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Mehr als 500 MalWarum Catherine Eschweiler jeden Tag auf den Drachenfels in Königswinter läuft

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau mit Hund neben zwei orange-roten Skulpturen, im Hintergrund die Ruine der Drachenburg.

Catherine Eschweiler mit ihrem Hund „Emma“ auf dem Drachenfels, dem Zielpunkt ihres täglichen Trainings.

Catherine Eschweiler läuft seit Wochen jeden Tag auf den Drachenfels. Insgesamt plant sie das mehr als 500 Mal. Der Hintergrund ist eine ernste Angelegenheit.

Catherine Eschweiler läuft seit mehreren Wochen jeden Tag auf den Drachenfels, den „Hausberg der Region“, wie sie ihn nennt. Von Rhöndorf aus geht es durch den Wald und über teilweise sehr steile und manchmal rutschige Wege auf das Plateau. „Ich laufe jeden Tag“, betont die 43-Jährige und ergänzt: „Das ist nicht immer cool, das ist auch mal Mist.“

Warum also tut sie sich das an? Die Mutter von zwei Söhnen trainiert für eine etwa 570 Kilometer lange Wanderung, die sie ab Mitte August nächsten Jahres von München nach Venedig führen soll. Das seien 20.000 Höhenmeter in vier Wochen.

Die Natur hat mir das Leben gerettet.
Catherine Eschweiler, Gesundheitsberaterin.

Es geht ihr beim Training am Drachenfels über jeweils rund 600 Höhenmeter aber gerade gar nicht so sehr um die körperliche Fitness, „die kommt unterwegs“. Es geht der 43-Jährigen vor allem um die mentale Stärke. Beim Bewegen in der Natur bekommt sie sozusagen den Kopf frei. Oder vielleicht muss man besser von der Seele sprechen. „Die Natur“, so bringt Catherine Eschweiler ihre ganz persönlichen Erfahrungen auf den Punkt, „hat mir das Leben gerettet.“

Als sie vor einigen Jahren psychisch erkrankte, unter Burnout litt, Ängste hatte und Panikattacken bekam, fand sie in der Bewegung in der Natur ihre, wenn man so will, Therapieform. Damals wanderte sie zwei Wochen von Oberstdorf nach Meran durch die Alpen, und dabei hätten sich in der Natur „viele Fragen aufgelöst“. Sie habe während des Laufens zu neuer Stärke gefunden, sagt sie.

Inzwischen ist die studierte Grafik-Designerin nach einer Umschulung vor drei Jahren als Gesundheitsberaterin, Coach und Entspannungstrainerin tätig. Auf ihrer Homepage schreibt sie: „Heute coache ich nicht nur in geschützten Räumen, sondern nutze die heilende Kraft der Natur, um Menschen zu helfen, ihre eigenen inneren Blockaden zu lösen.“

Psychische Erkrankungen beträfen alle Gesellschaftsschichten und Menschen jeden Alters, betont Catherine Eschweiler, in deren eigener Familie es auch Fälle gegeben habe. Rund 30 Prozent der über 18-Jährigen in Deutschland gäben an, dass sie an Depressionen, Angststörungen, Essstörungen oder Zwangsstörungen litten. Selbst Jugendliche steckten heute in einem Hamsterrad, litten in der Schule teils unter Mobbing.

Spendenlauf zugunsten des Vereins „Irsinnig Menschlich“

Von „unsichtbaren Krankheiten“ spricht die Drachenfelsläuferin, die oft übersehen oder sogar ganz verschwiegen würden. Um dagegen etwas zu unternehmen und um für das Thema zu sensibilisieren, plant sie ihre Vier-Wochen-Tour über die Alpen, die schon seit 20 Jahren ein Traum von ihr sei, als Spendenlauf.

Über Crowdfunding will sie Geld sammeln für den Verein „Irrsinnig Menschlich“, der seinen Sitz in Leipzig hat und vor allem jungen Menschen helfen will, die an psychischen Erkrankungen leiden. Dabei geht es unter anderem darum, die Not möglichst früh zu erkennen und Unterstützung anzunehmen.

Catherine Eschweiler kann sich vorstellen, in Bad Honnef beziehungsweise in der Region eine Dependance oder einen Ableger von „Irrsinnig Menschlich“ ins Leben zu rufen. Denn mit ihrer Initiative rund um den Spendenlauf, dem sie den Namen „you walk for health“ gegeben hat, will die 43-Jährige auch Aufklärungsarbeit und Prävention leisten.

Die Gesellschaft müsse einen stärkeren Blick auf die Probleme psychischer Erkrankungen werfen. „Hey, schaut hin!“, fordert Catherine Eschweiler. Andererseits müssten Betroffene in einer Therapie mitarbeiten. „Durch Täler muss man durch“, sagt die Bad Honneferin, man könne nicht um Probleme herum gehen. „Und man muss bereit sein Hilfe anzunehmen. Hilfe gibt es immer.“

Nach rund 600 Höhenmetern sehen Probleme oft ganz anders aus

Wichtig aus ihrer Sicht ist dabei eben die Bewegung im Freien. Nach rund 600 Höhenmetern „sieht dein Problem anders aus“, heißt es in einem ihrer kurzen Videos (Reel), die sie nach oder während ihrer Drachenfelsbesteigungen regelmäßig auf ihrem Instagramkanal postet (@lebeliebeatme).

Am Tag des Gespräches mit der Redaktion dieser Zeitung hat die Gesundheitsberaterin aus Bad Honnef übrigens noch mehr als 530 Trainingstage vor sich, an denen sie auf den 321 Meter hohen „Hausberg der Region“ laufen will, um für ihre große Tour ab August 2026 mental fit zu werden. Das Training ist nicht immer eine reine Freude, denn: „Der Drachenfels ist auch fies. Manchmal zwickt er einen und manchmal beißt er einen.“