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Poetry SlamWortakrobaten kämpfen um den Hennefer Griffel

Lesezeit 2 Minuten
Ein Mann steht am Mikrofon, er hält ein Blatt Papier in der Hand.

Thorsten Braun erzählte vom Osterdeko-Kauf für seine Frau. Überzeugen konnte er das Publikum damit nicht.

Der Hennefer Griffel ist die höchste Auszeichnung, die Poetry Slammerinnen und Slammer in der Stadt an der Sieg gewinnen können.

Der Hennefer Griffel ist die höchste Auszeichnung, die Poetry Slammerinnen und Slammer in der Stadt an der Sieg gewinnen können. Die Liste der Bewerbungen ist lang, doch nur acht Poetinnen und Poeten schafften es am Freitagabend ins „Jaja“, wo der Griffel zum 9. Mal vergeben wurde.

Die Regeln waren denkbar einfach: Fünf Minuten hatte jeder und jede Teilnehmende Zeit, jedwede Art von Text vorzutragen, ob Lyrik, Kurzgeschichte oder Prosa. Das Publikum stimmte per Handzeichen ab, die beiden Gewinner der Vorrunde treten mit einem zweiten Text im Finale an.

Moderator Julius Esser hatte eine Schreibwerkstatt an Gesamtschule Meiersheide in Hennef geleitet

Moderator Julius Esser, deutschlandweit als Poetry Slammer unterwegs, leitete den Wettbewerb mit zwei eigenen Texten ein, ehe er an die Kontrahentinnen und Kontrahent übergab. Esser hatte am Vortag eine Schreibwerkstatt an Gesamtschule Meiersheide abgehalten, auch einige Schülerinnen und Schüler präsentierten außer Konkurrenz ihr Können.

Diejenigen, die wiederum um den Griffel rangen, setzten auf erzählerische Texte voller Anekdoten. So etwa Lukas Schmidt, der von seinem Alltag als Erzieher berichtete. „16.30 Uhr: Die letzten Kinder werden abgeholt. Ich bin völlig erschöpft, mein Pulli hat irgendwo einen Glitzerfleck und ich habe immer noch die letzte Windel in der Nase“, liest er. „Doch als Emma mir zum Abschied eines ihrer Bilder gibt und sagt: ,Das bist du, weil du der Beste bist', dann weiß ich, warum ich diesen Job gemacht habe.“

Die Konkurrenz war groß: Hennefer Griffel 2024 ging an Ruth Hirsch

Thorsten Braun erzählte von der Suche nach der perfekten Osterdeko. „Als die Holde das liebevoll zusammengestellte Ensemble erblickte, hüpfte sie fröhlich zu ihrem Ehegatten und versah ihn mit einem zärtlichen Kuss. Ein einfach gestrickter Mann hätte glücklich sein können. Aber unser Freund war mit einem scharfen Verstand gesegnet. So hatte sich schnell das Gefühl eines Zweifels im Hirn verbissen.“

Über Lebensqualität sinnierte Jan-Niklas Koch. Eine Steigerung dessen könne schon durch gutes Brot erreicht werden. „Meine Lebensqualität liegt irgendwo zwischen krachenden Krusten und saftigen frischen Krumen. Irgendwo zwischen luftigen Poren und einer ausgeprägten Säure-Aromatik.“ Damit sprengte er zwar den Zeitrahmen, doch Moderator Julius Esser ließ es ihm durchgehen. Für den Sieg reichten ihre Texte dennoch nicht: Der Hennefer Griffel 2024 ging an Ruth Hirsch.

Sie war mit einem Werk über eingebildete Krankheiten, mit dem sie sich als Mitglied im „Klub der anonymen Hypochonder“ outete, mit 46 Stimmen als Beste der Vorrunde ins Finale eingezogen. Mit einem Text, der davon handelte, wie ihr Denken dem Handeln vorauseilt, entschied sie den Wettstreit für sich.