Baumhotel in WindeckSchlafen in den Wipfeln – Ein Selbstversuch
- Für unsere Reporterin Cordula Orphal geht ein Kindheitstraum in Erfüllung.
- Schon in ihrer Jugend träumte sie davon, einmal in den Baumwipfeln zu schlafen.
- In Windeck-Schladern wagt sie in einem Baumhotel einen Selbstversuch und erzählt, was sie erlebt hat.
Windeck – Einmal in den Baumwipfeln schlafen – für Reporterin Cordula Orphal war das immer ein Kindheitstraum. Jetzt wagte sie in Windeck-Schladern den Selbstversuch.
Sonntagmorgens stromerten wir vier Geschwister oft mit Vater durch den Wald. Mutter kochte derweil in Ruhe das Mittagessen. Immer wieder ging der sehnsüchtige Blick von uns Großstadtkindern nach oben, in die Kronen. Ein Baumhaus mit einer Tür und Fensterluken, nur erreichbar durch eine Strickleiter, wie in einem Abenteuerbuch, davon träumten wir. Doch hatten wir nicht mal einen Schrebergarten.
Das Nötigste im Rucksack
Jetzt, mehr als 40 Jahre später, bin ich auf dem Weg zu einer hoffentlich traumhaften Nacht hoch droben. Mit Schlafanzug, Zahncreme und -bürste und Bratwürstchen und Löwensenftube im Rucksack. Mehr brauche ich wohl nicht.
Meine Wirtin, Irmelin Sloman, hat angekündigt: „Es ist alles da. Sogar ein Kühlschrank und ein Badezimmer.“ Infos gebe es im Internet.Allzu viel will ich gar nicht wissen, lasse mich lieber überraschen. Muss ich mich hochhangeln zum Einstieg? Wo kommt das Wasser her, wo fließt es ab? Hört man die Blätter rauschen? Und kann ein solches Luxus-Appartement überhaupt noch abenteuerlich sein?
Ankunft am Bahnhof Schladern. An der Eisdiele vorbei geht’s nach links und vor der Bahnunterführung rechts auf den asphaltierten Steiner Weg. Etwa 700 Meter sollen es sein bis zum Grundstück der Palms. Das wäre auch mit dem Auto erreichbar, doch nähere ich mich meinem Kindertraum lieber zu Fuß am Waldrand entlang, lasse ein größeres Haus, ein kleineres und ein Getreidefeld links liegen, schreite durch ein Törchen mit der Hausnummer 5 auf einem Kiesweg übers parkähnliche Areal.
Weit ausladend erstreckt sich das Baumhaus im Geäst eines riesigen Ahorns. Gestützt von dicken Holzbalken, am mächtigen, vier Meter dicken Stamm nur durch Stempel befestigt.
Keine Strickleiter, eine Treppe führt hinauf. Zweige winden sich durch die offenen Stufen und ums Gelände, Blätter rascheln, auch auf dem Balkon und sogar im Innern des Hauses. Sieben Fenster eröffnen den Blick auf die Burgruine Windeck, auf ein Gerstenfeld, den Wald, die Außensauna und den Schäferwagen, die zweite Urlaubsunterkunft. Das Haus der Palms liegt hinter hohen Büschen verborgen.
Genuss in der Abendsonne
Oben im Kühlschrank finden sich zwei kleine Flaschen Weißwein, unten beschirmt der Ahorn einen Essplatz mit Gasgrill. Mit Tellern und Gläsern die Stiege hinunter ist ein Balanceakt, der Genuss in der Abendsonne umso größer. Mücken und Fliegen surren umher, Vögel zwitschern, das Handy piept. Ab an die Steckdose neben dem Sicherungskasten am Stamm. Und zum Fußballgucken heute Abend muss ich keine Kneipe in Schladern suchen: Das Baumhaus hat tatsächlich WLAN, ich schaue im Schaukelsessel den Internetstream; Abenteuer ohne Verzicht.
Fürs gute Gewissen sorgen die Gastgeber: Die Wipfelschläfer werden mit Solar-Strom versorgt, Reinigungsmittel sind streng biologisch, das Frischwasser kommt aus einem Brunnen, Abwasser wird in einer Klein-Kläranlage durch Mikroorganismen gereinigt. Die können allerdings kein Fett verdauen, klären handgemalte Schildchen freundlich auf: „Bitte Essensreste mit einem Küchentuch abwischen und in den Müll werfen.“
Das Steinspülbecken ist klein und verlangt akrobatisches Geschick, der Badezuber eine gewisse Gelenkigkeit. Die Leitungen laufen am Stamm entlang, verborgen unter einer Rinden-Verkleidung.
Nachts höre ich Schnaufen: Offenbar wühlen Wildschweine auf dem Acker. Das Baumhaus klappert und schwankt: der Wind. Ich schlafe dennoch himmlisch und scheide am Morgen mit großem Bedauern.Ein Baumhaus, das ist und bleibt ein Traum. Aber ein Schaukelsessel passt in unser Reihenhausgärtchen.
Weitere Tipps zum ungewöhnlichen Übernachten finden Sie hier
Etwa 200 Ferien-Domizile gibt es im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, zumeist Pensionen, Hotels und Ferienwohnungen. Darunter sind einige ungewöhnliche Übernachtungsstätten, wie das vorgestellte Baumhaus in Windeck-Schladern; Preis ab 95 Euro pro Nacht zuzüglich Endreinigung.
Etwa zehn Kilometer entfernt, jenseits der Kreisgrenze in der oberbergischen Jugendherberge Panarbora, warten gleich sechs Wipfelappartements für zwei bis sechs Personen; ab 89 Euro pro Nacht für Mitglieder des Jugendherbergwerks, Aufschläge für Gäste, die älter sind als 27 Jahre, sowie bei nur einer Übernachtung. In Bonn betreibt das V-Hotel im Kottenforst Baumhäuser (ab 153 Euro).
Zwei transportable Fässer bietet der Campingplatz in Eitorf-Happach an. Die hölzernen Behausungen auf Rädern werden auf Wunsch der Gäste an den Lieblingsplatz versetzt, wenn dieser noch frei ist. Das kleinere Fass ist für zwei, das größere für vier Personen (ab 60 Euro pro Nacht inklusive Bettwäsche und Reinigung). Nichts für Kurzentschlossene, weil über Monate hinweg ausgebucht, informiert Anbieter Michael Halft.
In Schladern kann man auch in einem Schäferwagen nächtigen. Ganz in der Nähe, in Windeck-Dattenfeld, stehen direkt am Natursteig Sieg zwei Zirkuswagen der Familie Schrötter/Semmler, die jeweils Platz bis zu drei Personen bieten (ab 79 Euro pro Nacht zuzüglich Endreinigung). Das „Heuhotel“ in Windeck-Hurst existiert allerdings nicht mehr. (coh)