Jugendstrafrecht23-Jähriger muss für acht Vergewaltigungen drei Jahre in Haft
Bonn – Von einem „verstörenden Gefühl“, sprach der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen am Ende eines ungewöhnlichen Prozesses vor der 2. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts. Ein Verfahren, das einen äußerst „befremdlichen Einblick“ in die Beziehung eines jungen Studenten zu Frauen gegeben habe. Innerhalb von zwei Jahren – zwischen 2018 und 2020 – hatte der junge Mann seine damalige Freundin sieben Mal vergewaltigt, davon allein zwei Mal im Schlaf.
Darüber hinaus hatte er noch eine weitere junge Frau, die er wie seine Ex-Freundin in einem Bonner Café kennengelernt hatte, ebenfalls bei einer ersten Begegnung gegen ihren ausdrücklichen Willen zum Sex gezwungen. Die Richter verurteilten den heute 23-Jährigen am Mittwoch wegen Vergewaltigung in acht Fällen sowie Freiheitsberaubung zu drei Jahren Jugendstrafe. Zum Vorteil des Angeklagten, wie es im Urteil begründet wurde: Denn bei der Hälfte der Straftaten sei er noch unter 21 Jahren, also Heranwachsender, gewesen.
Siebenfache Vergewaltigung in Bonn: Gericht spricht von "Gehirnwäsche"
„In seinen Beziehungen zu Frauen ist es ihm nur um Sex gegangen“, so der Kammervorsitzende in der Urteilsbegründung. Um seine Macht zu demonstrieren, habe er Frauen nicht nur mit Gewalt zu sexuellen Praktiken gezwungen, sondern sie auch mit seine Herrschsucht manipuliert: Er habe sie von Freunden isoliert, sie bedroht oder auch eingesperrt, wenn er vor Eifersucht durchdrehte. Auch demütigende Videos drehte er von den intimen Situationen.
Von „regelrechter Gehirnwäsche“, sprach die Kammer, die er praktiziert habe. Nicht er mache Dinge falsch, gab er mal der Ex zu verstehen, vielmehr sei es „ja ein Missbrauch, wenn sie sich ihm sexuell verweigere“. Verdrehte Sätze dieser Art habe es einige gegeben, so Schmitz-Justen. Das Verhältnis des Angeklagten zu Frauen trage „höchst pathologische Züge. Ich sehe da einen großen Reparaturbedarf.“
Opfer war schon vor der Beziehung im Ausland vergewaltigt worden
Für die 22-jährige Studentin, eine kleine, zierliche Frau von 43 Kilo, hat die Zeit Alpträume hinterlassen: „Ich hatte körperlich oft keine Chance, mich zu wehren.“ Da habe sie es über sich ergehen lassen.“ Allerdings gab sie sich auch eine Mitschuld: „Ich war nicht in der Lage, mich von ihm zu trennen, obwohl ich gewusst habe, dass die Beziehung »toxisch« war.“
Besonders bitter für die junge Frau: Sie war bei einem Studienaufenthalt im Ausland von einem Taxifahrer vergewaltigt worden. Von dem Trauma, so Schmitz-Justen, habe der Angeklagte gewusst. Und wissentlich noch eins drauf gesetzt.
Vergewaltigung in Bonn: 22-Jährige vertraute sich Polizistin an
Der Angeklagte hatte im Prozess die Vorwürfe zwar eingeräumt, aber alle relativiert. Für die Richter jedoch hat die 22-Jährige einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen: Sie erinnerte sich auch nach über zweieinhalb Jahren an ungewöhnliche Details, die erlebt worden sein müssen, so der Vorsitzende: „Sie sagt fraglos die Wahrheit.“
Dazu gehöre auch, dass der Fall erst durch einen Polizeieinsatz ans Licht kam: Im Februar 2020 hatte ein Nachbar die Streife gerufen, weil der Angeklagte betrunken vor der Wohnungstür der Freundin, die ihn rausgeworfen hatte, randalierte: Eine Polizistin fragte die 22-jährige, die völlig aufgelöst war, immer wieder nach dem Grund. Bis die Studentin sich bei einer Vernehmung der Beamtin anvertraut hatte.