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Projekt „Chance 7“Kritik an geplantem Abriss des Steinbrechers im Eisbachtal

Lesezeit 4 Minuten

Der „Steinbrecher“ nahe Pleiserhohn soll aus Sicherheitsgründen abgerissen werden.

  1. Politiker aus Königswinter und Anwohner fordern, die historische Bedeutung der Ruine „Steinbrecher” im Eisbachtal zu prüfen.
  2. Der Rhein-Sieg-Kreis will die Reste des Baus im Zuge des Naturschutz-Projekt „Chance 7” aus Sicherheitsgründen abreißen.
  3. Wegen der Rolle des Ortes bei der Einnahme der Brücke von Remagen formiert wich Widerstand.

Königswinter – Die Pläne des Naturschutzprojektes „Chance 7“ des Rhein-Sieg-Kreises, das ehemalige Steinbrechergebäude im Eisbachtal abzureißen, stoßen bei Teilen der Politik auf massiven Widerstand. In seiner jüngsten Sitzung in der Grundschule Oberpleis forderte der Hauptausschuss der Stadt Königswinter den Kreis dazu auf, die noch für diesen Monat geplanten Abrissarbeiten vorerst auf Eis zu legen, bis die historische Bedeutung der Ruine geklärt sei.

Das Gremium folgte damit einem Dringlichkeitsantrag der Ratsfraktionen von CDU und Königswinterer Wählerinitiative (Köwi). Die beiden Fraktionen hatten darum gebeten, zu prüfen, ob das Gebäude als Mahnmal erhalten werden könne. „Chance 7“ hatte die Fläche im Eisbachtal erworben, um dort Lebensräume für gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu schaffen, und will den „Steinbrecher“ aus Sicherheitsgründen abreißen lassen. Bereits Ende Februar waren einige Bäume in der Nähe der Ruine gefällt worden, um den Abriss zu ermöglichen.

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Der „Brecher“ habe als Teil des Remagener Brückenkopfes symbolischen Wert, betonte Köwi-Fraktionschef Lutz Wagner mit Blick auf die Einnahme der Brücke von Remagen durch die Amerikaner im Zweiten Weltkrieg. Ob das im Krieg durch Beschuss beschädigte Gebäude bei diesem Ereignis tatsächlich eine Rolle gespielt hat, soll die Prüfung historischer Quellen jetzt zeigen.

„Fadenscheinige Gründe“

„Es kann nicht sein, dass so mit öffentlichen Geldern umgegangen wird“, sagte Günther Herr (CDU) verärgert, der selbst in Pleiserhohn lebt. Er forderte, die für den Abriss vorgesehenen Mittel stattdessen in die Verbesserung des örtlichen Nahverkehrs zu investieren. Die Gründe für den Abriss nannte er „fadenscheinig“.

Die Verwaltung des Rhein-Sieg-Kreises hatte erklärt, die Sicherheit des baufälligen Gebäudes nicht gewährleisten zu können. Wenn sich Menschen beim Herumklettern auf der frei zugänglichen Ruine verletzten, hafte der Kreis als Eigentümer, wie Kreisumweltdezernent Christoph Schwarz im Ausschuss erklärte: „Uns bleibt keine andere Möglichkeit, als abzureißen.“

Das Gebäude zu umzäunen sei aufgrund der aufwendigen Wartungsarbeiten keine Option, eine Sicherung durch ein Gitter komme aufgrund der schlechten Bausubstanz nicht in Betracht. Eine Chance gibt es aber, den „Brecher“ zu erhalten: Zum symbolischen Preis von einem Euro kann man die Ruine laut Schwarz kaufen.

Kritik an Informationspolitik

Viel Kritik gab es vor allem für die Art und Weise, in der „Chance 7“ über die geplanten Maßnahmen informiert hatte. „Erst nach der ersten Rodung wurden zwei kleine Infozettel an den Ästen befestigt“, berichtete Günther Herr.

Auf seiner Internetseite hatten sich die Verantwortlichen des Naturschutzprojektes vor wenigen Tagen erstmals öffentlich zu den Plänen geäußert, bei einem spontanen Ortstermin am Sonntag machten sich Anwohner und Politik selbst ein Bild. Seitdem hängen Plakate empörter Bürger am Steinbrecher. Knapp 300 Menschen haben bisher eine Online-Petition für den Erhalt des alten Steinbrechergebäudes im Eisbachtal unterschrieben, der mit #Brechibleibt mittlerweile sogar einen eigenen Hashtag hat. Auf den Webseiten der Initiative (www.brechi-bleibt.de) und des Projekts (www.chance7.org) gibt es weitere Informationen.

Der historische Hintergrund zum Steinbrecher

Zahlreiche Einschusslöcher von Panzergranaten, mit denen das alte Steinbrechergebäude im Eisbachtal übersät ist, geben Einblicke in die Vergangenheit des Bauwerks bei Pleiserhohn. Nachdem die Amerikaner am 7. März 1945 die Brücke bei Remagen überquert hatten, rückten deren Truppen zunehmend in den Siebengebirgsraum vor. Hier war unter anderem die 1st Infantry Division aktiv, die zuvor bereits Bonn eingenommen hatte und eine der ersten Divisionen an den Stränden der Normandie am D-Day war.

Am 21. März 1945 sollte ein Teil der Division in den sehr frühen Morgenstunden die Orte Pleiserhohn und Westerhausen einnehmen, während ein anderer Teil in Richtung der Dörfer Eisbach, Pützstück und Rübhausen ausgerückt war. In den Kampfberichten der 1st Infantry Division ist dokumentiert, dass die Amerikaner im ganzen Raum oberhalb des Pleisbachtals immer wieder auf Widerstand der Wehrmacht trafen. Nachdem die Truppen durch einen Angriff gepanzerter deutscher Einheiten zunächst aus Pleiserhohn herausgeworfen worden waren, konnte das Dorf durch einen größeren Angriff gegen 9 Uhr endgültig eingenommen werden. Parallel dazu griff eine weitere Einheit um 4.10 Uhr Eisbach an. Auch hier wurden die Truppen zunächst verdrängt und konnten das Dorf erst gegen 9 Uhr einnehmen. Im Zuge dieser Gefechte zwischen Amerikanern und Resten deutscher Einheiten kam es schließlich auch zu dem massiven Angriff auf den „Steinbrecher“. (mdh)