Der 27-jährige Jungunternehmer arbeitet aus einem eigens umgebauten Van heraus.
Start-up Dry IcedWie Sven Jagusch aus Neunkirchen-Seelscheid Autos mit Trockeneis reinigt
Die Pellets sind 1,5 Millimeter groß. Tausende dieser weißen Stückchen bilden bei minus 78 Grad das Grundarbeitsmittel von Sven Jagusch. Der 27-Jährige geht mit einer Blechkelle durch das in einer Gefrierbox gelagerte Trockeneis.
Im extra konzipierten und umgebauten Fahrzeug sorgen ein Stromaggregat, ein Schraubenkompressor, ein Kältetrockner und das Trockeneis-Strahlgerät dafür, dass Sven Jagusch völlig autark beim Kunden arbeiten kann.
Auftrage aus Rügen an der Ostsee
Der gelernte Kfz-Mechatroniker bietet seit Juni vergangenen Jahres die Dienstleistung seiner Firma „Dry Iced“ an. Die mobile Trockeneisreinigung ist ein schonendes und rückstandsfreies Druckstrahlverfahren, das nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch extrem effizient. Jagusch reinigt Motorräume oder den Unterboden von Fahrzeugen, Gebäude innen und außen, und häufig findet sein Verfahren auch Anwendung in Industrie-Anlagen.
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„Die Trockeneispartikel werden mit hoher Geschwindigkeit auf die verschmutzten Oberflächen gestrahlt. Beim Aufprall kühlen die Partikel das Material stark ab, was zu einem sofortigen Verspröden und Ablösen der Verschmutzungen führt“, erklärt Jagusch das Verfahren. Die Trockeneispartikel verdampften rückstandslos, sodass lediglich die abgetragene Verschmutzung übrig bleibe: „Es entsteht keine zusätzliche Verschmutzung durch das Strahlgut. Auch empfindliche Oberflächen werden schonend gereinigt.“
Er hat die Gründung seines Start-ups von langer Hand geplant. „Die Selbstständigkeit hat mich immer schon fasziniert, und ich habe das Ziel schon von Beginn an meiner Ausbildung immer im Auge gehabt.“
Bodenständigkeit ist ihm wichtig. Im Örtchen Wahn aufgewachsen, wohnt der Vater eines sechsjährigen Sohnes seit mehr als 20 Jahren in Schöneshof auf der anderen Seite der Wahnbachtalsperre, mittlerweile in einer Einliegerwohnung seiner Eltern. Nach der Ausbildung bei Nissan in Wolperath zum Kfz-Mechatroniker wagte er von 2016 bis 18 mit einer Fahrzeugaufbereitung in Much die ersten Schritte der Selbstständigkeit. Mit einem Freund bot er Reinigung und Pflege von hochwertigen Fahrzeugen an.
„Das war eine Art Teilzeitbeschäftigung. 20 Stunden die Woche habe ich bei der Firma Kuchem-Kanalservice in der Werkstatt gearbeitet“, sagt Jagusch und zeigt auf die andere Straßenseite auf einen der Sitze des Unternehmens. Die Fahrzeugaufbereitung sei zunächst gut angelaufen, doch dann habe man den Standort schließen müssen. „Wir hätten investieren müssen in Form eines Ölabscheiders oder einer Wasseraufbereitungsanlage.“
Nach dem Ende des Nebenerwerbs machte der 27-Jährige erst schulische Karriere. Er absolvierte seinen Kfz-Meister in zehn Monaten Vollzeit in Aachen und legte danach den Betrieb des Handwerks bei der Handwerkskammer in Köln nach. Für manche Jobs war er nun überqualifiziert und hätte vielleicht auch Schöneshof verlassen müssen. „Ich habe mich natürlich erstmal beworben. Die Ausbildungen haben ja auch viel Geld gekostet“, sagt er.
Somit kam der Schritt in die Selbstständigkeit schneller als gedacht. Unterstützt vom Jobcenter, schrieb er mit Hilfe einer Unternehmensberatung einen Businessplan. Erst nach sechs Monaten bekam er eine Kreditzusage der NRW-Bank. Eine mittlere fünfstellige Summe hat er in sein Start-up gesteckt.
Mit den ersten Monaten des Unternehmens ist er bislang zufrieden. Im August habe er den ersten Kunden gehabt „Es trägt sich noch nicht. Aber die Nachfrage steigert sich.“ Er mache Werbung auf Instagram und habe mittlerweile auch eine Webseite.
138,16 Euro Netto pro Stunde kostet das Angebot derzeit, rund 40 Prozent davon muss er in das Trockeneis investieren, das er aus Rheinbach bezieht. Es gebe auch Tagessätze, der längste Auftrag habe drei Tage gedauert. In der Nähe von Siegen habe er 240 Meter Deckenbalken in einem alten Bahnbetriebswerk gereinigt. Auch an der Ostsee sei er schon im Einsatz gewesen. Mittlerweile habe er die Nische als Subunternehmer von großen Industrie-Reinigungsfirmen entdeckt.
Stolz zeigt Sven Jagusch seinen Ein-Mann-Betrieb, der komplett in einem Ford-Bus untergebracht ist. Den Namen der Firma habe er sich beim Patentamt schützen lassen und das Logo im Rahmen seines Businessplans selbst entworfen. Demnächst soll es auch einen Youtube-Kanal geben.
Aus der Gefrierbox steigt derweil Nebel auf. Sven Jagusch nimmt ein paar Pellets in die Hand und warnt vor dem Kältebrand. „Ich muss das Eis vorbestellen und hole es meist einen Tag vor dem Auftrag ab. Es hält sich aber auch ein paar Tage“, schildert er - und freut sich schon auf den nächsten Auftrag.