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Rotkäppchen-StreitSekt-Kellerei wollte Marke von Hennefer Hilfsverein löschen lassen

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Johannes Radschinski beim Ausliefern einer Obstkäppchen-Tüte an einen Senioren. (Archivbild)

Hennef – Woran denken Sie beim Begriff Obstkäppchen? Richtig: An die Märchenfigur Rotkäppchen, ein liebes Mädchen, das der Großmutter Essen bringt, vom Wolf gefressen, aber gerettet wird. Weniger märchenhaft mutet ein Rechtsstreit an, der den kleinen Seniorenhilfsverein Obstkäppchen in den vergangenen Monaten Sorgen machte. Die große Rotkäppchen-Sektkellerei wollte die Marke Obstkäppchen löschen lassen. Argument: Die Verwechslungsgefahr sei zu groß.

„Wer verwechselt denn eine soziale Initiative mit einem Sekthersteller?“, fragt sich Johannes Radschinski, einer der drei Obstkäppchen-Gründer. Für den Verein, der 2017 die ersten frischen Lebensmittel zu älteren, bedürftigen Menschen in Hennef brachte, stand eine Menge auf dem Spiel. Denn die Idee der jungen Leute hatte mittlerweile Kreise gezogen, ist bis ins Siebengebirge und nach Köln expandiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.

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Der Seniorenhilfsverein Obstkäppchen liefert frische Lebensmittel an Seniorinnen und Senioren.

Das lag zum einen sicherlich an den „Nebenwirkungen“ der mit Liebe und Sachverstand eines Ernährungsberaters gepackten Tüten: Bei den monatlichen Begegnungen der vielen, jungen Boten mit den älteren Empfängern geht es auch um Aufmerksamkeit, um Erzählen und Zuhören, um Zuneigung. Zwischen den Generationen entstanden Freundschaften.

Rotkäppchen-Sekt legt Widerspruch gegen Marke Obstkäppchen ein

Die eingängige, originelle Vereinsbezeichnung half sicherlich dabei, dass der kleine Kreis schnell wuchs und sich einen Namen machte. Der Schritt, Obstkäppchen beim Deutschen Patent- und Markenamt einzutragen, rief indes die traditionsreiche Kellerei aus Freyburg in Sachsen-Anhalt auf den Plan. Rotkäppchen-Sekt legte Widerspruch ein gegen die Marke Obstkäppchen: „das hätten wir auch verstanden, wenn wir Obstschnäpse verkaufen wollten“, sagt Radschinski, Inhaber einer Werbe- und Veranstaltungsagentur in Hennef, der das Ganze gar nicht prickelnd fand. „Aber so?“

David gegen Goliath

Der skurrile Markennamen-Streit zwischen Rotkäppchen und Obstkäppchen ist nicht erste Fall aus der Region. Zwei Jahre stritten sich das Bonner Café Apfelkind und der Weltkonzern Apple. Anstoß des Streits war das Logo des Cafés, ein roter Apfel mit einem Kindergesicht in der Mitte. Café-Inhaberin Christin Römer hatte es sich 2011 beim deutschen Markenamt schützen lassen, verkaufte auch Tassen und Lampen mit dem Äpfelchen. Apple legte Widerspruch ein, zog diesen aber im Oktober 2013 zurück. (seb)

Nun sollte guter Rat nicht teuer sein, denn die Initiative finanziert sich vor allem durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Glücklicherweise sprang eine Anwaltskanzlei dem Verein pro bono bei, also ohne Honorar, um das Ehrenamt zu unterstützen.

Etliche Schreiben gingen mehr als ein Jahr zwischen Sieg und Saale hin und her, Rotkäppchen lenkte zwischenzeitlich zwar mündlich ein und sagte zu, den Widerspruch zurückzunehmen, gab sich aber schriftlich weiterhin stur.

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Bis, ja bis tausende Unterstützer den Hilferuf der Obstkäppchen, von Mitgründerin Carina Raddatz eindringlich formuliert, in den sozialen Medien teilten. Das sei wunderbar und wohl entscheidend gewesen, meint Radschinski: „Das Firmen-Image geriet in Gefahr.“ Das bundesweit bekannte Unternehmen lenkte ein. Aufatmen 416 Kilometer weiter westlich.

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Was hat Rottkäppchen mit Obstkäppchen zu tun? Ein Video erklärt es.

David siegte mal wieder gegen Goliath. Keine schlechte Story für die Obstkäppchen, die offensiv die Multi-Media-Kanäle bespielen – übrigens auch mit einem Youtube-Video in Scherenschnitt-Technik: mit Rotkäppchen, zahlreichen Großmüttern und dem bösen Wolf.