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Gespräche in der NaturGemeinsame Trauerwanderung in Hennef

Lesezeit 3 Minuten

Gundel Rombo (l.) und Hedi Schumacher (2.v.l.) vom „Lebenskreis“ hatten die Trauerwanderung vorbereitet. Fotos: Rohrmoser-von Glasow

Hennef – „Ich fühle mich wohl und gut aufgehoben“, Lilli freute sich schon auf die zehn Kilometer lange Runde. Sie war mit zwölf anderen Teilnehmern zur Trauerwanderung des „Lebenskreis“, des Hospizvereins für ambulante Sterbe- und Trauerbegleitung Hennef, zum Treffpunkt an der Gaststätte „Sieglinde“ gekommen. „Wenn Engel reisen“, kommentierte Hedi Schumacher das ideale Wetter für die Tour. Sie war eine der vier Ehrenamtlerinnen, die die Gruppe begleiteten. Gemeinsam mit Gundel Rombo hatte sie die Strecke ausgearbeitet. Spontan hatten sie den Weg noch umgelegt, um nicht auf Siegburger Stadtgebiet laufen zu müssen und gingen so den dortigen Corona-Auflagen aus dem Weg.

Zwei bis drei Mal im Jahr treffen sich trauernde Menschen, erklärte Christiane Bock, hauptamtliche Koordinatorin beim „Lebenskreis“, um ein Stück des Trauerwegs gemeinsam zu gehen, wortwörtlich. „Sie können ins Gespräch kommen und sich austauschen mit anderen, die in einer ähnlichen Situation sind“, so Bock. Nach der Überquerung der Fußgängerbrücke gab es den ersten Stopp, die Wanderer stellten sich kurz vor. Das war ein sehr dichter Moment, deutlich spürbar war der Schmerz, der einige, auch nach Jahren noch, bedrückt. Sie haben Kinder oder den Partner verloren, manche erst vor Wochen, bei anderen ist es Jahre her.

Neue und alte Hasen

„Es wird sehr gerne angenommen“, wusste Bock zu berichten. „Wir haben einige Stammgäste, aber auch etliche Neue heute dabei.“ Die vier Ehrenamtlerinnen, alle ausgebildete Trauerbegleiterinnen, bieten sich während der Wanderung als Gesprächspartnerinnen an. Schumacher bestritt zudem einen der beiden besinnlichen Stopps, die unterwegs gemacht werden. Sie hatte Texte ausgesucht, die sie vortrug, Gedichte einer 100-Jährigen. Sehr still waren die Wanderer, ließen sich auf die Zeilen ein. „Das gibt mir was“, meinte Lilli.

Auch einige Neue waren dieses Mal mit dabei, um ein Stück des Trauerweges wortwörtlich gemeinsam zu gehen.

Rombo übernahm den zweiten Teil, eine Achtsamkeitsmeditation, die die Gruppe fast wie eine Andacht annahm. Es ging darum, zur Ruhe zu kommen, einen Moment inne zu halten. „Manchmal kommen ganz tiefe Gespräche zustande, manchmal aber auch nicht“, erinnerte sich Schumacher. Trauergespräche gebe es natürlich auch, wichtig ist nur, dass alles im Kreis der Beteiligten bleibt. Darauf verständigten sich am Anfang alle.

Heilkraft der Natur

Die Bewegung im Freien ist wichtig, eine echte Wanderung, kein Spaziergang. „Natur kann auch heilen, wie beim Trauerweg geht es mal rauf, mal runter, mal ist es schön, mal nicht so schön“, erklärte Schumacher. Die meisten kennen sich aus dem Trauercafé, einem regelmäßigen Treff. Ganz besonders ist die Geschichte von Renate und Wolfgang, die vor etwa vier Jahren beide ihre Partner nach langen Krankheiten verloren haben. Immer wieder haben sie nebeneinander gesessen, heute sind sie ein Paar und waren auch schon drei Mal mit wandern. „Wir sehen vertraute Menschen wieder, die Gespräche sind interessant“, sagten sie.

„Wir können erleben, wie die Leute sich entwickelt haben“, meinte Christa, seit rund sechs Jahren immer wieder gerne dabei, „und wir sehen: Es gibt doch ein Leben nach dem Tod eines engen Partners.“ Das Angebot des „Lebenskreis“ schätzt sie: „Die geben sich unheimlich viel Mühe und haben Verständnis.“ An diesem Sonntag fällt nur eins aus: das gemeinsame Kaffeetrinken nach der Wanderung. Corona macht auch vor der Trauerbewältigung nicht Halt.