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100 Jahre HerchenbachVon Hennef aus werden Leichtbauhallen nach ganz Europa geliefert

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit Brille steht vor Aluminiumprofilen.

Die Firma Herchenbach verkauft und vermietet Leichtbauhallen in ganz Europa. Geschäftsführer Nektarios Apostologlou zeigt die Aluprofile aus dem Lager.

Das frühere Familienunternehmen wird 100 Jahre alt. Heute arbeiten hier rund 120 Menschen, der Jahresumsatz liegt bei 45 Millionen Euro.

Wer an der Löhestraße 6 vorbeifährt, wundert sich vielleicht, dass die Halle vor dem Verwaltungstrakt der Herchenbach Industrial buildings immer wieder anders aussieht. Doch wird hier nicht ständig neu begonnen, es ist die Trainingsanlage des Unternehmens, an dem Montageteams den reibungslosen Auf- und Abbau von Leichtbauhallen proben.

Die Rheinschiene bietet größere Chancen auf Fachkräfte

Von hier, aus dem Gewerbegebiet Hennef-West, liefert Herchenbach nach ganz Europa, ist nach eigenen Angaben Marktführer in Europa. Träger, Verbinder, Planen, Isolationspaneele - die operative Abwicklung läuft über die Löhestraße. Inzwischen gibt es neben dem rund 8000 Quadratmeter großen Gelände einen zweiten Standort an der Humperdinckstraße. Dort sitzen Geschäftsführung, Buchhaltung, Verwaltung.

Nektarios Apostologlou ist mit Till Bossert Geschäftsführer der bis 2008 noch von der Familie Herchenbach geleiteten Gesellschaft. „Die Nähe zum Bahnhof war uns wichtig“, betont der 42-Jährige das Bekenntnis zu Hennef. Autobahn, Eisenbahn und Flughafen sind in direkter Nähe, die Rheinschiene bietet zudem größere Chancen auf die Rekrutierung von Fachkräften als eine Fläche etwa im Schwarzwald, so Apostologlou.

Die Potenziale von Aluminium als Material erkannt

Das Unternehmen wurde 1924 von Heinrich Herchenbach gegründet, als lokale Tanz- und Festzelt-Vermietungsgesellschaft. In den 50er-Jahren kamen Stahlhallen dazu. Der Sohn des Firmengründers erkannte zudem die Potenziale von Aluminium als Material. Heute werden ausschließlich Leichtbauhallen daraus vermietet und verkauft.

Aluminiumprofile liegen auf einem Außengelände.

An der Löhestraße im Gewerbegebiet Hennef-West wird das Europageschäft abgewickelt.

Enkel Jürgen und seine Frau Anna trieben die Konzentration auf Hallen für den Industriebereich voran, das Festzelt ging aus dem Programm. Er entwickelte 2005 ein modulares Statiksystem aus Alu-Profilen und Stahlverbindern, das er sich patentieren ließ. Es ist die Grundlage für die heutige, dynamische Entwicklung, wie Apostologlou erklärt. Verkauf und Vermietung erhielten einen großen Schub.

2008 stieg die Familie aus, für sieben Jahre übernahmen Richard Sattler und sein Sohn Stefan. Durch Digitalisierung und die Erweiterung der Produktpalette hin zu mehrschiffigen Hallen stieg die Zahl der Aufträge und parallel die Mitarbeiterzahl. 2015 kam Bossert als Geschäftsführer, mit Tobias Raeber. Und 2019 kam Apostologlou als zweiter Mann, der zuvor schon zweieinhalb Jahre Vertriebsleiter war. Sie sind Eigentümer, erwarben 2020 auch das Areal an der Löhestraße.

Unsere Produkte sind wieder verwertbar und wieder aufbaubar.
Nektarios Apostologlou, Geschäftsführer Herchenbach Industrial Buildings

Heute ist Herchenbach zu 100 Prozent im Industriebau tätig. „Unsere Produkte sind wiederverwertbar und wiederaufbar“, beschreibt der 42-Jährige die Vorteile. Sie werden mit Baugenehmigung errichtet, sind also keine temporären Bauten für drei bis sechs Monate. Dadurch sind sie für die Dauernutzung ausgelegt. Die Lagerhalle an der Löhestraße mit ihren 3500 Quadratmetern steht seit 2008.

In einer Halle lagern Materialien.

Das eigene Lager für die Materialien ist natürlich eine Leichtbauhalle mit etwa 3500 Quadratmeter Fläche.

Auf zwei Säulen fußen Erfolg, Verkauf und Vermietung. „Wir haben derzeit 700 Hallen in der Vermietung“, so Apostologlou. Der deutsche Markt ist nach wie vor der stärkste, aber das Auslandsgeschäft, seit 2015 erst betrieben, wächst dynamischer. Die Hennefer sind in Großbritannien, Frankreich, Ungarn und seit dem Jubiläumsjahr zudem in Polen unterwegs. „Die Kunden haben Schwierigkeiten, langfristig zu planen“, weiß der 42-Jährige.

Eine Leichtbauhalle kann in drei bis sechs Monaten fertig sein

Die Zyklen würden immer kürzer. Als Beispiel nannte er Lager- und Produktionserfordernisse bei der Umstellung auf E-Mobilität. Oder ein schnelles Wachstum. Für ein festes Gebäude bedürfe es rund vier Jahre, mit einer Leichtbauhalle ist eine Lösung in drei bis sechs Monaten umsetzbar.

In einem Regal liegen unterschiedlich große Erdnägel.

Mit unterschiedlich großen Erdnägeln werden die Leichtbauhallen im Boden verankert, wenn sie nicht gedübelt werden können.

Eine Lagerhalle müsse nicht mehr für immer stehen, es gehe auch für zwölf bis 24 Monate. „Wir treffen durch die Kurzfristigkeit einen Nerv der Kunden. Etwa 500 neue Projekte werden im Jahr bearbeitet, also mehr als eine Halle am Tag“, beschrieb Apostologlou den derzeitigen Stand. Die Durchschnittshalle hat etwa 600 Quadratmeter, von 100 bis 13.000 Quadratmetern hat Herchenbach schon realisiert.

30 Teams sind in ganz Europa unterwegs

Das Unternehmen macht einen Jahresumsatz von rund 45 Millionen Euro, mit aktuell 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mehr als 30 Teams sind in ganz Europa unterwegs. Vier bis fünf Tage dauert der Aufbau durchschnittlich. Innerhalb von 14 Tagen nach Auftragsvergabe kann das Material auf dem Weg sein. Die Standardisierung erlaubt flexible Lösungen. Alle fünf Meter wird ein Rahmen mit unterschiedlich großen Profilen errichtet, je nach Bedarf.

In der Ecke eines Raumes steht ein großer Stahlverbinder für den Hallenbau.

Die Stahlverbinder sind Teil des von Jürgen Herchenbach patentierten Modulbaukastens.

Bis zu 6,40 Meter hoch ist die Standardhalle, es geht bis 8,40 Meter, bei einer Breite von bis zu 20 Metern. Das Dach wird mit Planen realisiert, das ist das leichteste Material, die Wände werden mit Iso-Paneelen hoch gezogen. „Hier in Hennef ist das eine wartungsfreie Halle, eine Heizung ist nicht nötig“, erklärte Apostologlou. Respekt hat er vor seinen Vorgängern: „100 Jahre relevant zu bleiben, das ist eine ganz andere Liga.“ In der will er spielen: „Herausforderung sind die kommenden 100 Jahre.“