Einkaufen in KönigswinterNeue Impulse durch Outlet Center

Das lndustrieareal von Hayes Lemmerz wäre die größte Parzelle des Outlets. Die Firma ist nur noch jenseits des Büroturms tätig.
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Königswinter – Das ganze Leben besteht nur aus Einkaufen. Dies zumindest könnten die Menschen glauben, die im Städtequadrat zwischen Troisdorf, Hennef, Bonn und Königswinter leben. Allerorten entstehen Galerien, Einkaufspassagen, Fachmarktzentren oder gar Shopping Malls.
Die neueste Idee rückt die Freude am Konsum noch mehr in den Vordergrund: Zu Füßen von Petersberg und Drachenfels soll am Rande der maroden Innenstadt von Königswinter ein Factory Outlet Center (FOC) entstehen. Nach dem Konzept erfolgreicher Vorbilder wie Roermond in den Niederlanden oder Maasmechelen in Belgien sollen so Millionen Besucher in die Stadt gelockt werden.
Die Idee stammt von Ulrich Nordhorn, der in dem Projekt gleichzeitig einen Masterplan für die Revitalisierung der Altstadt sieht. Wie der Geschäftsführer der in Köln beheimateten Retail Development Group betont, kann das FOC aber auch dem Tourismus neue Impulse geben – und zwar nicht nur für Königswinter selbst, sondern für die gesamte Region.
Tagesausflügler und Kreuzfahrer
„Wir können uns verschiedene Besuchergruppen vorstellen“, sagt Nordhorn im Gespräch mit dem „Rhein-Sieg-Anzeiger“. Diese umfassen Tagesausflügler, die bei einer Fahrzeit von bis zum 90 Minuten mit dem Auto oder dem Zug anreisen, um einen halben Tag mit Einkaufen und die restlichen Stunden auf dem Drachenfels oder mit einem Schiffsausflug auf dem Rhein zu verbringen.
Gleichzeitig aber hat Nordhorn auch die Passagiere von Schiffskreuzfahrten und Touristen im Blick, die Rheinromantik, Natur und die Bonner Kulturlandschaft miteinander kombinieren wollen. „Die schlafen dann im Hotel Kameha und fahren zum Shoppen und Wandern nach Königswinter.“
Nordhorn hat das Projekt vor Ort bereits umfangreich vorgestellt – zuletzt auch einer Gruppe von Entscheidungsträgern aus den Nachbarkommunen. Ob sich die Stadt auf den doch recht radikalen Wandel einlässt, ist noch nicht entschieden. Geht es nach Nordhorn und seinen Mitinvestoren, sollte der Weg für den Bau des Outlets jedoch noch in diesem Jahr geebnet werden. Erforderlich hierfür wären politische Mehrheiten im Planungsausschuss sowie im Stadtrat, die die Erteilung einer Baugenehmigung zur Folge haben. Sollte diese erteilt werden, könnte das Schnäppchenparadies in rund zwei Jahren eröffnen.
Eine gewisse Eile dabei ist aus Sicht der Geldgeber geboten, denn nicht nur in Königswinter existieren Pläne dieser Art: Auch in Montabaur und Remscheid werden Outlets konkurrierender Investoren bereits gebaut oder diskutiert. Hinzu kommt Bad Münstereifel, wo die komplette Altstadt zum Factory Outlet umgebaut wird.
Diese Aktivitäten zeigen laut Nordhorn deutlich, dass sich das Einkaufsverhalten der Menschen – mal wieder – ändert: „Die Leute wollen ein Erlebnis mit hoher Aufenthaltsqualität.“ Und mit ansprechender Architektur. Oder, um es andersherum auszudrücken: „Alle Neubauten überdachter Einkaufszentren mit den üblichen Ketten waren zuletzt nur noch Flops.“
Industriearchitektur
Aus diesem Grunde setzt Nordhorn in Königswinter auf eine architektonische Vielfalt mit Bezug zur Region: Auf dem südlichen Areal des Firmengeländes von Hayes-Lemmerz, will er den Bestand der vorhandenen Industriearchitektur nutzen oder stilistisch aufgreifen. Auf zwei weiteren Baufeldern, die sich südlich der Verbindungsstraße von Altstadt zu Petersberg befinden, käme das Luxussegment zum Tragen, das Gründerzeitelemente im rheinischen Stil aufgreift.
Während der Neubau des Huma in Sankt Augustin erhebliche Proteste aus den Nachbarkommunen hervorgerufen hat, halten sich die Verantwortlichen bezüglich des Königswinterer Projekts weitgehend bedeckt. Noch keinen eindeutigen Standpunkt zu dem Vorhaben etwa hat Jürgen Sturm, Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Trowista in Troisdorf, der zusammen mit Vertretern aus dem Rhein-Sieg-Kreis, dem Kreis Ahrweiler und der Stadt Bonn die Informationsveranstaltung eines regionalen Arbeitskreises besucht hat. „Mein Eindruck ist auch, dass die Stadt Königswinter noch keine klare Meinung hat, und die politische Diskussion noch läuft.“ Zudem solle erst ein Gutachten zeigen, wie sich das FOC auf die Region auswirkt. Und auch das sei lediglich ein „erster Aufschlag“.
Allerdings hält Sturm das Center für ein „sehr interessantes Projekt“, bei dem die Abstimmung der Kommunen untereinander sehr wichtig sei. Auch damit eine „Kannibalisierung“ vermieden wird. „Der Einzelhandel hat es sehr schwer“ gibt Sturm zu bedenken, vor allem mit Blick auf die Abwanderung von Umsätzen zu Internetanbietern. „Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben.“