Hobbyarchäologen in Windeck-DreiselDie Abenteuer der Heimatforscher

Auf den Mauerresten der Margarethenburg suchen Stefan Scheffels (r.) und Harald Patzke nach den Strukturen des früheren Gebäudes, von dem ein Kellerrest zeugt.
Copyright: Bilder: Rohrmoser-von Glasow Lizenz
Windeck – Deutlich erhebt sich oberhalb des Talgrunds ein wohl künstlich aufgeschütteter Hügel. Felsbrocken türmen sich übereinander, an einer Stelle ist eine Grube in dem Steinhaufen zu finden – Überreste der Margarethenburg. Die Böden der Felder und Wälder beiderseits der Sieg bergen noch so manches Geheimnis. Davon sind Harald Patzke und Stefan Scheffels überzeugt. Beide beschäftigen sich intensiv mit Heimatgeschichte. Sie bedienen sich unterschiedlicher Methoden, um Verdachtsmomente von Funden zu verifizieren. Zu ihrem Repertoire gehört die öffentlich zugängliche Bodenschummerungskarte, Bilder eines Radarverfahrens, bei dem die Vegetation ausgeblendet bleibt.
Sie untersuchen die politischen, geografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Historie. Patzke benutzt eine Wünschelrute, um Strukturen im Boden aufzuspüren. „Das ist aber immer nur ein erster Hinweis, den es anschließend zu belegen gilt“, sagt er. Vor allem aber machen die beiden eines: die Augen auf, bei Wanderungen und Expeditionen.
Mit Wünschelrute auf Entdeckungstour
Mit dem Bergbauspezialisten von der Grube Silberhardt, Patzke, und dem Geocacher und Stollenkenner, Scheffels, geht es auf Entdeckungstour. Startpunkt ist der alte Mitarbeiterparkplatz von Elmores, wo Patzke selbst noch gearbeitet hat. Bald schon der erste Zwischenstopp – eine Tür ist in der Felswand zu sehen. Dort beginnt ein Stollen durch den Berg. Er hat ganz sicher als Luftschutzkeller gedient. Eine weitere Vermutung ist der Anschluss an ein größeres Stollensystem, das sich bis zu einer Motte oben auf dem Felssporn ziehen könnte. Das ist die nächste Station. Patzke siedelt hier einen bewehrten Turm an. Ein Halsgraben, bei Burgen zur Verteidigung angelegt, wo keine Steilhänge sind, ist im Gelände gut zu erkennen.
Über einen kleinen Pfad durch den Wald gelangen wir auf einen ausgebauten Forstweg nach Dreisel. Nur wenige hundert Meter folgen wir ihm, dann zeigt Scheffels nach unten. Im Steilgelände ist ein Plateau auszumachen, weiter unten ein Hügel mit Gesteinshaufen – die Burg Huen oder Margarethenburg. Aus Erzählungen und Sagen ist sie bekannt. Ihre behauenen Steine sollen in Anbauten von Burg Mauel verwandt worden sein. Zu erahnen ist der Abgang in einen Keller. Vor wenigen Jahren hatte Scheffels einen Cache in einem Hohlraum versteckt.
Über das offensichtlich künstlich geschaffene Plateau debattieren die beiden Heimatforscher. Scheffels meint, dass hier ein Turm gestanden habe, der als Zollfeste über den Weg auf den Grengelsberg zwischen Mauel und Dreisel hinausragte. Patzke glaubt dagegen eher an einen Friedhof. Hangschutt belegt deutlich, dass hier Menschen Hand angelegt haben. Klein- und Eisenschlegel hebt der Bergwerkskenner auf, manganhaltige Steine deuten auf Bergbau hin.
Kleine, mit Trockenmauern angelegte Wege führen hinunter an die Sieg. Eine breite Trasse zieht sich am Ufer entlang, die sich ein Stück flussab weitet – ein kleines Fischerdorf hätte hier Platz gefunden. Zwei große Findlinge sind aufgerichtet, all das wirkt ungewöhnlich. Wir klettern den Steilhang hinauf und stoßen auf eine mit Drüsigem Springkraut zugewucherte Senke.
Die Geschichte Windecks neuschreiben
Auf der Schummerungskarte ist deutlich eine hufeisenförmige Vertiefung auszumachen – laut Patzke ein Tagebau, möglicherweise keltischen Ursprungs. Daneben ist eine Verdachtsfläche für eine Siedlung. Die Wünschelrute spricht jedenfalls an, im Untergrund sind deutliche Strukturen von Mauern erspürbar, so Patzke. Offensichtlich waren schon andere auf die Idee gekommen. Das Gelände ist von Grabungsspuren durchzogen.
Kurz vor Dreisel hat Anfang der 80er-Jahre die Archäologin Sabine Wirth in einer Notgrabung Funde aus der Latène-Zeit gemacht, 40 Jahre lang, so die Ergebnisse ihrer Forschung, lebten hier Kelten. Lesefunde des Dreiselers Werner Schmidt, der das 13 000 Jahre alte Werkzeug „Windecker Elch“ entdeckte, weisen auf die Besiedlung hin. Insgesamt dokumentiert die Wissenschaftlerin an neun Stellen Entdeckungen aus Zeiten etwa des ersten Jahrhunderts vor Christus. An diesem Dorf und dem oben am Berg vorbei zieht sich eine Struktur quer durch den Hang, die Patzke als eine breite, befestigte Straße interpretiert. Wenn sich das belegen ließe, müssten die Archäologen die Geschichte Windecks neu schreiben. Denn die bisherige Lehrmeinung, dass es Kelten hier kaum gegeben habe, ließe sich dann nicht mehr halten.