Zuhause auf ZeitVerein Mutabor hilft Kindern in schwieriger Situation
Eitorf – Mit einem 14-Jährigen fing alles an. Der Junge stand eines Nachts vor der Haustür seines Betreuers, eine Plastiktüte in der Hand. Seine Mutter hatte ihn rausgeworfen, und er wusste nicht, wohin.
Damals war für Jürgen Sellge, Gründer des noch jungen Jugendhilfeträgers Mutabor, klar: Ambulante Hilfe , wie er sie bis dahin in Kooperation mit den Jugendämtern angeboten hatte, ist nicht genug.
Feste Größe in der Region
Heute ist die gemeinnützige Gesellschaft mit Hauptsitz im Klösterchen an der Asbacher Straße eine feste Größe in der Jugendhilfe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Kinder, die nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können, bekommen durch Mutabor ein neues Zuhause.
Manche auf Zeit, manche für immer. Der Name soll dabei Programm sein: „Mutabor“ ist ein Zauberspruch aus dem Märchen „Kalif Storch“ von Wilhelm Hauff und bedeutet „Ich werde verwandelt werden“. Statt aus der Gesellschaft herauszufallen, soll den Kindern die Möglichkeit gegeben werden, sich gut zu entwickeln.
Die Bedürfnisse der Kinder sind ebenso unterschiedlich wie ihre individuellen Geschichten. Manche brauchen die enge Bindung einer Familie, manche müssen als Einzelkinder untergebracht und allein betreut werden. Wiederum andere leiden unter Bindungsstörungen und können nur in einer Gruppe leben, in der es die „professionelle Nähe“ speziell ausgebildeter Betreuer gibt, wie Sellge es beschreibt. Unter anderem in Käsberg leben sechs Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren in einem so betreuten Haus.
Vielschichtige Gründe
Die Gründe, warum Kinder ihren leiblichen Eltern weggenommen werden, seien vielfältig, schildert der 57-Jährige, doch eines ist immer gleich: „Sie sind traumatisiert, durch die Trennung von den Eltern und durch andere, belastende Erfahrungen.“ Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung – die Liste ist lang. Einen „Rucksack“ voll eigener Geschichte brächten die Kinder in ihre neuen Familien mit, sagt Sellge, selbst Vater von drei Kindern und zweifacher Großvater.
„Den packen sie dann nach und nach aus – und da ist so manche Überraschung dabei.“ Es sei wichtig, anzuerkennen, was das Kind erlebt hat. „Wir können die Kinder zwar aus der Familie nehmen, aber wir können nicht die ursprüngliche Familie aus den Kindern nehmen.“ In besonders schweren Fällen werden Kinder zu ihrem Schutz anonym untergebracht und vor ihren Eltern versteckt. Oft ist es eine Trennung auf Lebenszeit. Das Ziel von Mutabor und den Jugendämtern ist es aber, Kindern und Eltern wieder ein Zusammenleben zu ermöglichen.
Langer Weg zur Hilfe
Der Weg dorthin ist lang: Telefonate unter Supervision, von Fachkräften betreute Besuchskontakte einmal im Monat bis hin zu gemeinsamen Ferienfahrten mit Pädagogen und Sozialarbeitern. „Wir bereiten die Kinder, aber auch die Eltern auf die Begegnungen vor, die auch für sie sehr schwer sind. Sie kommen mit Riesentüten voller Süßigkeit, wollen damit sagen: Ich habe dich lieb.“ Das richtige Maß, die vorsichtige Annäherung, die Achtung von Grenzen müssen erlernt werden, dabei helfen die speziell geschulten Mitarbeiter.
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Das Wohl des Kindes sei der Maßstab, sagt der gelernte Erzieher, der nach einer Karriere in der Wirtschaft den Wunsch verspürte, Kindern in Notsituationen Hilfe, Halt und ein Zuhause zu schenken. „Ich habe selber so viel bekommen, ich hatte einen Überschuss im Geben.“ Die ersten Kinder, die Mutabor betreute, sind inzwischen erwachsen. Viele, erzählt Sellge, hielten den Kontakt bis heute.
„Es ist schön zu sehen, wie sie im Beruf zurechtkommen, eine eigene Familie gegründet haben“, sagt der Windecker. „Das sind einfach tolle Menschen. Mit einem schweren Schicksal, mit einem schweren Start, haben sie die Kraft und den Willen in sich gefunden, ihr Leben zu meistern.“