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Gedenkstätte in WindeckAusstellung „Landjuden an der Sieg“ öffnet mit neuem Konzept

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Kreisarchivarin Claudia Arndt steht in der neu konzipierten Dauerausstellung der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ des Rhein-Sieg-Kreises.

Kreisarchivarin Claudia Arndt steht in der neu konzipierten Dauerausstellung der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ des Rhein-Sieg-Kreises.

Acht Jahre lang war die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ wegen Renovierung geschlossen. Jetzt wird sie mit neu konzipierter Ausstellung eröffnet.

Noch ist an der einen oder anderen Ecke etwas zu tun: Einfache Glühbirnen müssen durch eine passende Beleuchtung ersetzt, letzte Informationsmaterialien für die Besucher erstellt und interaktive Medienstationen mit Content bestückt werden. Spätestens ab 28. August, wenn die Wiedereröffnung der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ des Rhein-Sieg-Kreises mit prominenten Gästen offiziell gefeiert wird, sollen sich das kleine Fachwerkhaus der jüdischen Familie Seligmann und die darin untergebrachte Dauerausstellung der Öffentlichkeit in neuem Glanz präsentieren, verspricht Kreisarchivarin Claudia Arndt.

Seit 2016 war die Gedenkstätte nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Lediglich das eigens erstellte Veranstaltungsgebäude direkt neben dem Fachwerkhaus konnte noch genutzt werden. Die Gedenkstätte selbst, ein Fachwerkhaus vom Anfang des 19. Jahrhunderts, musste wegen erheblicher Baumängel gesperrt werden. In dem zum Teil einsturzgefährdeten Objekt waren Balken wurmstichig, die Elektrik überaltert, der Putz bröckelte vielerorten und Brandschutz gab es nicht.

Sanierung der Gedenkstätte in Windeck kostete rund 250.000 Euro

Der Abschluss der Sanierungsarbeiten und damit die Wiedereröffnung der Dauerausstellungverzögerte sich immer wieder, nicht zuletzt, weil die Baukosten inflationsbedingt kräftig stiegen.  Wenn die Gedenkstätte jetzt Ende August wieder eröffnet wird, wurde nicht nur das Gebäude modernisiert. Auch die Dauerausstellung wurde stark überarbeitet und modernisiert. Mehr als eine Viertelmillion Euro hat sich die Gedenkstätte das kosten lassen. Bei der Inventarisierung der Exponate sei aufgefallen, dass viele gar nicht aus dem Besitz der Familie Seligmann stammten, berichtet Arndt. „Seinerzeit ist die Ausstellung um Dinge erweitert worden, die im Handel oder online hinzugekauft wurden,“ erklärt sie.

Vor dem Fachwerkhaus der Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" erinnert eine Infotafel an die von den Nationalsozialisten verfolgte jüdische Familie Seligmann.

Die Gedenkstätte ist im Fachwerkhaus der jüdischen Familie Seligmann in Windeck-Rosbach untergebracht.

Für das neue Ausstellungskonzept haben Arndt und ihre Mitarbeiterinnen viele Exponaten aussortiert. „Wir wollen jüdisches Leben in unserer Region am Beispiel der Familie Seligmann beschreiben, deshalb zeigen wir überwiegend nur noch Gegenstände, die tatsächlich mit der Familie zu tun haben“, schildert die Kreisarchivarin.

Besucher der Gedenkstätte erhalten Gelegenheit zum Austausch

Zu den Exponaten, die sie in die neue Ausstellung mitgenommen hat, gehören Kleiderbügel aus dem Modegeschäft der Familie Seligmann, die sie sogar auf die Flucht nach Argentinien mitgenommen haben, ein Chanukka-Leuchter, den die Familie genutzt hat, aber auch die mit einem „J“ versehene Kennkarte von Maximilian Seligmann und der gelbe sogenannte Judenstern, den er an seiner Kleidung tragen musste. Erhalten, aber überarbeitet, wurde der Schabbat-Tisch aus dem Wohnzimmer der Familie.

Neu sind großflächige Schlagworte auf den Wänden in allen Räumen, die den Besucherinnen und Besuchern Denkanstöße geben sollen. „Zuhause, Suchen, Kommen, Erinnern und gehen“ ist da zu lesen oder „Herkunft, Identität, Geburt, Verwandtschaft, Ahnen Ursprung“. Zum Anfassen sind großflächige Informationstafel zu Leben und Schicksal der einzelnen Familienmitglieder, die Geschichte im Wortsinn begreifbar machen sollen: Die Tafel sind beidseitig beschriftet, sie in die Hand zu nehmen und umzudrehen ist ausdrücklich erwünscht.

Neu ist auch eine Ecke mit Sitzsäcken und Hockern im Flur auf der ersten Etage. Hier sollen Besucherinnen und Besucher nach einer Führung noch sitzen und sich über das Gesehene austauschen können. „Früher haben wir die Besucher nach einer Führung einfach nach draußen verabschiedet, das wollten wir ändern“, sagt Arndt. „Künftig haben sie die Gelegenheit, die Ausstellung in Ruhe auf sich wirken zu lassen und noch vor Ort ihre Eindrücke zu verarbeiten.“