Landtagswahl 2022Das sind die wichtigsten Wahlkampfthemen im Rhein-Sieg-Kreis
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Rhein-Sieg-Kreis – Bei der Wahl am 15. Mai wird der Landtag erstmals in neu zugeschnittenen Wahlkreisen gewählt. Ziel der Neuordnung ist es, dass die Wahlkreise, gemessen an der Zahl ihrer Einwohner, annähernd gleich groß sein sollen. Der Rhein-Sieg-Kreis ist zu diesem Zweck nun in fünf Wahlkreise eingeteilt.
Die Reform ist nicht unumstritten, vor allem, weil es Kommunen gibt, die nun auf mehrere Landtagswahlkreise aufgeteilt werden. Das betrifft Hennef (Wahlkreis 25 und 26) und Sankt Augustin (Wahlkreis 28 und 29). Neu ist auch der landkreis-übergreifende linksrheinische Wahlkreis 27, zu dem jetzt auch die im Kreis Euskirchen gelegene Gemeinde Weilerswist gehört.
An Wahlkampfthemen mangelt es zur Landtagswahl am 15. Mai im Rhein-Sieg-Kreis wahrlich nicht. Wir stellen die wichtigsten Wahlkreis für Wahlkreis vor.
Wahlkreis 25, Rhein-Sieg-Kreis I – Im Osten brennt die Verkehrsinfrastruktur unter den Nägeln
Der ländliche Osten des Kreises mit Eitorf, Much, Ruppichteroth, Neunkirchen-Seelscheid, Windeck sowie mit großen Teilen der Stadt Hennef bildet diesen Wahlkreis. Die Themen, die für die Menschen hier auf der politischen Agenda stehen, unterscheiden sich deutlich von denen in den Kommunen entlang der dicht besiedelten, eher städtisch geprägten Rheinschiene.
Die Kommunen sind tendenziell finanzschwach, einige von ihnen sind in der Haushaltssicherung und müssen jede Investition mit der Aufsichtsbehörde absprechen. Gleichzeitig ist der Investitionsbedarf hier besonders groß, unter anderem, um durch einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs die strukturellen Defizite auszugleichen und so für potenzielle Einwohner und Investoren attraktiver zu werden.
Defizite gibt es auch beim Thema Straßenverkehr (L 333 und Ortsumgehung Hennef-Uckerath), bei der medizinischen Versorgung und der Internetversorgung. Handeln muss eine künftige Landesregierung in diesem Wahlkreis zudem beim Thema Klimawandel, weil hier die Wälder als wichtiger CO2-Speicher in Gefahr sind.
Wahlkreis 26, Rhein-Sieg-Kreis II – Naturschutz, Geburtshilfe und Schulentwicklung
Beiderseits des Rheins ist dieser Wahlkreis angesiedelt – mit Bad Honnef, Königswinter und den Hennefer Stimmbezirken Westerhausen, Dambroich, Rott/Söven und Dahlhausen/Eulenberg/Eichholz im Rechtsrheinischen sowie Meckenheim und Wachtberg im Linksrheinischen. Kritiker beschreiben ihn deshalb als „über den Rhein hinweg zusammengeschustert“.
In Königswinter und Bad Honnef wird die Zukunft der Geburtshilfe viel diskutiert, nachdem der Kreißsaal im Cura-Krankenhaus geschlossen wurde. Neben dem Ausbau des Radwegenetzes auch an Landesstraßen (Stichwort E-Mobilität) dürfte der Naturschutz weiter eine Rolle spielen, auch angesichts der Schäden durch den Borkenkäfer.
Die Zukunft der Schulen ist eines der zentralen Themen in Meckenheim und Wachtberg. In Wachtberg geht es dabei um die Entwicklung der Hans-Dietrich-Genscher-Schule in Berkum, einer profilierten Hauptschule, die sich die SPD als Gesamtschule vorstellen könnte. In Meckenheim geht es um den Neubau des kompletten Schulcampus, der mehr als 90 Millionen Euro kosten wird.
Wahlkreis 27, Rhein-Sieg-Kreis III/Euskirchen III – Wiederaufbau nach der Flut und Schulen und Windkraft
Der Wiederaufbau nach der Flut und die Unterstützung des Landes für die Kommunen, Firmen und Bürger ist ein zentzentrales Thema in diesem Wahlkreis, der die am stärksten betroffenen Kommunen umfasst. Daneben gilt das Augenmerk vor allem der Bildung. Für Bornheim steht mit dem Neubau der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Merten ein Millionenprojekt an, Alfter erwartet Unterstützung vom Land beim Neuaufbau einer weiterführenden Schule in der Gemeinde, sei es eine Gesamtschule oder – neuesten Plänen zufolge – eines Gymnasiums. Und Swisttal muss ebenfalls neu bauen: Ein neuer Gesamtschulkomplex ist schon geplant, nun kommt der Wiederaufbau zerstörter Schulen dazu.
