Prozess um Siegauen-VergewaltigungBeamte geben Einblick in das Grauen der Tatnacht
Bonn – Es war bereits nach Mitternacht. Das junge Paar, das in der Nacht zum 2. April 2017 in den Bonner Siegauen ihr Zelt aufgeschlagen hatte, hörte noch etwas Musik zum Einschlafen.
Ansonsten war es totenstill. Bis die beiden Studenten eine laute, aggressive Stimme hörten. Zunächst dachten sie noch, es könnte einer sein, der sich über das „wilde Zelten“ aufregen wollte, dann jedoch hörten sie das Reißen eines Stoffes, sahen wie eine Machete ihr Zelt aufschlitzte.
Von oben schaute – im Schein der Taschenlampe – ein schwarzes Gesicht auf sie herab und forderte die Studentin auf, rauszukommen: „You come out, bitch, I wanna fuck you“. Sie versuchten, ihn mit ihrem restlichen Geld (sechs Euro), auch mit einer Bluetooth-Box, zu besänftigen. Der Fremde mit der Waffe nahm beides – von der Frau wollte er dennoch nicht lassen. Schließlich zerrte er sie raus und vergewaltigte sie vor dem Zelt.
Polizisten berichten von der Tatnacht
Eine Ahnung von dem Grauen, das das Paar in der Nacht erlebt haben muss, gaben am Montag im Bonner Vergewaltigungsprozess gegen einen 31-jährigen Schwarzafrikaner zwei Bonner Kripobeamte. Sie hatten noch in der Nacht die beiden Camper vernommen. „Ich war sehr überrascht“, erinnerte sich die 37-jährige Polizistin. Die 23-jährige Studentin, obwohl gerade Opfer eines Verbrechens geworden, schien mir „glücklich, freudig, ja sogar gut gelaunt.“ Schnell jedoch sei ihr klar geworden: „Sie war nur glücklich, weil sie beide noch am Leben sind.“ In Wahrheit habe sie unter Schock gestanden.
Trotz Todesangst um sich und ihren Freund habe die 23-Jährige geistesgegenwärtig reagiert, als sie sich entschied, sich nicht zu wehren. So ergab sie sich dem „schwarzen Monster“, ihren Freund beschwor sie noch beim Verlassen des Zeltes, das Schweizer Messer stecken zu lassen und die Polizei zu rufen.
Schließlich flehte sie den Vergewaltiger an, sie beide nicht zu töten, wenn er fertig ist: „We want to stay alive“, soll sie gesagt haben. „Please leave us.“ Tatsächlich zog der Angeklagte sich an und verschwand in der Nacht.
Studentin zitternd zusammengebrochen
Nach der zweistündigen Vernehmung, so die Kripobeamtin, sei die Studentin regelrecht zusammengebrochen; als sie vom Schlimmsten erzählt hat, habe sie furchtbar gezittert. Ihr Freund, der parallel von einem 56-jährigen Kollegen vernommen wurde, berichtete von seiner Hilflosigkeit und quälte sich mit der Frage, ob er in dieser Nacht alles richtig gemacht habe. Zwar sei auch er „froh gewesen, dass er mit heiler Haut rausgekommen“ ist, aber seine Zweifel, so der Beamte, seien schwer nur zu besänftigen gewesen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der Angeklagte – immer noch, wie am ersten Verhandlungstag, an Händen und Füßen gefesselt – hörte sich die Zeugenaussagen gestern gelangweilt oder genervt an.
Ausgerastet war der Ghanaer, der nach eigenen Angaben aus seiner Heimat geflüchtet ist, weil er seinen Schwager erschlagen haben soll, nur zu Beginn des dritten Prozesstages: Er weigerte sich, den gynäkologischen Bericht von zwei Ärztinnen anzuhören, die in der Nacht noch Spuren der Vergewaltigung gesichert hatten. „Ich will diesen Nonsens nicht hören“, brüllte er auf Englisch. „Das ist alles Müll, Blödsinn. Bringt mir das Mädchen, das solche Sachen erzählt.“ Der Ghanaer wurde erst ruhig, als Kammervorsitzender Dr. Marc Eumann ihm drohte, ihn „unten in der Zelle zwischenzuparken, wenn er nicht endlich still ist“.
Die Opfer sollen in den nächsten Prozesstagen als Zeugen gehört werden. Nicht auszuschließen jedoch, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Bei der jungen Frau ist das sogar sicher. Es soll ihnen – sechs Monate nach dem Verbrechen – nicht gut gehen.