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HausspitzmausDie Karawane der Hausspitzmäuse

Lesezeit 3 Minuten

Spitzer Rüssel, ausgeprägte Ohrmuschel: Das macht den Insektenfresser erkennbar.

Rhein-Sieg-Kreis – Die Verwandtschaft von Mäusen und Spitzmäusen vergleicht Holger Sticht gern mit der von Giraffen und Affen: „Beide haben nichts miteinander zu tun“, sagt der Vorsitzende des Bündnisses Heideterrasse und stellvertretende NRW-Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Während Wühlmäuse wie Rötel- oder Feldmaus und Echte Mäuse wie die Hausmaus zu den Nagetieren zählen und sich ganz überwiegend pflanzlich ernähren, gehören Spitzmäuse (Soricidae) zur Ordnung der Insektenfresser. „Somit sind sie mit Maulwürfen und Igeln verwandt“, erklärt Sticht.

Die Spitzmaus-Familie umfasst weltweit mehr als 300 Arten. „In unserer Region kommen beispielsweise Schabracken-, Wald-, Zwerg- und die seltene Wasserspitzmaus vor, die alle zur Gattung den Rotzahnspitzmäuse zählen“, sagt Holger Sticht. Am besten zu beobachten sei die Hausspitzmaus (Crocidura russula), eine Weißzahnspitzmaus. „Sie ist von den übrigen heimischen Arten daran zu unterscheiden, dass ihre Ohrmuscheln sichtbar sind.“ Hausspitzmäuse werden bis zu acht Zentimeter lang, haben graubraunes Fell, kleine Augen und einen drei bis vier Zentimeter langen Schwanz. Ihr Kopf wirkt durch die rüsselartige Nase spitz.

„Hausspitzmäuse sind ursprünglich Bewohner offener und halboffener Lebensräume“, sagt Holger Sticht. Sie hätten sich von Südwesteuropa in Richtung Osten ausgebreitet. Bei uns lebe die Art meist in der Nähe menschlicher Siedlungen. „Die Tiere sind in Gärten und auf Bauernhöfen anzutreffen.“ Sie bauen ihre Nester beispielsweise in Gebüschen und in der Laubstreu. Beliebt sind auch Komposthaufen – wegen der Gärungswärme und der vielen Insekten, die sie dort finden. Bei der Jagd verlassen sie sich überwiegend auf ihr Gehör und ihren Geruchssinn.

„Im Winter nutzen Hausspitzmäuse Gebäude wie Schuppen und Scheunen als Unterschlupf“, so Sticht. Wer die Tierchen beobachten will, muss trotzdem Glück haben und genau hinschauen: „Sie sind vorwiegend nachtaktiv und ausgesprochen flink. Deshalb sind sie wissenschaftlich auch noch nicht besonders gut untersucht.“ Bekannt ist, dass Spitzmäuse vielen Beutegreifern nicht schmecken.

„Das liegt an den Duftdrüsen, mit denen die Spitzmäuse ihr Territorium markieren.“ Anders als Igel halten Spitzmäuse keinen Winterschlaf, sondern sind auch in dieser Zeit ständig auf der Suche nach Asseln, Larven, Schnecken, Würmern und Spinnen. „Sie haben einen sehr hohen Stoffwechsel und können sich längere Ruhephasen nicht leisten.“ Im Winter kann es – gerade wegen des hohen Bedarfs – zu Nahrungsengpässen kommen.

Wie Holger Sticht erzählt, leben Spitzmäuse in der Regel einzelgängerisch. „Die Weibchen sind mit ihren Jungen allerdings in Gruppen unterwegs.“ Und diese Familienverbände seien „durchaus kommunikativ. Sie geben hohe Quietschtöne von sich. Wer Spitzmäuse im Garten hat, kann sie also normalerweise hören.“ Spitzmäuse bringen zwei- bis viermal im Jahr bis zu zehn Junge zur Welt, die schon nach wenigen Wochen selbstständig werden.

Eine Besonderheit haben Haus- und andere Weißzahnspitzmäuse: Sie bilden Karawanen. Holger Sticht erklärt: „Wenn ein Nest aufgestöbert oder zerstört wird und die Familie umziehen muss, bilden Mutter und Jungtiere eine Reihe und das hintere Tier verbeißt sich jeweils in der Schwanzwurzel des vorderen.“ In dieser Formation zockeln sie dann zum nächsten Unterschlupf.