In vielen Orten muss die städtebauliche Erneuerung der Dorfzentren vorangetrieben werden, ebenso eine maßvolle Wohnland- und Gewerbeflächenpolitik. Der Bauboom, so Kritiker, geht jedoch zu Lasten der freien Landschaft, schadet der Landwirtschaft, der Erholung sowie dem Natur- und Klimaschutz.
Rau ist der Ton vor allem in Bornheim und in dieser Frage: Wo soll im Stadtgebiet eine Windkraftenergiezone eingerichtet werden. Für das Verfahren dürfte der Ausgang der Wahl am 15. Mai eine entscheidende Rolle spielen.
Im Wahlkampf haben die Kandidaten ihren Blick zuletzt verstärkt auf die Gemeinde Weilerswist im Kreis Euskirchen gerichtet. Die Kommune ist dem Wahlkreis 27 zugeschlagen worden. Durch den Zuzug aus dem Köln-Bonner Raum konnten Kommunen wie Euskirchen, Mechernich, Nettersheim, Zülpich und Weilerswist neue Baugebiete ausweisen und ihre Einwohnerzahlen steigern. 2015 lebten nach Angaben von IT-NRW 191.000 Menschen im Kreis, in diesem Jahr sind es mehr als 194.000.
Durch den Zuzug liegt die Abweichung von der Durchschnittsgröße der Wahlkreise nun jedoch über dem gesetzlich erlaubten Wert. Entsprechend wurde neu gerechnet. „Das ist für die Kandidaten eine Herausforderung“, sagt der Euskirchener Landrat Markus Ramers: „Entscheidend ist aber, wie es nach der Wahl aussieht und inwiefern sie sich zuständig fühlen für die Kommunen, die nicht zu ihrem Stammwahlbezirk gehören.“
Wahlkreis 28, Rhein-Sieg-Kreis IV – Fehlender Wohnraum und Verkehr
Städtisch geprägt ist dieser neu zugeschnittene Wahlkreis, der neben Niederkassel und Troisdorf auch den Sankt Augustiner Stadtteil Menden umfasst. Die drängenden politischen Themen sind vergleichbar mit denen anderer Ballungsräume: Die Wohnungsmärkte sind durch den Zuzugsdruck aus den beiden großen Städten Bonn und Köln erheblich belastet.
Das bedeutet vergleichsweise hohe Mieten, weiter steigende Grundstückpreise und einen Mangel an bezahlbaren Wohnungen und Grundstücken bei anhaltend hoher oder sogar steigender Nachfrage.
Auch das Thema Verkehr ist ein politischer Dauerbrenner. Gegen den täglichen Stau im Berufsverkehr könnte der neue Landtag die geplante rechtsrheinische Stadtbahnlinie 17 auf den Weg bringen.
Kein originär landespolitisches Thema, aber auch bei den Kandidierenden äußerst umstritten, ist die geplante Rheinspange 553, die die Autobahnen 59 und 555 mit einer Rheinbrücke oder einem Tunnel verbinden soll. Auch der Lärm, den der Köln-Bonner Flughafen verursacht, gehört zu den strittigen Themen.
Wahlkreis 29, Rhein-Sieg-Kreis V – Wohnungsnot, Verkehr und Gesundheitsversorgung
Wie in vielen städtischen Kommunen im Köln-Bonner Speckgürtel gehört Wohnen auch in diesem Wahlkreis zu den zentralen Themen. Bezahlbare Mietwohnungen und Grundstücke sind Mangelware.
Auch die Kehrseite des hohen Siedlungsdrucks beeinflusst die politische Agenda: Die zunehmende Flächenversiegelung wird in Zeiten des Klimawandels immer mehr zum Problem, wie die Folgen des Starkregens vom Sommer 2021 beispielsweise auch in Lohmar gezeigt haben.
Auch um die medizinische Versorgung in der Region müssen sich die neuen Abgeordneten dringend kümmern. Die Zukunft der Kinderklinik in Sankt Augustin ist weiter in der Schwebe, auch die geburtshilfliche Versorgung weist Lücken auf.
Beim Thema Verkehr erhoffen sich die Wählerinnen und Wähler in Siegburg, Lohmar und Sankt Augustin schlüssige Konzepte der Politik – beim Thema Fluglärm ebenso wie bei der Frage, wie die an ihre Kapazitätsgrenze gekommene Stadtbahnlinie 66 als eine der zentralen Nahverkehrsverbindungen zwischen dem Kreis und Bonn angepasst werden kann.