Der Hennefer Künstlertreff hat sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Der „Sitz der Deutschen“ von Lukas Bohr irritierte in der Ausstellung.
„Kunst nimm(t) Platz“Hennefer Künstlertreff stellt fragwürdige Installation aus
„Kunst nimm(t) Platz“. Der selbstbewusste Titel der Aktionen zum zehnjährigen Bestehen versprach viel Raum für Interpretationen. Einerseits klang er wie eine Einladung zum Sitzen und Betrachten, andererseits aber auch wie das berechtigte Anliegen der Kunst auf den Raum in der Gesellschaft – das erklärte Ulrike Biermann, Gründerin des Hennefer Künstlertreffs, bei der Jubiläumsausstellung in der Meys Fabrik.
22 Künstlerinnen und Künstler hatten sich dem „Kunstfest 10+3“ angeschlossen und ihre Arbeiten der Öffentlichkeit präsentiert. Die Corona-Pandemie hatte eine Feier zum zehnjährigen Bestehen vereitelt; die dreijährige Verspätung tat der Kreativität indes keinen Abbruch. So hatte die Gruppe, die sich als offenes Angebot versteht und ohne Vereinsstatus auskommt, bereits Tage zuvor bunte, kunstvoll gestaltete Stühle auf dem Markt aufgestellt und so freundlich und witzig für sich geworben.
Kunstinstallation „Sitz der Deutschen“ mit homophoben und sexistischen Aussagen ausgestellt
Wer das Spektakel verpasst hat, konnte die Objekte ebenso wie zahlreiche Gemälde in der Meys Fabrik inspizieren. Besucher schlenderten durch den Saal, ließen Bilder auf sich wirken, informierten sich über an den Werken befestigten QR-Codes über und deren Intention.
Ein Stuhl, Kniebänkchen, Rahmen und Holzgitter, ein Spiegel samt Beleuchtung und ein wenig Stahlwolle — wer den Hennefer und glühenden Freund dadaistischer Perspektiven Umberto Brentano kennt, ahnt, worum es geht. Übers Büßerbänkchen jedoch geht Brentano weit hinaus. Er titelt: „narzisstische Installation zur Erforschung des Gewissens“. Der Künstler lieferte die Anleitung vom Niederknien bis zur Wiedergewinnung der Großartigkeit des Kandidaten gleich mit.
Dagegen gehörte die Installation „Sitz der Deutschen“ von Lukas Bohr in die Kategorie Fehlgriff. „EU-Scheinparlament“, „Oppositionsächtung“ und „Hofbericht-Journalismus“ sowie „Schuld-Geld“ und „Über-Besiedlung“. Wer sich den mit Fähnchen und Frakturschrift versehenen Stuhl genauer ansah, stieß auf wissenschaftsfeindliche, homophobe, sexistische und antidemokratische Aussagen.
Hennefer Künstlergruppe besteht aus rund hundert kreativen Köpfen
Im Begleitbuch war eine kritische Auseinandersetzung nicht auszumachen. „Es gibt keine Regeln, alle können kommen“, sagte Biermann über die Gruppe und meinte damit wohl kaum den bösen Patzer.
Angefangen hatte für den Künstlertreff alles mit einer Anzeige. Lydia Möller, Lehrerin für orientalischen Tanz, war die erste, die sich meldete. Inzwischen kommt die Gruppe auf etwa 100 Köpfe aus diversen Kunstgattungen. Im Hennefer Europark Hotel fand Ende 2010 die erste Ausstellung statt.
Bereits ein Jahr später stellten 13 Künstlerinnen und Künstler beim ersten Kunstfest aus, und in den folgenden Jahren sorgten Aktionen wie „Kunst im Glashaus“ im ehemaligen Laden „Blumen Schmitz“, Lesungen sowie Ausstellungen im Atelier „Kunstraum 5“ und die regelmäßigen Treffen in der Gaststätte „Jaja“ für Aufmerksamkeit.