Hupkonzert aus DankbarkeitNotlösung wird zum Event
Much – Veranstaltungen, in denen die Zuschauer in ihren Autos sitzen bleiben, sind eigentlich ein Relikt des Pandemie-Jahres 2020, hat man doch mittlerweile andere Möglichkeiten gefunden, kontaktlos Kultur zu erleben. Doch die Macher von Much Marketing ließen das Autokino auf dem alten Sportplatz nach der Premiere im Vorjahr auch in diesem Sommer wieder aufleben. Hunderte Besucher sahen am Freitag und Samstag durch ihre Windschutzscheiben spannende Filme auf einer riesigen Leinwand.
Um 21.45 Uhr, bei Einbruch der Dunkelheit, greift Bürgermeister Norbert Büscher zum Mikrofon. Seine Stimme ertönt nicht über Lautsprecher, sondern aus den Autoradios, über die die Besucher den Ton empfangen. „Wer mich hören kann, soll laut hupen“, sagt Büscher. Ein lautes Hupkonzert hallt daraufhin über den alten Sportplatz an der B 56.
„Das ist auch ein Zeichen des Danks an die Ehrenamtler, die sich hier einbringen“, sagt Büscher nicht ohne Stolz. Die Autokino-Idee sei im vorigen Jahr ein Kind der Not gewesen. „Aufgrund der starken Resonanz haben wir uns entschieden, es in diesem Jahr wieder als Auftakt für den Mucher Sommer anzubieten.“ Erneut habe Much Marketing dafür mit Westenergie zusammengearbeitet, das die Autokinos in ganz Deutschland organisiert.
EM-Aus als Vorteil
„Letztes Jahr waren wir noch ein wenig unsicher, wie viele Leute kommen würden, dieses Jahr war das ein Selbstläufer. Uns spielt in die Karten, dass Deutschland bei der EM ausgeschieden ist, sonst wären viel weniger Leute gekommen“, sagt Büscher am Samstag. Zu sehen gibt es am Freitag „Immer Ärger mit Grandpa“ und „Neues aus der Welt“, wo Helena Zengel an der Seite von Tom Hanks spielt. „Der Film am Freitag war eine Komödie, da waren viele Familien mit ihren Kindern da“, sagt Büscher. Die Auswahl der Streifen habe der Marketingverein im Internet abstimmen lassen.
Der Eintrittspreis liegt bei acht Euro pro Person und wird einem sozialen Projekt gespendet. Einen Nachteil durch die Wiedereröffnung der gewöhnlichen Kinos sieht Büscher nicht: „Bei uns überwiegt der Event-Charakter, gerade in einem kleinen Ort wie Much ist sowas etwas Besonderes“, sagt er.
Fast Tradition
Eine dritte Auflage des Autokinos über die Pandemie hinaus kann sich Bürgermeister Norbert Büscher gut vorstellen: „Wie sagt man im Rheinland: Ab dem zweiten Mal ist es Tradition. Wir müssten gucken, ob West-Energie diese Aktion in den kommenden Jahren weite anbietet. Wenn wir das Autokino als Gemeinde planen, muss der Sportplatz auch wirklich voll werden, sonst ist das finanzielle Risiko zu groß.“ (mfu)
Reihe für Reihe stehen die Autos nun vor der riesigen, aufblasbaren Leinwand: Acht mal 16 Meter ist sie groß. Rund 100 Meter dahinter, dort, wo einmal der Mittelkreis des Fußballplatzes war, steht das Herzstück des temporären Autokinos: Der Projektor mit einer 6000 Watt starken Lampe. „Die muss natürlich richtig hell sein und kommt bei Dämmerung besser zur Geltung. Die starke Bewölkung spielt uns da in die Karten“, sagt Michael Woll von der Eventagentur Eventec, die für die technische Abwicklung des Autokinos zuständig ist.
Auf dem Dach des Anhängers ist eine Antenne angebracht, die den Ton an die Autoradios der Besucher sendet. „Das Signal ist natürlich ganz schwach, bis zum Kreisel unten in Much kann man es noch hören“, sagt Büscher schmunzelnd.
Für mache ist es das erste Mal Autokino
Auf Popcorn müssen die Besucher nicht verzichten. Einige haben sich aber auch selbst etwas mitgebracht, so wie Linda Manz und Sonja Pettke aus Gummersbach. Auf dem Rücksitz ihres Wagens steht ein wahrer Fresskorb mit Schokonüssen und Nachos. „Da ich in 37 Jahren noch nie im Autokino war, wollten wir die Möglichkeit jetzt mal nutzen. Da macht es auch nichts, dass ich den Film schon auf Netflix gesehen habe“, sagt Manz. „Im Autokino stört auch kein Sitznachbar, der Popcorn in sich reinstopft!“
Vorne in der ersten Reihe hat es sich Familie Schulte aus Much gemütlich gemacht. Sohn Jonah sitzt mit seinem Freund Tobias im Zweitwagen. „Wir sind mit zwei Autos gekommen, von der Rückbank sieht man ja nicht so viel“, sagen die Eltern Michael und Andrea. Sie seien schon 2020 dabei gewesen. Auch sie haben sich mit Salzstangen und Süßigkeiten eingedeckt: „Verhungern werden wir nicht.“