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Erster Biogärtner der RegionHelmut Hüsgen aus Hennef will schnell die Welt retten

Lesezeit 4 Minuten

Der Bioland-Pionier Helmut Hüsgen lebt noch in seinem eigenen Haus und arbeitet an einem Buch.

  1. Helmut Hüsgen, der erste Biogärtner der Region, wird am Sonntag 100 Jahre alt.
  2. 60 Jahre Öko-Anbau, 40 Jahre Gärtnerei und Hofladen, 20 Jahre Lieferservice, das gehört zu seinem Lebenswerk.
  3. Bereits vor 50 Jahren warnte er vor dem Klimawandel.

Hennef – „Ich muss mir über mein Leben Rechenschaft ablegen.“ Mit wachem Geist blickt Dr. Helmut Hüsgen zurück auf 100 Jahre. Am Sonntag feiert er dieses besondere Fest im Kreise seiner Familie. Sieben von acht Kindern leben noch, 23 Enkel werden ebenso mit ihrem Anhang kommen, dazu ein Urenkel.

Noch immer denkt er über viele Fragen nach: „In einem Garten Eden, in dem sich die einzelnen Glieder wie in einem naturgemäßen Garten koexistent verhalten, ist alles in allem, ohne ausgrenzende Koexistenz, ohne ausgrenzende Konkurrenz, in einer umfassenden Liebe miteinander verbunden. Was verbraucht wird, wird im Kreislauf des Lebens immer wieder erneuert.“ So beginnt er die Vision eines Junggebliebenen. „Ich kann noch nicht sterben, weil die Welt noch nicht gerettet habe“, bemerkt er schmunzelnd.

Vor 50 Jahren bereits vor Klimawandel gewarnt

Hüsgen hat eine biologisch-organische Gemüsegärtnerei im Kreis aufgebaut, als es noch keine Vertriebsstruktur gab. Vor 50 Jahren warnte er bereits vor den Gefahren des Klimawandels und bekam dafür viel Gegenwind. Die Leute hielten ihn für einen Spinner. 1970 begann er mit seinen Forschungen am Energieversorgungs- und Entsorgungskreislauf für ein künftiges Biohaus.

Das Biohaus wurde 1980 fertiggestellt, mit autarker Energieversorgung und aus natürlichen Rohstoffen.

1959 hatte er in Süchterscheid drei Morgen Land gekauft, das „Hungerkühlchen“. Der Hafer wuchs dort nur bis zu den Knien. Unbeirrt begann Hüsgen damit, die Qualität zu verbessern, setzte Würmer ein, nutzte den Gartenschnitt der Würmer. Und tatsächlich gelang es ihm, Anbauerfolge zu erzielen. Nicht immer zur Freude seiner Kinder, bedeuteten seine unkonventionellen Ideen für seine Frau und die Kinder doch mehr Arbeit, wenig Anerkennung, viel Spott und Häme, vor allem in den 70er und 80er Jahren.

Heute führen Tochter und Söhne das Werk fort: „Der Logik, dass nur eine ökologische Gesellschaft und Wirtschaft auf Dauer Bestand haben kann, können wir uns nicht verschließen“, schreiben sie in ihrem Monatsbrief für den Februar. Damals, 1973, hatte Hüsgen die alte Grundschule in eine Kindertagesstätte umgewandelt, als Elterninitiative. „Die CDU und die Kirche haben mich mit allen Mitteln bekämpft“, erinnert er sich.

Beeindruckendes Lebenswerk

60 Jahre Öko-Anbau, 40 Jahre Gärtnerei und Hofladen, 20 Jahre Lieferservice, das gehört zu seinem Lebenswerk. Sein Biohaus wurde 1980 fertiggestellt. Natürliche Rohstoffe und autarke Selbstversorgung waren die Themen. Wind- und Sonnenenergie wurden genutzt, eine Schilf- und Binsen-Kläranlage reinigte die Abwässer, das Regenwasser wurde aufbereitet, die Lebensmittelversorgung kam aus dem Garten.

Zur Person

Helmut Hüsgen wurde am 23. Februar 1920 in Mönchengladbach geboren. Als Soldat im Russland-Feldzug erlitt er zweimal Kriegsverletzungen. Der gelernte Gärtner studierte nach dem Zweiten Weltkrieg in Bonn und wurde Diplom-Landwirt. Seine Dissertation hatte den Titel „Von Einsatzmöglichkeiten der Selbst- und Nachbarschaftshilfe in halbländlichen Siedlungsvorhaben“.

An der Berufsschule Bonn arbeitete er als Landwirtschaftslehrer. 1980 gründet er die „Gesellschaft zur Förderung ökologischer Lebensweise“., 1983 eröffnete er die „Ökologische Bildungsstätte“, 1991 die „Akademie Naturgemäß Gärtnern und Wohnen“. 1988 bis 1991 hatte er den Landes- und Bundesvorsitz der „Arbeitsgemeinschaft für Naturnahen Obst-, Gemüse- und Feldfruchtanbau“ (ANOG) inne, die inzwischen mit dem Anbauverband „Naturland“ fusioniert ist.

1990 war er Mitbegründer und Geschäftsführer im Aufsichtsrat Ökomarkt-Genossenschaft in Köln. Seit 1989 hat er mehrere Bücher veröffentlicht. (rvg)

Die biologisch-organische Gemüsegärtnerei war ein Novum. Heute hat sie 2200 Quadratmeter Gewächshausfläche und zehn Hektar Freilandfläche, inzwischen auch auf Lößflächen. „Ich bin verrückt“, gibt er freimütig zu. Glücklich ist er, dass er immer noch in seinem 1959 gebauten Haus leben kann, wo der den ganzen Tag die Sonne hat, mit Betreuung und der Familie drum herum. „Ich geh’ dir auf die Nerven, bis ich tot bin“, verspricht er seinem Sohn Tillmann, dem Landwirt im Betrieb.

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Derzeit arbeitet Helmut Hüsgen an einem Buch. Er ist überzeugt, dass sich jeder Haushalt mit der Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff selbst mit Energie versorgen kann. Und er hat sich beim christlichen Partnerschaftsdienst angemeldet, er sucht nämlich noch eine Frau.

Warum er so alt geworden ist? „Der Herr gibt es den Seinen im Schlaf“, glaubt er. Und er ist nach wie vor Vegetarier, isst nur die guten, eigenen Bioprodukte.