Ehe für alle in Hennef„Ich kann jetzt einfach sagen: Das ist mein Mann“
Hennef – Ein tiefer Gong ertönt, die Akustik in der ehemaligen Klosterkirche Geistingen hält Töne wie diese sekundenlang in Schwingung. Ganz leise wird es im ehemaligen Gotteshaus der Redemptoristen.
Der Chor, rund 80 Sängerinnen und Sänger der „Musical Voices“, steht still, junge Eltern wiegen ihre Babys, erwartungsvoll blicken sich rund hundert Hochzeitsgäste um.
Zwei Frauen aus den ersten Reihen erheben sich, sanftes Klavierspiel begleitet die beiden auf ihrem Gang über den roten Teppich. Langsam schreiten die Mütter der künftigen Eheleute an den Gästen vorbei zum Eingangsportal, wo sie ihren beiden Kindern sagen, wie sehr sie sich freuen und dass sie sie lieben. Für die Lebenspartner ein Moment, der sich eingräbt und präsent bleibt in der Fülle der Erinnerungen.
Davon gibt es natürlich viele am „schönsten Tag“; aber nicht nur für sie und ihre Familien und Freunde hat ihre Eheschließung eine besondere Bedeutung. Denn nicht Mann und Frau, sondern zwei Männer haben zueinander „Ja“ gesagt.
Ronny (37) und Matthias Repp (43), geborener Priss, sind das erste schwule Paar Hennefs. Gleich doppelt gaben sich die beiden ihr Ja-Wort: als „eingetragene Lebenspartnerschaft“ am Samstag und als das erste homosexuelle Paar, das am Montag in Hennef offiziell heiratete.
Dass sie zusammengehören und das auch offiziell machen wollen, war beiden schon lange klar; als „eingetragene Lebenspartnerschaft“, die bislang einzige Möglichkeit. Fast ein Jahr lang bereiteten sich die Repps auf den „wichtigsten Tag“ vor; sie haben geplant, gestritten und entschieden, was für sie wichtig ist. Dann kam überraschend die Gesetzesänderung, die „Ehe für alle“.
An die Umsetzung der Reform des Paragrafen 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches hatten die beiden gar nicht geglaubt, „das hat uns völlig überrascht“. Seit gestern ist die Novelle in Kraft.
Die ersten am ersten Tag der neuen Zeitrechnung sein, das schwebte dem Paar vor: „Wir haben sofort nach dem Termin auf dem Standesamt gefragt“, erzählen die beiden, „wir wollten das unbedingt hinbekommen.“ Und tatsächlich: Sie sind die letzten, die in Hennef eine „eingetragene Partnerschaft“ eingehen. Und die ersten, die nur zwei Tage später, am Montagvormittag um 11 Uhr, die Ehe schließen.
Bei der Hochzeitsmesse in der Klosterkirche im Oktober vergangenen Jahres hatten sich die beiden bereits über Trends informiert. Schon da war klar: Einen Brautstrauß wird es nicht geben, „es gibt schließlich auch keine Braut“, so Matthias Repp. Der 43-jährige Mediengestalter und examinierte Altenpfleger hat seine berufliche Heimat in der Betreuung von Demenzerkrankten gefunden. Kollegen schenkten ihm bereits ein Namensschild mit seinem neuen Nachnamen „Repp“, „das war großartig“.
Was bedeutet den beiden die offizielle Eheschließung? „Ich kann jetzt einfach sagen: Das ist mein Mann“, erklärte Matthias. Das Ringen um die richtige Bezeichnung sei vorbei. Außerdem, zu sagen: Darf ich vorstellen, das ist mein „eingetragener Lebenspartner“ – das klinge staubig, umständlich und bürokratisch.
Die eingetragene Partnerschaft war für die beiden ein erster Schritt, andererseits fühlten sich gleichgeschlechtliche Paare gerade dadurch stigmatisiert. Ute Casper nahm die besonderen Umstände als solche wahr, vor allem mit durchaus angebrachtem Humor. Noch nie zuvor, sagte die Standesbeamtin vor den Gästen in der Klosterkirche, sei eine von ihr begleitete Lebenspartnerschaft so berechenbar gewesen. Zwei Tage nämlich, „dann ist schon Schluss, das ist sicher“. Denn dann kam der Schritt ins Neuland.
Das Brautpaar leitete daraus ein persönliches Motto ab: Die letzten werden die ersten sein. Casper war es auch, vor der sich die beiden im historischen Ratssaal gestern das Ja-Wort gaben und ihrer Aufforderung „Sie dürfen sich jetzt küssen“ gerne folgten.