Der Richter erkannte den Angeklagten auf dem Blitzerfoto. Dieser stritt zunächst ab, am Steuer gesessen zu haben.
„Man kann es ja mal versuchen“Auf A3 bei Lohmar geblitzt – 54-Jähriger wollte Knöllchen nicht zahlen
Der Angeklagte musste dem Amtsrichter direkt ins Gesicht sehen, dann den Kopf leicht nach links drehen und in die Luft gucken. Das Spiel wiederholte sich mit dem Zeugen. In der Hauptverhandlung ging es um die Frage: Wer wurde am 29. Oktober 2022 auf der Autobahn 3 in Lohmar geblitzt?
Ein 54-jähriger, Geschäftsführer eines Malerbetriebs, wollte nicht am Steuer gesessen haben. Der Tempoverstoß, 134 statt der erlaubten 100 km/h, hätte ihm immerhin einen Punkt in Flensburg beschert, es wäre der vierte gewesen. Eine alte Strafe war schon getilgt worden, ein Rotlichtverstoß (2 Punkte) verschwindet erst nach fünf Jahren aus dem Register, im August 2027, das Telefonieren mit dem Handy während der Fahrt (1 Punkt) nach zweieinhalb Jahren im März 2024. Den Firmenwagen könnten auch die fünf Angestellten nutzen.
"Da brauchen wir keinen Sachverständigen"
Ein 45-jähriger Mitarbeiter, der als Zeuge geladen war, hatte zwar eine ebenso bullige Statur wie sein Chef, sonst aber keine Ähnlichkeit. Richter Michael Krah zählte erkennbare charakteristische Merkmale auf: die Furchen neben dem Mund, die Alterung des Halses, das dunkle, dichte Haar. „Das Bild ist so deutlich, da brauchen wir keinen Sachverständigen.“
Der Angeklagte, der anwaltlich vertreten war, nahm seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück. Er muss nun die verhängten 350 Euro überweisen. Das sonstige finanzielle Risiko trägt seine Rechtsschutzversicherung, die die Anwalts- und Gerichtskosten zahlt. Einer von vielen Fällen unter der Rubrik „Man kann es ja mal versuchen“, die Gerichte müssten sich über Gebühr mit einer wahren Aktenflut beschäftigen, beklagt die Justiz. Die Widersprüche seien meist unbegründet.