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„815 Euro zusätzlich“Grundsteuer in Ruppichteroth droht zu explodieren – Kommune vor dem Kollaps

Lesezeit 3 Minuten
Die Bröltalhalle wird saniert.

Die Sanierung der Bröltalhalle sollte längst abgeschlossen sein. Dort muss die Gemeinde 2023 noch einmal investieren.

Die kleinste Kommune in Rhein-Sieg steht mit dem Rücken zur Wand. Um den Haushalt auszugleichen, bleibt wohl nur eine Grundsteuererhöhung.

„Im Dorf brodelt es“, sagt Kämmerer Klaus Müller. Weil die Gemeinde finanziell mit dem Rücken zu Wand steht, sehen er und sein Chef Bürgermeister Mario Loskill nur einen Weg, um – wie vom Land gefordert – den Haushalt 2023 auszugleichen: Die Grundsteuer B für bebaute Grundstücke muss von 570 Prozentpunkten auf 1550 Prozentpunkte steigen.

„Für das durchschnittliche Einfamilienhaus im Bröltal würden damit 815 Euro zusätzlich pro Jahr fällig“, hat Claudia Winkler von der Kämmerei ausgerechnet. Das dürfte ein deutscher Spitzensatz sein. Die Alternative wäre ein nicht genehmigungsfähiger Haushalt. Jede Ausgabe müsste von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Welchen Weg Ruppichteroth nimmt, muss der Gemeinderat bis zum 30. Juni entscheiden.

Laut Bügermeister und Kämmerer ist im Haushalt nichts mehr zu sparen

Dass die finanzielle Ausstattung der Gemeinden schon lange hinten und vorn nicht reicht, ist bekannt. Das werde in fast allen Kommunen diskutiert, sagt Müller. Ältere erinnern sich an den „Ausgleichsstock“, aus dem arme Kommunen in Nordrhein-Westfalen unterstützt wurden. Seit 2008 gibt es das Neue kommunale Finanzmanagement (NkF).

Für jede Kommune wurde das Eigenkapital ausgerechnet. In Ruppichteroth, der kleinsten Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis, waren das damals immerhin 26 Millionen Euro. Um die Bilanzen des vergangenen Jahrzehnts auszugleichen, ging fast alles drauf. Geblieben sind knapp fünf Millionen Euro Eigenkapital. „Zwischendurch war es sogar schon weniger“, berichtet Winkler.

Dass im Haushalt der Bröltalgemeinde nichts mehr zu sparen ist, steht für Winkler und Müller fest. Mehrfach haben sie die Zahlen hin- und hergerechnet. Selbst wenn die wenigen Investitionen – Fertigsanierung der Bröltalhalle, Digitalausstattung der Schulen, Entwässerung, Feuerwehr-Ersatzfahrzeuge und Straßenbau Winterscheid – zusammengestrichen würden, schrumpften nur Abschreibungen, Zinsen und Tilgungen ein wenig.

Gemeinde Ruppichteroth machen vor allem die Altschuldem zu schaffen

Das ohnehin schon vorhandene und durch Corona- und Kriegsfolgen, wie Inflation und Energieteuerung, erheblich weiter gerissene Millionen-Loch lässt sich von Seiten der Gemeinde nur mit einer höheren Grundsteuer B schließen.

Was die Ruppichterother Kämmerei vor allem drückt, sind die Altschulden. Um die laufenden Kosten decken zu können, muss Müller immer wieder kurzfristige Liquiditätskredite aufnehmen. Vergleichbar ist das mit dem Überziehungskredit des Privathaushaltes. Den jährlichen Rahmen von 34 Millionen Euro muss der Kämmerer ständig mit 22 bis 23 Millionen Euro ausschöpfen.

Und weil die Zinsen seit Monaten stetig steigen, wird das nicht billiger. „Das ist wie eine Schraube, die sich immer wieder nach oben dreht“, fasst Müller zusammen. Privatleute mit dermaßen überzogenen Konten hätten längst Insolvenz anmelden müssen, ist er sich mit Claudia Winkler einig.

Vierstellige Hebesätze könnten in Zukunft zur Regel werden

Ruppichteroth sei die erste Kommune. Andere würden folgen, prognostiziert Müller. „Vierstellige Sätze werden die Regel sein“, ist er sicher. Anders als mancher Kommunalpolitiker und Kämmererkollege zeigt er aktuell ein wenig Verständnis. „Alle stehen unter Druck: Kreis, Land und Bund. Wir sind schließlich die Letzten und müssen gucken, dass wir es an die Bürger weitergeben.“

Einen Weg aus der Sackgasse hat Müller schon einmal aufgezeichnet: Haushaltsausgleich auf Dauer, Abbau der Altschulden und Chancengerechtigkeit nennt er unter anderem im Vorbericht zum Haushalt 2023. Doch er sagt selbst: „Die Wirklichkeit sieht anders aus.“