AboAbonnieren

Vorbild Staufia?Bonner Studentenverbindungen reagieren deutlich auf AfD-Verbot

Lesezeit 6 Minuten
Mitglieder verschiedener Studentenverbindungen bei einem Generaltreffen.

Mitglieder verschiedener Studentenverbindungen bei einem Generaltreffen.

Wird die AfD überall vor die Tür gesetzt? So reagieren andere Studentenverbindungen auf das AfD-Verbot der Staufia Bonn für ihre Mitglieder.

Ein entschiedeneres Zeichen gegen eine Partei kann man sich kaum vorstellen: Die Studentenverbindung KDStV Staufia Bonn hat kürzlich eine Unvereinbarkeitserklärung gegenüber der AfD veröffentlicht. Die Differenzen seien so gravierend, dass die Staufia ein AfD-Verbot für ihre Mitglieder erteilten. Wer Mitglied der AfD ist, der könne nicht gleichzeitig Verbindungsmitglied sein, so die Verantwortlichen.

Doch wie stehen eigentlich andere Studentenverbindungen in Bonn zur AfD? Der Vorstoß der Staufia kam schließlich recht überraschend. Überholtes Frauenbild, rechtsextreme Tendenzen: Studentenverbindungen stehen seit Jahrzehnten immer wieder in der Kritik.

Wie stehen andere Bonner Studentenverbindungen zur AfD?

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich bei den Studentenverbindungen, von denen es in Bonn aufgrund der langen Tradition als Universitätsstadt viele gibt, einmal genauer umgehört.

Wie steht die Verbindung zur AfD? Wie wird über die Partei in den eigenen Reihen diskutiert, gibt es ähnliche Bestrebungen wie die Unvereinbarkeitserklärung der Staufia? Haben sich Mitglieder an Großdemonstrationen gegen Rechtsradikalismus beteiligt und welche Rolle spielen demokratische Grundwerte in der Ausrichtung der Verbindung?

Das sind nur einige der Fragen, mit denen der „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Vorsitzenden mehrerer Studentenverbindungen konfrontiert hat. Die Antworten sind deutlich und dürften viele überraschen.

KDStV Alania Bonn spricht von „Brandmauer“ gegen Rechtsradikalismus

„Die KdStV Alania Bonn bekennt sich zur freiheitlichen, demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und stellt sich gegen jegliche Form des politischen Extremismus“, erklärte Maximilian Wasielewski im Namen der KDStV Alania Bonn, einer vor über 115 Jahren in Bonn gegründeten Studentenverbindung.

Einer förmlichen neuen Unvereinbarkeitserklärung bedürfe es unterdessen nicht, so Wasielewski, da bereits in den Statuten der Verbindungssatzung eine „Brandmauer“ für die Aufnahme neuer Mitglieder sowie für die Fortsetzung der Mitgliedschaft angelegt sei.

Mit dem katholischen Menschenbild sind rassistische und rechtsextremistische Überzeugungen, wie sie in der AfD bestehen, überhaupt nicht vereinbar.
Alania Bonn

Diese „Brandmauer“ bestehe im uneingeschränkten Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung und der Ausrichtung der Verbindungsmitglieder auf eine dem katholischen Glauben entsprechenden Lebensführung.

„Mit dem katholischen Menschenbild sind rassistische und rechtsextremistische Überzeugungen, wie sie in der AfD bestehen, überhaupt nicht vereinbar“, so die Alania gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Ripuaria Bonn begreift historische Erfahrung als Verpflichtung

Die KDStV Ripuaria Bonn begreift die historischen Erfahrungen ihrer Verbindungsbrüder als bleibende, stets aktuelle Verpflichtung, erklärte Thomas Schmeken auf Nachfrage.

Anlässlich ihres 160-jährigen Bestehens habe man erst kürzlich ihres verstorbenen Bundesbruders Pfarrer Josef Neunzig gedacht, welcher als Regimekritiker der NSDAP drei Jahre im Priesterblock des KZ Dachau inhaftiert gewesen sei.

Die Verbindung selbst verfolge zwar keine parteipolitischen Ziele, ermutige aber ihre Mitglieder zu bürgerschaftlichem Engagement für Rechtsstaat und Gesellschaft. Konkretere Angaben die AfD betreffend wurden nicht gemacht, doch die Verurteilung rechtsradikalen Gedankenguts wurde deutlich.

Bundesverband RKDB betont Gegensätze zur AfD

Gemäß der Satzung des Bundesverbands Ring Katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB) sei es Aufgabe aller Verbandsangehörigen, sich für Einigkeit und Freiheit aller anzusetzen. Als Christen sei man einem friedlichen Zusammenleben sowie dem Respekt voreinander verpflichtet.

„Somit bilden unserer Grundsätze genau das Gegenteil aus, wofür die AfD steht“, erklärte Curtis Friend, Ringpräsident der RKDB auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Den Gremien des RKDB sei es freigestellt, eine Unvereinbarkeitserklärung mit der AfD zu verfassen. Aus inhaltlicher Sicht stehe dem nichts entgegen. Friend betonte, ihm und der Bundesspitze seien in der Verbindung keine Mitglieder mit AfD-Angehörigkeit oder auch nur mit AfD-Nähe bekannt.

