„Aggerstrand“ in LohmarDie Camper sind verschwunden

Schrotthändler haben viele Wohnwagen und ihr Inventar schon auseinandergenommen.
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Lohmar – Plötzlich ging es ganz schnell. Nach langen Verhandlungen wird der Campingplatz „Aggerstrand“ in Peisel nun verkauft. Neuer Eigentümer wird der Aggerverband, der bereits konkrete Pläne für das Gelände an der B 484 hat: Bis zum Flussufer soll der Boden renaturiert werden. Der Notartermin ist für die erste Septemberwoche anberaumt.
Die Bewohner sind bereits verschwunden. Nur ein Verbliebener hält sich noch auf dem Gelände auf. „Seit Montag sind die letzten weg“, sagt Gerd Engel, der hier mit Kater „Dicker“ die Stellung hält. „Nur ab und zu kommt jemand vorbei und holt noch ein paar Sachen ab.“
Der begeisterte Tüftler weiß nicht recht, wohin mit sich und seiner Habe: „Die Frau vom Amt wollte uns in einer Notunterkunft unterbringen, doch da hätte ich mir mit einem anderen ein Zimmer teilen müssen.“ Und wohin dann mit reparierten Fahrrädern, Waschmaschinen und Musikanlagen? „Die Leute schmeißen alles weg, obwohl es ganz schnell und billig repariert werden kann“, sagt Engel. Er ist da anders.
Bis zuletzt hätten sich 15 bis 20 Dauercamper auf dem Platz aufgehalten, so der Zweite Beigeordnete der Stadt Lohmar, Michael Hildebrand, auf Anfrage des „Rhein-Sieg-Anzeiger“. Die Verwaltung habe verschiedene Angebote an die Umzügler gemacht: „Wir haben Räume in städtischen Häusern frei gemacht und den Betroffenen angeboten“, so Hildebrand. Auch auf andere Plätze, die ebenfalls Dauercamper aufnehmen, habe die Stadt hingewiesen.
Leidiges Kapitel endet
Diese Option sagte den Bewohnern vom „Aggerstrand“ offenbar eher zu: In vier feste Wände, wie von der Stadt offeriert, mochte niemand einziehen. Nach Angaben des Beigeordneten hätten sich denn auch alle Bewohner selbst um eine neue Bleibe gekümmert.
Was mit den Gebäuden auf dem Platz geschehen wird, die eine Gaststätte und Verwaltungsräume des Platzbetreibers beherbergten, ist unklar. Laut Horst Becker (Grüne) werden sie separat verkauft, zusammen mit einer bislang als Müllplatz genutzten Fläche auf der gegenüberliegenden Seite der Bundesstraße.
Mit dem Verkauf endet ein leidiges Kapitel Stadtgeschichte: In der Vergangenheit hatte der Platz durch seine Belegung mit Dauercampern immer wieder für Diskussionsstoff gesorgt. Sie und ihre oft notdürftigen Behausungen waren vielen ein Dorn im Auge.
Zusammengeschusterte Aufbauten und Sicherheitsmängel trugen zum Slum-Image des Platzes bei. Zuletzt hatte im Juni 2012 ein Wohnwagen gebrannt. Im Januar 2011 musste der Campingplatz wegen Hochwassers geräumt werden. Erst wenige Wochen zuvor hatten Bewohner nach Tage langem Dauerregen per Schlauchboot aus den Fluten gerettet werden müssen. Der wohl tragischste Zwischenfall ereignete sich im Januar 2009, als zwei Menschen bei lebendigem Leib in ihrem Wohnwagen verbrannten. Wie Brandermittler später feststellten, war im Inneren der Behausung ein Gegenstand, vermutlich eine Spraydose, explodiert. Die Stadt hob daraufhin hervor, die Einhaltung von Brandschutzregeln streng zu kontrollieren – was mancher Bewohner als Schikane empfand.
Die Lage spitzte sich zu, als Camper vor laufenden Fernsehkameras vor dem Haus von Horst Becker demonstrierten, von dem sie vermuteten, dass er sie ganz besonders auf dem Kieker habe. Der Grüne und Stadtratsabgeordnete hatte aus seiner Meinung über die Einrichtung nie einen Hehl gemacht: Überschwemmungen, Unfälle und Wohnungsnot bedrohten die Bewohner, abgesehen davon, dass das Campen bis ans Aggerufer gegen praktisch jegliche Wasser- und Umweltschutzschutzrichtlinien verstoße. Damit ist nun Schluss: 2012 musste der Campingplatz Insolvenz anmelden. Dem Vernehmen nach wird das Gelände für eine eher niedrig angesetzte sechsstellige Summe den Besitzer wechseln. Nach der Grundbucheintragung ist die Stadt dafür verantwortlich, Müll und Campingwagen zu entsorgen, so Hildebrand. Einbauten in den Boden, etwa Betonplatten, entfernt der Aggerverband. Nach der Ansicht von Becker könnten die Arbeiten noch in diesem Jahr beginnen.
Und wohin sind die Bewohner gegangen? „Die meisten sind erst mal auf andere Campingplätze in der Nähe gezogen“, erzählt der 49-Jährige. Viele hätten fluchtartig den Platz verlassen, hätten sich von dem Verwalter hinausgeekelt gefühlt. Engel: „Da ist einiges gelaufen“ – man fühle sich erneut schikaniert. Er sucht jetzt dringend einen Unterstellplatz für seine Gerätschaften – und eine Wohnung für sich, bevor auch er gehen muss.
Wer Gerd Engel helfen möchte, der kann sich bei ihm melden unter der Telefonnummer 0177/9579086.