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Gault&Millau-EhrungLohmarer Gasthaus Scheiderhöhe will keine Schwellenangst auslösen

Lesezeit 4 Minuten
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Stephanie und Daniel Lengsfeld 

Lohmar – Die rote Michelin-Plakette an der Fachwerk-Fassade bekommt eine nicht minder prominente Partnerin in Gelb: Das Gasthaus Scheiderhöhe hat jüngst vom Restaurantführer Gault&Millau eine rote Kochhaube (herausragend in dieser Kategorie) erhalten.

Glückwunsch! Waren Sie von Ihrem Erfolg überrascht?Stephanie Lengsfeld: Ja.Daniel Lengsfeld: Nein.

Das Paar, der 37-Jährige in weißer Kochjacke, die 32-jährige Service-Chefin in Bluse und Satinrock, schaut sich an und schmunzelt.

Daniel Lengsfeld: Wir arbeiten darauf hin, ein sehr gutes Restaurant zu sein. Das spricht sich offenbar herum.

Ihr früherer, langjähriger und sehr erfolgreicher Chef, der Berliner Tim Raue, wurde noch höher dekoriert, mit fünf Kochhauben. Hat er schon gratuliert?Daniel Lengsfeld (lacht): Er hat zu viel zu tun. Aber wir sind noch in Kontakt. Ich habe viel von ihm gelernt. Und sein Name war natürlich anfangs ein Türöffner.

Die Tester kommen ja unangemeldet, haben Sie eine Ahnung, wann jemand da war und welches Gericht bestellt wurde?Stephanie Lengsfeld: Wir hatten zunächst eine Dame im Verdacht, sie kam allein, bestellte direkt Champagner, zeigte großes Interesse, stellte viele Fragen zu den Zutaten und zur Zubereitung. Mittlerweile ist sie Stammgast bei uns. Sie war es nicht. Es essen einige Gäste allein, und die Tester, so haben wir gehört, kommen durchaus auch zu zweit.

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Daniel Lengsfeld kocht mit Produkten aus verantwortlicher Landwirtschaft. 

Sie sind 2019 mit ihrem eigenen Restaurant gestartet, haben die Lockdowns mit Menüs zum Abholen überbrückt. Was hat sich seit den Anfängen verändert, was ist Ihr Erfolgsrezept?Daniel Lengsfeld: Wir haben uns sehr weiterentwickelt, hier gibt es Gerichte, die es sonst nirgendwo gibt. Unsere Produkte stammen überwiegend aus verantwortlicher Landwirtschaft, 95 Prozent des Gemüses kommen von drei Biohöfen aus NRW, es brauchte Zeit, ein Lieferantennetz zu stricken. Anfangs gab es bei uns nur Sekt und Secco, nun auch mehrere Champagner, die Weinkarte ist auf 100 Positionen angewachsen. Unsere Speisekarte wechselt alle zwei Wochen, wir sind kreativ, auch die anderen Jungs in der Küche – und unsere Gäste sehr offen und experimentierfreudig. Es bringt ja nichts, wenn es nur den Testern schmeckt und das Restaurant leer bleibt.

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Das Gasthaus Scheiderhöhe in Lohmar 

Ein Beispiel für eine ungewöhnliche Zutat?Die Sonnenblumenwurzel, confiert in Öl und gebraten. Der Geschmack geht in Richtung Topinambur.

Was lief gut, was nicht so?Daniel Lengsfeld: Unser Sommer-Reh und der Calmar liefen viel besser als erwartet, aber auch Kalbsherz und -hirn, Rinderleber, Blutwurst wurden sehr gut angenommen; für die Innereien, die in Deutschland einen schweren Stand haben, halten wir die Fahne gerne hoch. Von der Curry-Wurst haben wir uns längst verabschiedet.

Die Aufnahme in den Michelin, nun die rote Haube im Gault Millau, kann die Haute Cuisine die Gäste auch abschrecken?Stephanie Lengsfeld: Wir wollen kein Laden mit Schwellenangst sein. Wir sind locker, Gäste in Jeans und Poloshirt sind uns genauso lieb wie im Abendkleid. Kein Kellner hat den Arm auf dem Rücken und macht einen Bückling. Man kann auch ein Bierchen bei uns trinken.

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Woher kommen Ihre Gäste?Leider zu wenig aus Lohmar selbst, wir wissen nicht warum; viele aus der Region, aus Köln und Bonn. Mit den Auszeichnungen werden die Wege weiter. Ein Mann aus der Nähe von Frankfurt reserviert bei uns, wenn er auf der Durchreise ist. Food-Touristen legen auf ihren Gourmetfahrten durch ganz Deutschland mit dem Wohnmobil einen Stopp in Lohmar ein, zum Glück haben wir einen großen Parkplatz. Wer aber zuletzt vor fünf Jahren im Gasthaus gegessen hat, dessen Erwartung wird vielleicht enttäuscht: Das typische Schnitzel aus der Fritteuse, Bratkartoffeln, Rahmsoße gibt es bei uns nicht.

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Blick in den Garten des Restaurants Scheiderhöhe 

Die Gastronomie sucht Personal, Sie auch?Stephanie Lengsfeld: Ja. Wir sind aber froh, das komplette Team aus sieben Vollzeitkräften durch die Corona-Zeit gebracht zu haben. Gemeinsame Events wie Bowling schaffen eine gute Atmosphäre, die Vier-Tage-Woche tut uns allen gut. Und wir packen genauso an wie unsere Angestellten.

Macht die große Ehre Druck? Ein Troisdorfer Kollege bekannte kürzlich, dass er froh war, seinen Stern verloren zu haben.Daniel Lengsfeld: Noch haben wir ja keinen Stern. Den Druck macht sich jeder selbst. Vielleicht steigen wir ja im kommenden Jahr auf und bekommen zwei schwarze Hauben. Wenn das nicht so sein sollte, stürzen wir uns aber nicht ins Messer.