AfD-Verbot? Studentenverbindung Bavaria Bonn verweist auf ihre Prinzipien

Unmissverständlich teilte unterdessen die Studentenverbindung KDStV Bavaria Bonn mit, dass man weder die Werte noch die politischen Ansichten der AfD teile. „Diese sind für uns als K.D.St.V. Bavaria Bonn mit unseren Prinzipien vielmehr völlig unvereinbar“, so Ferdinand Matoni, Senior-Mitglied der Bavaria Bonn.

Vor diesem Hintergrund habe es bisher keinen Anlass gegeben, auch einen förmlichen Unvereinbarkeitsbeschluss wie die Staufia Bonn zu fassen. Ihm seien auch viele Verbindungsmitglieder bekannt, die sich an den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus engagiert hätten.

Matoni weiter zum „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Unsere Statuten verpflichten uns über das Prinzip „Patria“ ohne Wenn und Aber für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten.“

Vandalia Bonn: „AfD-Mitglieder sind bei uns an der falschen Adresse“

Die Studentenverbindung Vandalia Bonn begrüßte den Vorstoß der Staufia, konkrete Pläne für ein eigenes Schriftstück gebe es aktuell aber noch nicht. „Eine Unvereinbarkeitserklärung wäre als Verschriftlichung dieser Verhältnisse aber durchaus denkbar“, erklärte Timo Röver, Philistersenior der Vandalia Bonn auf Anfrage.

Grundsätzlich stelle die Verbindung keine parteipolitischen Anforderungen an ihre Mitglieder. Entscheidend sei jedoch, dass sie sich im Rahmen des Grundgesetzes und christlicher Werte bewegen.

AfD-Mitglieder sind bei uns an der falschen Adresse.
Vandalia Bonn

Die Vandalia Bonn stellten aber unmissverständlich klar: „AfD-Mitglieder sind bei uns an der falschen Adresse.“ Als katholischer Verein lehne man jede gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder anderer Merkmale ab.

„Die Vandalia hat Mitglieder aus und in verschiedenen Ländern und sieht nicht zuletzt daher in den Zielen der AfD eine Bedrohung für sich und für die Gesellschaft“, so Röver weiter gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Bei uns ist kein Platz für rechtsextremes Gedankengut.“

Lassalle-Kreises hält AfD-Unvereinbarkeitserklärung für längst überfällig

Deutliche Zeichen sendete auch der Lassalle-Kreis Köln/Bonn, Teil eines bundesweiten Zusammenschlusses von Verbindungstudentinnen und Verbindungsstudenten mit SPD-Parteibuch. Eine eigene Erklärung sei noch nicht verabschiedet worden, doch man stehe ganz hinter dem Vorstoß der Staufia Bonn.

„Die Lassalle-Kreis-Mitglieder aus Köln und Bonn begrüßen den Unvereinbarkeitsbeschluss“, so Bernd Zimmermann, Regionalsprecher des Lassalle-Kreises für Köln/Bonn. „Er war längst überfällig und ist Zeugnis darüber, dass sich innerhalb der Verbindungswelt lauter Widerstand gegen die AfD und ihr Programm regt.“

Antidemokraten hätten in Studentenverbindungen nichts zu suchen, machte Zimmermann deutlich.

Bonner Burschenschaft setzte Mitglieder wegen AfD-Nähe vor die Tür

Solange politische Parteien nicht verboten sind, mache die Bonner Burschenschaft Marchia ihren Mitgliedern keine Vorgaben. Über eine Unvereinbarkeitserklärung mit der AfD sei bislang nicht nachgedacht worden, man wolle das Thema aber zeitnah in einer Mitgliederversammlung besprechen, berichtet Dr. Reinhold Scheffel, Geschäftsführer bei der Marchia gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Eine Notwendigkeit für eine solche Erklärung habe sich bislang noch nicht gezeigt, da in der Satzung der Marchia ausreichende Passagen vorlägen, welche ihre Mitglieder zum Grundgesetz und zur demokratischen Ordnung verpflichten.

Bislang seien in der langen Geschichte der Bonner Burschenschaft Marchia entsprechende Tendenzen zur AfD bei zwei jungen Mitgliedern offenbar geworden. Die haben dazu geführt, dass man ihnen Hausverbot erteilt und sie ausgeschlossen habe, so Scheffel.

KDStV Novesia Bonn verurteilt rechtsradikale Positionen

„Die K.D.St.V. Novesia lehnt wie die K.D.St.V. Staufia Rechtsextremismus und rechtsradikale Positionen in aller Entschiedenheit ab“, erklärten Senior Lars Efing und Philistersionior Dr. Christian Behlert. Ebenso trete die Novesia Bonn linksextremistischen Haltungen klar entgegen.

Die Verbindung sei dem katholischen Glauben verpflichtet, welcher absolut unvereinbar mit Ausgrenzung, Hass, Ideologie und einer daraus folgenden extremistischen Gesinnung sei.

Unitas-Verband Bonn stellt sich aktiv gegen Rechtsextremismus

Bereits 1992 und 2017 habe der Unitas-Verband bindende Resolutionen gegen Rechtsextremismus und Rassismus beschlossen, so Stefan Rubel gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dabei sei auch die Unvereinbarkeit solcher Positionen mit der Unitas betont worden.

„Aktuell gibt es auf Verbandsebene rege Diskussionen um die klare Positionierung gegen den aktuell wiedererstarkenden Rechtsextremismus und Rassismus“, erklärte Rubel. Daran beteilige sich auch die Unitas Bonn aktiv. Ob dabei auch eine Unvereinbarkeitserklärung konkret gegen die AfD verfasst werde, war aber noch unklar.