Er war ein Kind, als seine Schwester ermordet wurde. Und er wurde selbst zum Gewalttäter. Ein 36-jähriger aus Eitorf stand vor dem Amtsgericht.
Vor GerichtWie ein Eitorfer nach dem Mord an seiner Schwester selbst zum Gewalttäter wurde
Depressionen und Selbstmordgedanken begleiten ihn schon seit Jahren. In Krisensituationen aber wurde der 36-Jährige aggressiv gegen andere, mehr als einmal. Sein letztes Opfer: seine Lebensgefährtin. Sie wollte sich im Oktober 2022 von ihm trennen, es gab Streit, er würgte die 30-Jährige abends in der gemeinsamen Eitorfer Wohnung bis zur Bewusstlosigkeit, sperrte sie ein.
Erst am frühen Morgen schloss er die Tür auf, die Geschädigte ging ins Krankenhaus Eitorf. Als er dort ebenfalls auftauchte, offenbar ziemlich durch den Wind, ließ man ihn in die LVR-Klinik Bonn einweisen.
Einen Monat vor der Tat war der Eitorfer wegen eines ähnlichen Übergriffs verurteilt worden
Nur einen Monat zuvor war der Metallbauer wegen eines ähnlichen Übergriffs auf eine andere Frau verurteilt worden. Auch bei dieser Tat 2021 in Berlin hatte er Suizidgedanken geäußert – und der Partnerin die Schuld dafür zuschieben wollen.
Fast eineinhalb Jahre war er nach dem Gewaltausbruch in Eitorf in Behandlung, zunächst in der geschlossenen Abteilung, zwischendurch in der Tagesklinik, dann wieder auf sein Bestreben hin stationär im offenen Bereich. Dort sei er zu sich gekommen, habe sich seinen massiven psychischen Problemen, unter anderem eine Posttraumatische Belastungsstörung, genähert.
In der Therapie hat der Eitorfer an seinen Panikattacken und seiner Impulskontrolle gearbeitet
Richter Hauke Rudat fragte ihn nach dem Ursprung. Die Antwort des Angeklagten: „Als ich zehn Jahre alt war, ist meine Schwester ermordet worden.“ Bis heute habe er eine tief sitzende Angst vor dem Verlassenwerden. Mit Panikattacken könne er nun umgehen, habe an seiner Impulskontrolle gearbeitet. Psychotherapie, Verhaltenstherapie und Medikamente sollen ihm helfen, wieder ins Leben zurückzukehren.
Ein Anfang sei mit einer neuen Wohnung gemacht, nun wolle er mit Hilfe des Jobcenters nach drei Jahren Pause wieder in Arbeit, angestrebt sei das Hamburger Modell, eine Reha-Teilzeit-Maßnahme. Zu seinen beiden Kindern, die bei der Mutter lebten, habe er guten Kontakt, erklärte seine Bewährungshelferin, die ihm in der Hauptverhandlung ein rundum positives Zeugnis ausstellte.
Der bereits in der Jugend straffällig gewordene Eitorfer gestand auch die weiteren Anklagevorwürfe wegen Betrugs und Datenfälschung. Ende 2021 hatte er online eine Playstation angeboten, das Geld kassiert, aber die Waren nicht verschickt. Und Anfang 2022 im Internet Sachen auf den Namen seiner Schwester bestellt, die zu ihm nach Hause geliefert wurde.
Für die Betrugstaten erhielt er eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten, in die das Berliner Urteil (acht Monate) eingerechnet wurde. Sie könne wegen der positiven Sozialprognose zur Bewährung ausgesetzt werden, da waren sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und das Gericht einig.
Für die gefährliche Körperverletzung und die Freiheitsberaubung muss der 36-Jährige, der glaubwürdig Reue zeigte und mit seinem Geständnis den Geschädigten eine Aussage ersparte, ebenfalls nicht hinter Gitter. Richter Hauke Rudat verhängte für die mehr als zwei Jahre zurückliegenden Taten 16 Monate Haft auf Bewährung und sagte anerkennend: „Sie haben Tabula rasa gemacht und an Ihrem Leben gearbeitet.“ Auch das Opfer, eine Altenpflegerin, kam zu Wort. Der Angeklagte habe sich zwischenzeitlich entschuldigt, sie habe mit der Sache abgeschlossen.