Der Tierfriedhof in Königswinter ist einer von 120 in Deutschland. Was ein Grab kostet – und was Tierbesitzer zu diesem Schritt bewegt.
Hunderte Euro ein GrabTierfriedhof Königswinter bietet letzte Ruhestätte für Vierbeiner
Ricarda Jankowski läuft über ihren Friedhof. Sie bleibt an einem Grab stehen, betrachtet den Grabstein: Hier ruht Nuki, ein Papagei. 59 Jahre und 8 Monate alt ist er geworden, auch seine ursprünglichen Besitzer sind längst tot. „Das Ehepaar hatte den Vogel für seine Söhne gekauft. Die haben sich dann auch bis zu seinem Tod um ihn gekümmert und wollten ihn hier würdevoll beerdigen“, sagt Jankowski.
Einige Meter weiter sitzt eine Frau am Grab ihres Hundes, pflanzt Blumen und jätet Unkraut. Auf den Gräbern nebenan blühen Pflanzen, LED-Kerzen leuchten. Neben Vögeln liegen auf dem Bönnschenhof Hunde, Katzen, Kaninchen, aber auch Geckos und eine Schildkröte.
Der Tierfriedhof in Königswinter ist einer von rund 120 Stück in Deutschland. Der Bundesverband der Tierbestatter schätzt den jährlichen Umsatz rund um die Tierbestattung auf 16 bis 20 Millionen Euro – Tendenz steigend. Eine Beisetzung in einem 60 x 100 Zentimeter großen Grab kostet laut Verband durchschnittlich 125 Euro. Hinzu kommen noch Kosten für die Liegezeit des Grabes sowie für die Urne oder den Kartonage-Sarg. Wer sein Tier vor der Bestattung einäschern lassen möchte, muss für eine Katze oder einen kleinen Hund mit zusätzlich rund 200 bis 300 Euro rechnen.
Auch Ricarda Jankowski hat Jahr für Jahr mehr zu tun. Als sie vor 20 Jahren den Tierfriedhof zusammen mit ihrer Schwester eröffnete, haben sie im ersten Jahr acht Tiere bestattet. Heute sind es jährlich zwischen 80 und 100 Stück.
Tierfriedhof in Königswinter ist seit der Eröffnung 2003 Familienprojekt
Kein Wunder, denn viele Tierbesitzer möchten ihre treuen Begleiter nicht im eigenen Garten beerdigen, geschweige denn, dass viele gar keinen eigenen Garten haben. „Sie möchten es nicht riskieren, aus Versehen über das Grab zu laufen oder können es nicht ertragen, jeden Tag mit dem Verlust konfrontiert zu sein“, sagt Jankowski. Hinzu kommt, dass es beim Tod eines Tieres schnell gehen muss. „Die meisten Tierbesitzer setzen sich erst dann mit dem Tod des Tieres auseinander, wenn er eintritt. Und dann entsteht eben auch Überforderung“, sagt Jankowski.
Seit der Eröffnung im Jahr 2003 ist die Ruhestätte ein Familienprojekt, Ruhetage gibt es keine. Entweder bringen die Besitzer die Tiere oder Familie Jankowski holt sie ab, bis nach Norddeutschland sind sie sogar schon gefahren. Ein Blindenhund war dort im Urlaub überraschend verstorben. „Sein Grab ist immer noch auf dem Friedhof“, sagt Jankowski. Ist ein Tier auf dem Bönnschenhof angekommen, setzt sich Jankowski mit den Besitzern zusammen und erklärt die verschiedenen Bestattungsoptionen: Körperbestattung in der Erde oder Feuerbestattung, mit oder ohne Urnenbeisetzung.
Jankowski arbeitet dafür mit einem Krematorium in Koblenz zusammen. Bis zur Beisetzung werden die Tiere in einem Kühlhaus aufbewahrt. „Das ist eine große Vertrauenssache. Immerhin geben Menschen ihr geliebtes Tier aus den Händen und vertrauen es uns an“, sagt Jankowski. Bis zu einer Woche bleiben die sterblichen Überreste im Kühlhaus. In dieser Zeit planen die Besitzer gemeinsam mit Jankowski die Beisetzung.
Tierbesitzer können sich in Königswinter in Ruhe verabschieden
Sie suchen sich eine Urne oder einen Kartonage-Sarg aus, wählen einen geeigneten Platz auf dem Friedhof. Bei einigen wird es ein anonymes Rasengrab, Kostenpunkt: im Schnitt 360 Euro. Wer sich für ein klassisches Reihengrab entscheidet, muss durchschnittlich 460 Euro zahlen, fünf Jahre muss das Tier hier mindestens liegen.
Bevor der Sarg oder die Urne in die Erde gelassen wird, können sich die Tierbesitzer in Ruhe verabschieden. Dafür bereitet Jankowski die Tiere vor. Sie wickelt die Körper in Tücher ein, der Kopf bleibt frei. „Das ist für viele besonders wichtig. Ein letztes Mal streicheln und das Tier sehen, um richtig Abschied nehmen zu können und den Tod zu realisieren“, sagt Jankowski.
Die Beerdigungszeremonien verlaufen jedes Mal anders. Von traditionellen Trauerreden über Schweigen bis hin zu indigenen Tänzen um einen Baum hat Jankowski schon alles gesehen. Auch religiöse Riten berücksichtigt sie bei der Bestattung. „Wünschen die Besitzer beispielsweise eine Bestattung nach islamischem Recht, drehen wir den Körper im Grab mit dem Kopf Richtung Mekka.“
Jankowski ermutigt Eltern, Kinder mit zur Beerdigung des Tieres zu bringen
Die Reihengräber ähneln menschlichen Gräbern: Sie haben eine Fassung, häufig aus Holz oder Stein, und werden dekoriert. Steinmetzarbeiten, Schiefertafeln oder Spielzeug – all das darf auf die Gräber. „Meist werden Bilder und Blumen dazugestellt“, sagt Jankowski. Manche Trauernde kämen fast täglich an das Grab ihrer geliebten Tiere, andere seien nach der Bestattung nur noch sehr selten da. Für Familie Jankowski gehört der Tod zum Leben dazu.
„In der Gesellschaft gehen wir oft nicht offen mit dem Tod um und wollen ihn, soweit es geht, von uns weghalten, egal ob beim Menschen oder Tier.“ Das will die Familien ändern. Denn wer den Tod akzeptiert, komme auch besser in der Trauerphase zurecht. Deswegen ermutigt Jankowski Eltern dazu, die Kinder mit zur Beerdigung zu bringen. „Wir können den Verlust nicht ändern, aber wir können es erträglicher machen und mit den Tieren respektvoll und pietätvoll umgehen und den Menschen beim Abschied helfen.“
Tiere selbst beerdigen: Ist das erlaubt?
Wer Haustiere nicht auf dem Friedhof, sondern selbst beerdigen will, muss dafür einiges beachten. Zum einen dürfen Haustiere nur auf Privatgrundstücken begraben werden. Öffentliche Flächen sowie Natur- und Wasserschutzbiete sind Tabu. Darüber hinaus muss das Tier mit mindestens 50 Zentimeter Erde bedeckt werden, das Grab muss in der Regel einen Mindestabstand von drei Metern zum nächsten Weg oder zur nächsten Straße haben. Das Tier darf nicht an einer meldepflichtigen Krankheit gestorben sein. Je nach Größe des Tieres gelten außerdem regionale Regeln. Wer Tiere illegal vergräbt, dem drohen bis zu 15.000 Euro Strafe.