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Erfroren an der LandstraßeVor 50 Jahren wird in Much ein Kölner entführt und stirbt

Lesezeit 2 Minuten

Der Gedenkstein steht an der L 352. Seine Inschrift (kleines Bild) erinnert an Ulrich Nacken, der an dieser Stelle 1971 erfror.

Much – Der schlichte Stein an der Landesstraße 352 zwischen Feld und Wohlfahrt fällt Vorbeifahrenden kaum auf. Seit dem Sommer 2010 erinnert er an einen jungen Mann aus Köln, der dort am 2. Januar 1971 starb, also vor exakt 50 Jahren, weil ihm Autofahrer die Hilfe verweigerten.

In der Nacht auf den 2. Januar 1971 war der 18-jährige Ulrich Nacken in einer Disco gewesen. Drei Männer passten ihn ab. Das Trio hatte es auf seinen Wagen abgesehen. Auf einem Parkplatz zwangen sie den jungen Mann, in den Kofferraum seines Autos zusteigen.

Die Leiche von Ulrich Nacken wird in die Gerichtsmedizin gebracht, während sich die Spurensicherung an die Arbeit macht.

Nachdem einer der Täter noch in Köln aus dem Wagen gestiegen war, fuhren die beiden anderen mit dem 18-jährigen Ulrich Nacken ins Bergische Land bis zu dem Erlenhain an der Landstraße zwischen Much und Neunkirchen.

Ohne Kleidung an Baum gebunden

Bei minus zehn Grad musste sich Ulrich Nacken bis auf Socken und Unterhose ausziehen. Dann banden ihn die Täter an einen Baum und flüchteten. Zwar gelang es dem 18-Jährigen, sich von seinen Handfesseln zu befreien, nicht aber von den Fußfesseln.

Hüpfend schaffte er es durch den 40 Zentimeter hohen Schnee bis zur Hauptstraße. Aber der Autofahrer, der in dieser Nacht mit zwei Beifahrern die Stelle passierte, fuhr weiter. Ulrich Nacken erfror wenige Stunden später. Ein Milchwagenfahrer fand die Leiche am frühen Morgen.

Die Täter wurden kurze Zeit darauf festgenommen und wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Das Grab Ulrich Nackens auf dem Kölner Westfriedhof ist inzwischen eingeebnet worden. Die Eltern, die von dem Tod ihres Sohnes völlig aus der Bahn geworfen worden waren, sind inzwischen ebenfalls gestorben. Der Autofahrer und seine beiden Beifahrer, die an Ulrich Nacken vorbeigefahren waren, ohne ihm zu helfen, wurden später wegen unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen verurteilt.

Der Gedenkstein steht an der L 352. Seine Inschrift (kleines Bild) erinnert an Ulrich Nacken, der an dieser Stelle 1971 erfror.

Gedenkstein ist ein Appell zur Hilfeleistung

Die Gerichtsverhandlung gegen die drei Peiniger des 18-Jährigen ging als „Schneemord“-Prozess in die Geschichte ein. Die Gummersbacherin Bettina Szostak erfuhr wie viele andere aus der Zeitung von Nackens Schicksal. Es ließ sie nie mehr los, war sie doch selbst kurz zuvor Opfer unterlassener Hilfeleistung geworden.

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Szostak stiftete im Sommer 2010 den von der Künstlerin Ute Hölscher geschaffenen Gedenkstein. Zusammen mit Freunden und Verwandten weihte sie ihn am 58. Geburtstag Nackens, am 7. Juni 2010, ein. Bis heute soll er ein Appell sein, nicht wegzusehen, sondern zu helfen, wenn jemand in Not ist.