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Zwischen Nostalgie und ModerneCircus Roncalli gastiert wieder im Stadtgarten in Bonn

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Ein Roboter ist der Untermann dieses Artisten, der hoch oben an einer Carbonstange turnt.

Bonn – „Hallo, Herr Roncalli“: Ein Brautpaar, gerade getraut im Alten Rathaus der Stadt Bonn, bittet Bernhard Paul am Freitagmittag, mit ihm für ein Foto zu posieren. Der Direktor des Circus Roncalli ist solche Anreden gewöhnt, er eilt herbei, stellt sich wie auch Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan neben die Frischvermählten, lächelt, eine Fotografin drückt auf den Auslöser ihrer Kamera, dann eilen Sridharan und Paul zu einer Pressekonferenz ins Rathaus.

Werben vor dem Alten Rathaus für das Gastspiel: OB Ashok Sridharan (2.v.l.) mit Zirkuschef Bernhard Paul und den Akrobaten Bello Sisters.

Denn es gilt, ein Ereignis anzukündigen, auf das sich der OB als Schirmherr besonders freut: Vom 10. Mai bis 1. Juni gastiert der Circus Roncalli wieder in der Stadt, in der am 18. Mai 1976 das Wunder begann, das seit 42 Jahren viele Menschen begeistert. „Das war einer der bewegendsten Momente meines Lebens“, erinnert sich Paul an die Welturaufführung im Hofgarten während des „Bonner Sommers“.

Auch schauspielerische Momente im Programm

Namensgeber des Unternehmens war einst der Priester Angelo Giuseppe Roncalli (1881-1963), der als Papst Johannes XXIII. bekanntgeworden ist. „Die größte Poesie des Universums“ nannte Paul selbstbewusst das Programm damals. Die Poesie ist geblieben, doch der Circus Roncalli hat sich gewandelt. Das fängt schon im Namen an, dem jetzt das Wort „Theater“ beigefügt ist.

Nostalgisch: Weißclown Gensi (r.) und Paolo Carillon.

Es wird also schauspielerische Momente geben beim Gastspiel in Bonn, das unter dem Titel steht „Storyteller: Gestern – Heute – Morgen“. Neu ist auch, dass keine Tiere mehr in der Manege zu sehen sind, Licht und Holographie ersetzen das Pferdeballett, das 2017, beim letzten Tourneestopp in Bonn, noch die Zuschauer verzauberte. „Wir haben die Tiere weggegeben, weil wir sie lieben“, sagt Bernhard Paul und verweist auf die langen Strecken, die Elefanten, Tiger oder Pferde auf dem Weg zwischen den Auftrittsorten eingesperrt in Transportern verbringen müssten. „Die Zukunft des Zirkus ist nicht die Arche Noah“, macht er klar. „Unsere Stärke waren immer die Clowns, die Akrobaten und die Inszenierung.“

Auch für Veganer wird gesorgt

Seine Vision von einem zeitgemäßen Zirkus ist ein Programm voller Überraschungen und Höhepunkte, das die romantisch-verklärte Welt des fahrenden Volkes mit den Sehgewohnheiten des heutigen Publikums verbindet. Also Tempo und Poesie, Nostalgie und Moderne.

Ein drei Tonnen schwerer Roboter aus dem Autobau zum Beispiel ist der Untermann eines Artisten, der an einer Carbonstange turnt, während der Roboterarm ihn in neun Meter Höhe hievt. Für das Nostalgische sind wieder Weißclown Gensi und Paolo Carillon zuständig, der mit allerlei skurrilen Requisiten arbeitet.

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Auch gastronomisch setzt der Zirkus auf Neues und bietet an den Speisewagen vegane Kost an. Tüten und Becher sind plastikfrei, das ist Roncallis Beitrag zur Abfallvermeidung. Paul: „Wir haben bei zwei Vorstellungen am Tag bis zu 3000 Besucher, und jeder zweite kauft Popcorn – da kommen Container von Müll zusammen.“ Sagt’s und macht sich auf nach Aachen, wo gestern Abend Premiere war.