Die Kapelle ist schon entwidmetEvangelische Kirche verkauft ihre Gebäude in Stromberg
Windeck – Noch ist der Verkauf der Evangelischen Kapelle und des Gemeindehauses in Stromberg nicht amtlich besiegelt. Einen Notartermin gibt es noch nicht. Und dennoch hat die Kirchengemeinde in Herchen seit vergangenen Sonntag dort keine Predigtstätte mehr. Im Rahmen eines Gottesdienstes wurde die Jahrhunderte alte Kapelle entwidmet, die sakralen Geräte nach Herchen gebracht. Ortsmittelpunkt soll die kleine Kirche dennoch bleiben – wenn es geht sogar mit dem gewohnten Glockengeläut. So jedenfalls stellt sich das Marc Heise vor, der Kapelle und Gemeindehaus kaufen will.
Dass sich kleiner werdende Gemeinden nicht mehr alle Gebäude leisten können, gehört für die Evangelische Kirche im Rheinland seit Jahren zur Realität. „In den Jahren 2016 und 2017 sind elf beziehungsweise 20 Kirchen und gottesdienstlich genutzte Stätten in der rheinischen Kirche entwidmet worden. Vier beziehungsweise sechs wurden verkauft. Zahlen für die Jahre 2018 und 2019 habe ich noch nicht,“ berichtet der stellvertretende Pressesprecher in Düsseldorf, Wolfgang Beiderwieden. Im Schnitt würden 20 Stätten pro Jahr entwidmet.
Diskussionen seit zwölf Jahren
In Herchen werde über die Gebäude der Außenstelle Stromberg seit zwölf Jahren diskutiert, erklärt Pfarrerin Ulrike Ritgen. Damals habe die Landeskirche Einschnitte angekündigt. Schon 2009 sei das Pfarrhaus in Herchen verkauft worden. Anläufe, die Immobilienfrage in Stromberg zu lösen, habe es immer wieder gegeben. Auch die Idee eines Dorfhauses sei damals ins Gespräch gebracht worden, erinnert sich Ritgen.
2017 seien die Gespräche mit örtlichen Vereinen noch einmal aufgenommen worden. Da habe sich aber schnell gezeigt, dass das Geld für die dauerhafte Bewirtschaftung der beiden Gebäude nicht reiche. Niemand habe damals damit gerechnet, dass sich so schnell ein Käufer findet. „Andernorts hat der Verkauf von Kirchengebäuden 20 Jahre gedauert“, sagt Ritgen.
Froh ist die Pfarrerin, dass die Kapelle auch unter dem neuen Eigentümer Dorfmittelpunkt bleiben soll. Marc Heise, der gleich nebenan wohnt, möchte das Gemeindehaus zum Wohnhaus mit mehreren Einheiten umbauen. Die Kapelle will er fürs Dorf erhalten. „Das könnte so eine Art Bürgerhaus sein.“ Heise stellt aber eine Bedingung: „Die Kapelle muss mit Leben gefüllt werden.“
Eine Veranstaltung pro Jahr, zum Beispiel zu Weihnachten reicht dem potenziellen neuen Besitzer nicht aus. Ein regelmäßiges Samstagscafé für die Dorfbewohner sei aber ebenso möglich wie Abendveranstaltungen. „Dann kann ich mir das gut vorstellen. Wenn nix passiert, mache ich irgendwann etwas“, kündigt er an.
Dass der Verkauf der Stromberger Immobilien noch in diesem Jahr vollzogen wird, hält Pfarrerin Ritgen für eher unwahrscheinlich. Noch seien viele Fragen zu klären. Derzeit verhandele sie mit dem Denkmalschutz und der Landeskirche. „Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Herchen hat den Verkauf und die Folgenutzung der Kapelle in Stromberg bisher im Landeskirchenamt noch nicht beantragt“, erklärt Wolfgang Beiderwieden. Beantragt sei bislang die Entwidmung. Der habe die Landeskirche auch zugestimmt.
Glocke als Knackpunkt
Ein Knackpunkt ist offenbar die Glocke der alten Kapelle. Sie hat bisher morgens, mittags und abends zu den traditionellen Gebetszeiten geläutet. Marc Heise kann sich vorstellen, das fortzuführen. Bei säkularen Verkäufen sei es üblich, die Glocke auszubauen, weil deren Zweck, das Läuten zu Gebetszeiten und Gottesdiensten nicht mehr gegeben sei, erklärt Wolfgang Beiderwieden. Pfarrerin Ritgen berichtet von Gesprächen mit Kirchenleitung und Denkmalschützern. Sie weiß auch, dass den Strombergern ihre Glocke wichtig ist und hofft auf eine einvernehmliche Lösung.
Dass der Verkauf insbesondere der Kapelle an die Gemüter der Stromberger geht, weiß Werner Kuchheuser vom Verschönerungsverein. Er fühlt sich mit denen übergangen, die die beiden Gebäude als Begegnungszentrum und Dorfladen nutzen wollten. Ein Finanzierungskonzept sei gerade in Arbeit gewesen, als die Verkaufsanzeige erschien. „Das war nicht fair“, beschwert sich Kuchheuser. Im Stich gelassen fühlt er sich von der Gemeinde. Der ehemalige Bürgermeister Hans-Christian Lehmann habe sich nicht gekümmert. Die Stromberger hätten lange auf Fördergelder aus Düsseldorf gehofft „aber da muss die Gemeinde mitspielen. Jetzt ist es viel zu spät“, resümiert Werner Kuchheuser frustriert.