AboAbonnieren

Tödlicher Schuss auf KollegenExperte zweifelt an Version von angeklagtem Polizisten

Lesezeit 2 Minuten

Symbolbild 

  1. Ein Nackendurchschuss aus der Waffe eines Kollegen tötete bei einer Übung einen Polizisten.
  2. Im Bonner Prozess widerspricht ein Rechtsmediziner der Version des 23-jährigen Angeklagten.
  3. Er habe sich erschrocken und sei versehentlich an den Abzug gekommen, sagt er.

Bonn – Den ganzen Tag hatten die jungen Polizeibeamten auf dem Gelände der Bundespolizei in Hangelar ein Training absolviert. Zurück im Polizeipräsidium sollte es am 26. November 2018 nach der viertägigen Trainingseinheit eine abschließende Übung an den Schießständen geben. Nach dem Wechsel der Waffen, die in den Spinden verstaut waren, fiel der tödliche Schuss. „Als ich die Tür aufmachte“, so erinnerte sich der 34-jährige Einsatztrainer am Montag als Zeuge im Bonner Prozess, „sah mich der Angeklagte mit seltsam leeren Augen an - und sagte: Ich habe dem Julian in den Hals geschossen.“ Er habe um die Ecke geschaut und gesehen, dass einer auf dem Boden lag, drum herum viel Blut. „Da waren schon welche, die erste Hilfe leisteten.“ Aber der Nackendurchschuss aus der Pistole seines Kollegen war tödlich, zweimal bereits hatte das Herz aufgehört zu schlagen.

Am zweiten Prozesstag gegen den 23-jährigen Schützen, der sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss, wurde mit Spannung das Gutachten des Rechtsmediziners Professor Burkhard Madea erwartet. Die Version des Angeklagten, die schwarze Dienstwaffe habe sich in seiner Brusthöhe von 1, 30 Meter befunden und der Schuss sei aus einer Entfernung von über sechs Metern abgegeben worden, könne nicht stimmen. Der Nackendurchschuss in 1,66 Meter Halshöhe sei waagerecht.

Durch Geräusch erschrocken

Dennoch blieb der Angeklagte gestern bei seiner „tragischen Kurzschlussreaktion“. Durch ein Geräusch erschrocken, sei er versehentlich an den Abzug seiner Dienstwaffe gekommen, nachdem er die Walther P99 DAO noch mal überprüft habe. Die Version des Anklägers, dass er einen gezielten Schuss abgegeben hat, in der „irrtümlichen Annahme“, es handele sich noch um die Trainingswaffe, eine sogenannte Rotwaffe, bestreitet er weiterhin: „Das ist nicht meine Geschichte“, sagte er am Montag.

Nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte nach den harten Trainingstagen überfordert und gestresst war. Das Training sei „kein Spiel, kein Spaß“, hatte die 28-jährige Ausbilderin den überaus fordernden Einsatz auf dem Gelände beschrieben. Auch an dem Unglückstag habe man immer wieder auf Kollegen geschossen, auch auf Einsatztrainer, die in Polizeiuniform den Bösen mimten. Auf Nachfrage des Gerichts beschrieb die Ausbilderin den Angeklagten als sehr engagiert, aber auch als einen, der eher zwei Schritte zu viel macht. „Der Stresspegel war zu hoch, das hat man bei ihm bemerkt.“ Er gerate dann in eine Art „Tunnelblick“, da müsse er regelrecht gebremst werden. Manchmal habe man „dazwischen gehen müssen, damit da nichts kaputt geht“. Der Unglücksschütze sei zwar 23 Jahre alt, sei ihr aber viel jünger, ja unreifer, erschienen.