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Siegburg„Mit Fakten gegen Gerüchte vorgehen“ – Cavit Jusufi weiter auf der Flucht

Lesezeit 4 Minuten
Jusufi

Der verurteilte Straftäter Cavit J.

Rhein-Sieg-Kreis – Stefan Birk (47) ist Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg. Andrea Hauser sprach mit dem Polizeihauptkommissar über die Fahndung nach dem geflüchteten Straftäter Cavit Jusufi.

Stefan Birk

Seit Donnerstag läuft die Fahndung. Wurde die Suche ausgeweitet in benachbarte Städte oder Waldgebiete?

Natürlich sind hier auch Hinweise eingegangen, dass sich der Gesuchte in benachbarten Städten aufhalten könnte. Diese Hinweise haben wir durch die zuständigen Polizeidienststellen überprüfen lassen. Leider ohne den entsprechenden Erfolg.

Hubschrauber, Hundestaffel, Straßensperren – ab welchem Punkt wird eine Fahndung mit personellem Großaufgebot eingestellt?

Das ist sehr verschieden. Man kann das nicht pauschal sagen. Es hängt davon ab, wen man da eigentlich sucht. Über den tatsächlichen Aufwand und die Dauer eines solchen Großaufgebots an Einsatzkräften, Fahrzeugen, Wärmebildkameras oder aus der Luft wird in der Einsatzleitung entschieden. Es ist etwas anderes, ob ein Schwerstverbrecher gesucht wird, der eine akute Gefahr ist, ein entlaufender Einbrecher oder Dieb.

Wie geht es weiter, wenn der gewünschte Fahndungserfolg nicht eintritt?

Der Flüchtige ist weiter in der Fahndung und im polizeilichen Datenbestand zur Festnahme ausgeschrieben. Bekannte Kontaktadressen und Anlaufstellen bleiben im Fokus. Neuen Hinweisen zu Aufenthaltsorten oder zu Kontaktpersonen gehen wir weiterhin nach. Sollte der Entwichene irgendwo mit der Polizei oder einer anderen Behörde, die auf unseren Datenbestand zurückgreifen kann, zu tun haben, wird er festgenommen. Möglicherweise bei einer Verkehrskontrolle, am Flughafen bei einer Urlaubsreise, da ist vieles möglich.

Von wem kommen die Hinweise – und auf welchen Wegen?

Telefonisch, per Mail, manchmal kommen die Menschen auch direkt in eine Wache.

Hat sich eine solche Fahndung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verändert, etwa durch Social Media?

Natürlich setzten wir Monitoring ein, bislang jedoch nebenbei. Für die Zukunft planen wir, die sozialen Medien stärker für uns zu nutzen. Wir werden zwar nicht auf allen Kanälen präsent sein, das wäre nicht sinnvoll. Wir als Polizei wollen auf Social Media mit Fakten informieren, überzeugen und beruhigen. Fakten sind dabei als geprüfte Informationen zu verstehen und als solche belegbar. Eine, wie ich finde, gute Strategie gegen so manchen Blödsinn, der durchs Netz geistert.

Wie schätzen Sie den Rummel um den getürmten Strafgefangenen ein?

Die Geschwindigkeit der Social Media, in denen sich Informationen, aber auch viele Gerüchte und Unwahrheiten verbreiten, ist von der Polizei kaum einzuholen, praktisch unmöglich. Im konkreten Fall musste die Entscheidung getroffen werden: Ist eine Sofort-Information ohne gesicherte Fakten notwendig (siehe München und Berlin) oder ist der Sachverhalt so, dass die Information der Bevölkerung aus einer gesicherten Erkenntnislage heraus erfolgt? Am Donnerstag bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger. Daher erfolgten die offiziellen Informationen erst, als alle Infos belegbar waren. Ich kann nur appellieren, soviel Vertrauen in die Polizei zu haben, die offiziellen Informationen abzuwarten und keine Vermutungen oder Gerüchte ins Netz zu stellen. Damit ist niemandem geholfen und es trägt zu einer unangebrachten allgemeinen Verunsicherung bei.

Was waren die Besonderheiten der Fahndung in Siegburg?

Die Polizei hat hier gehandelt, wie sie es sonst auch tut. Jede Fahndung ist individuell und erfordert ihre eigenen taktischen Entscheidungen. Alle Kräfte waren bis spät in der Nacht im Einsatz, nahmen Spuren auf wie zum Beispiel am Capitol-Kino.

Warum kam das Fahndungsfoto erst am Freitag?

Bevor die Polizei ein Fahndungsfoto herausgibt, muss ein richterlicher Beschluss vorliegen. Das heißt, die Polizei wendet sich an die Staatsanwaltschaft und regt den Antrag an. Die wiederum prüft, denn es geht hier um einen massiven Eingriff in Persönlichkeitsrechte, auch in die der Familie und Angehörigen. In einem weiteren Schritt beantragt die Staatsanwaltschaft beim Gericht einen entsprechenden Beschluss. Geprüft wird dort, ob auch andere Mittel eingesetzt werden können, um den Geflohenen zu ergreifen. Ist das nicht der Fall, erteilen Richter den Beschluss. Im aktuellen Fall kam hinzu, dass dieses Verfahren zwischen zwei völlig verschiedenen Behörden, nämlich Polizei und Justizvollzugsanstalt, abzustimmen war. Wir hatten nicht die alleinige Pressehoheit.