36 Künstlerinnen und Künstler machten mit beim 18. wet painting in Königswinter. Ihre Werke können demnächst ersteigert werden.
Wet paintingKünstler in Königswinter waren selbst gespannt auf ihre Werke
„Eigentlich“, sagte die Künstlerin Annette Predeek (Remagen), „male ich allein.“ Da sei es schon ungewohnt, sich bei der Arbeit über die Schultern schauen zu lassen. Aber „wir sind gerne hier“, betonte die Malerin auch im Namen ihrer Kollegin Sigrid Schmitz (Königswinter). Beide hatten am Sonntag im Innenhof von Haus Bachem ihre Malutensilien ausgebreitet.
Die Frauen waren zwei von 36 Künstlerinnen und Künstlern, die am 18. wet painting in Königswinter teilnahmen. Von Schloss Drachenburg bis runter an den Rhein ließen die Kunstschaffenden an verschiedenen Stationen Open Air ihre Werke entstehen. In knapp zwei Wochen können sie ersteigert werden.
Den ganzen Arbeitsprozess in Königswinter auf Instagram übertragen
„Wir beide haben schon im Haus Bachem ausgestellt“, berichtete Annette Predeek, die in ihren eher abstrakten Arbeiten auch Materialien wie Steinstaub von alten Ziegeln oder Rost von Fundstücken verarbeitet zu einer Art Collage. Dagegen malt Sigrid Schmitz mit Pastellfarben und Acryl eher realistisch. Eine gute Stunde nach dem Start des wet painting ist schon der Kopf eines Esels zu erkennen. „Sie kann wirklich malen“, lobte Predeek ihre Kollegin.
Nicht weit von den Frauen entfernt hatte es sich Björn Schmitz (Königswinter) auf einer Bank bequem gemacht. Er ist eigentlich 3D-Artist und Konzeptdesigner, malte aber gestern mit Aquarellfarben ein Landschaftsbild, das später als Vorlage für ein 3D-Werk dienen kann.
Den ganzen Arbeitsprozess übertrug er live auf Instagram; sein Smartphone stand auf einem Stativ schräg hinter ihm. Das müsse man heute so machen, betont der gebürtige Königswinterer, der schon mehrfach am wet painting teilgenommen hat und begeister ist von der Region: „Ich liebe den Rhein über alles.“
Währenddessen arbeitete Klaus-Dieter Grobel an einem Schriftbild: An einer mit chinesischer Reibekreide entstandenen Landschaft, in der man den Drachenfels erahnen konnte, schrieb er in feinster Schrift das Gedicht von Lord Byron „The castled crag of Drachenfels“, das den sagenumwobenen Felsen einst in der Welt berühmt gemacht hatte.
Sehr viel bunter ging es bei Jörg Wagner (Bonn) zu, der seine auf Leinwand gebannte Streetart als „spontan, wild und provokativ“ beschrieb. Er habe zu Beginn eine „ungefähre Idee im Kopf“, was er mit Acrylfarben sowie Kreide- und Lackmarkern schaffen will, aber „der Rest entwickelt sich“. Dass auch ihm die Menschen bei der Arbeit über die Schultern schauten, war für ihn kein Problem, wie er betonte.
Das war bei Edith Dellgrün ein bisschen anders. Die Künstlerin aus Lohmar stand vor dem ehemaligen Sealife und kam schnell mit vielen Menschen ins Gespräch über ihre Kunst. „Kommunikation mag ich“, stellte sie klar, „aber eigentlich male ich für mich“.
Künstlerin Sharon Harkness-Dobler lässt sich immer von der Gegen inspirieren
Auch der begrenzte Zeitraum – am Nachmittag mussten die Arbeiten aller Künstler fertig sein – war ungewohnt. „Ich male sonst mehrere Wochen an Bildern“, sagte die Lohmarerin, die vor dem Sealife ein abstraktes Werk entstehen ließ und nach eigenem Bekunden selbst ganz gespannt war, was die vielen Gespräche und der ständige Input mit ihrer Kunst macht.
„Ich weiß nie, was kommt, es ist immer eine Überraschung“, erklärte auch Sharon Harkness-Dobler (Kördorf), die vor dem überdachten Eingang des Rathauses einen Tisch aufgebaut hatte und an einem abstrakten Werk arbeitete. „Es ist noch ein bisschen zu tun“, sagte sie gegen Mittag, aber man konnte als Betrachter eine Hügelkette und einen Turm ausmachen. Siebengebirge und Drachenfels? Sie lasse sich immer von der Gegend inspirieren, sagte Harkness-Dobler, die früher in Ittenbach und Unkel lebte und jetzt aus der Nähe von Limburg anreiste.
Nicht mit einem Pinsel, sondern mit dem Finger trug Jana Carstensen (Bad Honnef) die Acrylfarben auf ihre große Leinwand auf, die sie an eine der Bänke auf dem Marktplatz gelehnt hatte. Sie selbst kniete auf dem Boden, die bunten Farben vor sich. Ihr Landschaftsbild zeigte mal nicht den Rhein oder das Siebengebirge, sondern die Flensburger Förde mit dänischer Natur im Hintergrund. Die Landschafts- und Porträtmalerin stammt aus Glücksburg.
Unterdessen kamen am Sonntag in der Drachenfelsstadt auch die Bürger und Besucher auf ihre Kosten, die es weniger mit der bildenden Kunst, sondern mehr mit der Musik haben: An fünf Standorten spielten den Tag über verschiedene Musiker und Bands, Linus Grün hatte das Straßenmusikfestival im Rahmen des Königssommers auf die Beine gestellt.
Gute Akustik vor dem ehemaligen Rheinhotel Loreley in Königswinter
Zwar habe es kurzfristig noch Absagen unter anderem wegen Corona gegeben, dafür hätten sich aber spontan andere Musiker gemeldet, so Grün. Annabelle & Joy beispielsweise saßen mit ihren Gitarren in der Fußgängerzone vor dem ehemaligen Zera-Gebäude und kündigten „deutschen Blues mit frechen und lustigen Texten“ an.
Eine ausgesprochen gute Akustik konnte derweil das Tommy Geller Duo nutzen: Es spielte am Mittag an der Rheinallee unter dem Balkon des einstmals prächtigen Rheinhotel Loreley. Das Café Bonjour gleich daneben wolle, so Linus Grün, auch wegen der Akustik an dieser Stelle regelmäßig Musik anbieten.
Versteigerung
Die beim wet painting entstandenen Werke der mehr als 30 Künstler sind von Freitag, 19. Juli, bis Samstag, 27. Juli, im ehemaligen Sealife-Gebäude (Rheinallee 8) ausgestellt. Geöffnet ist die Ausstellung jeweils freitags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Am Sonntag, 28. Juli, steht die Versteigerung an: Laut Ankündigung der Stadt findet von 11 bis 14 Uhr eine Vorauswahl der Arbeiten bei Livemusik statt; zudem werden die Bieternummern vergeben. Ab 15 Uhr werden die Kunstwerke im Haus Bachem (Drachenfelsstraße 6) meistbietend versteigert. Der Erlös geht zu 100 Prozent an die Künstlerinnen und Künstler. (csc)