Vier Jahre alt soll das Mädchen gewesen sein, als sein Großvater es erstmals missbrauchte. Der Prozessauftakt gegen den Senior platzte vorerst.
Meist bei FamilienfeiernSenior aus Neunkirchen-Seelscheid soll jahrelang eigene Enkelin missbraucht haben
Als der Kindesmissbrauch nach vielen Jahren 2021 aufflog, hat es die ganze Familie aus Neunkirchen-Seelscheid zerstört. Dem Mann – heute 87 Jahre alt – wird vorgeworfen, jahrelang seine leibliche Enkelin missbraucht zu haben. Das Mädchen soll bei den Übergriffen gerade mal drei bis vier Jahre alt gewesen sein, als er ein „sexuelles Interesse“ entwickelt und sich an ihr vergangen habe.
Tante des Mädchens zeigte den Großvater an
Insgesamt wirft ihm die Bonner Staatsanwältin sieben Fälle ab dem Jahr 2006 vor. Ein weiterer Anklagepunkt betrifft seine Großnichte: Auch dieses Mädchen, damals kaum acht Jahre alt, soll er missbraucht haben. Heute sind die beiden Geschädigten 21 und 24 Jahre alt.
Ans Tageslicht kam der mutmaßliche Übergriff durch „ein Versehen“: Die Enkelin – zu dem Zeitpunkt circa 18 Jahre alt – hatte sich bei einer Psychotherapeutin Hilfe gesucht. Im Rahmen der Therapie fand ein Familiengespräch mit ihren Eltern statt, dabei wurde der Missbrauch eher unbeabsichtigt thematisiert. Der Schock war groß und machte in der Großfamilie die Runde, bis schließlich eine Tante des Mädchens den Fall anzeigte. Dabei wurde bekannt, dass auch ihre eigene Tochter Opfer des Angeklagten geworden sein soll.
Übergriffe sollen bei großen Familienfeiern stattgefunden haben
Die Übergriffe sollen – laut Anklage – meist bei großen Familienfeiern stattgefunden haben: Da verzog sich der Großvater in einem Fall mit der Enkelin angeblich zum Spielen. Der 87-Jährige soll die Vorwürfe im Vorfeld des Prozesses immer bestritten und versucht haben, die Mädchen zu belasten. Bei der Hausdurchsuchung 2021 wurden zudem Kinderpornos gesichert.
Am Dienstag sollte nach drei Jahren endlich der Prozess vor der Jugendschutzkammer des Bonner Landgerichts starten. Aber der Angeklagte erschien nicht, ohne Entschuldigung oder Vorlage eines Attests. Sein Verteidiger René Gülpen jedoch beteuerte, dass es dem herzkranken Mann nicht gut gehe, dass er derzeit kaum verhandlungsfähig sei.
Die Kammer verzichtete daraufhin, den Angeklagten von der Polizei holen und vorführen zu lassen: „Das ist uns zu heikel“, kommentierte die Vorsitzende Johanna Wieland und ordnete an, dass der 87 -Jährige in den nächsten Tagen amtsärztlich untersucht, auch seine Verhandlungsfähigkeit überprüft wird. Das Verfahren wird so lange ausgesetzt und entsprechend der neue Prozessstart um zwei Wochen verschoben.
Zwischenzeitlich waren bereits Familienmitglieder auch aus der Ferne angereist, um als Zeugen gehört zu werden. „Dass er sich drücken würde, das habe ich mir gedacht“, sagte eine Zeugin. Die Tante nahm dem alten Herrn die Krankheit nicht ab: „Schauspielern konnte er schon immer gut!“, kommentierte sie bitter.