“ Nun komme es darauf an, dass alle an „einem Strang ziehen.“

GKU-Vorstand Johannes Hagen fand den Vorschlag „interessant“. Er verwies jedoch darauf, dass nun erst einmal alle weiteren Dinge gemeinsam besprochen werden müssten. Auf die Schnelle können „jetzt keine Entscheidung getroffen werden.“

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Die Mitarbeiter möchten mit einem Protestzug am Dienstag, 14. September, auf diesen Lösungsansatz aufmerksam machen. „Wir starten um 14 Uhr am Betriebsgelände und marschieren dann gemeinsam zum Rathaus“, so Harald Weber, Leiter des Qualitätsmanagements bei Thurn.

Bürgermeisterin Nikole Berka soll dann gegen 14.30 Uhr eine Petition übergeben werden. „Wir sammeln noch während des Marsches Unterschriften“, so Weber. Auch online ist eine Unterzeichnung möglich.