An der AggerSchlange beißt Lohmarerin – Viele Spaziergänger meiden nun die Stelle
Lohmar – Zwei punktförmige Abdrücke etwa fünf Zentimeter oberhalb des rechten äußeren Knöchels sind alles, was Ursula Frielingsdorf noch an ihr unliebsames Zusammentreffen mit einer Schlange erinnert. Vor zwei Wochen war die 78-Jährige beim Gassigehen am Lohmarer Aggerufer gebissen worden, noch Tage danach hatte Ihre rechte Ferse geschmerzt.
Mittlerweile sind die Wunden verheilt. Was bleibt, ist die Ungewissheit, welche Schlange zugebissen haben könnte – und die Gewissheit, die Stelle an der Agger künftig meiden zu wollen. Damit ist die 78-Jährige offenbar nicht allein.
„Die Geschichte hat sich herumgesprochen“, sagt Frielingsdorf. An der Stelle seien normalerweise viele Spaziergänger unterwegs – Kinder hätten in dem Bereich gespielt. „Jetzt ist da nicht mehr los“, berichtet die 78-Jährige.
Lohmarerin spürte plötzlich einen stechenden Schmerz am Bein
Vor zwei Wochen ist sie mit ihrem Hund Pauli an der Sottenbacher Straße spazieren gegangen. So, wie sie es seit zehn Jahren fast täglich macht. An der Holzbrücke geht die Straße in einen Feldweg über, daneben liegt ein Acker. „Hier gehe ich mit Pauli immer an den Waldrand. Ich hatte ihn angeleint.
Auf dem Rückweg raschelte es plötzlich im Gras, der Hund zog wie wild an der Leine, da wurde ich auch schon gebissen. Die Leine habe ich losgelassen, der Hund ist davon gerannt – keine Ahnung, wie der das gemerkt hat.“
Frielingsdorf spürte einen stechenden Schmerz, ihre Ferse schwoll an. Was immer es war, das sie gebissen hatte, es war blitzschnell verschwunden. „Gesehen habe ich die Schlange nicht.“
Ärzte stellen zwei Bisswunden fest – sie passen zu einer Schlange
Nachmittags fuhr sie ins Krankenhaus nach Siegburg. Dort stellten die Ärzte zwei punktförmige Wunden etwa fünf Zentimeter oberhalb des rechten äußeren Knöchels fest. Sie liegen ein bis eineinhalb Zentimeter auseinander. „Und das, obwohl ich eine Jeans getragen habe“, schildert Frielingsdorf. Davon abgesehen gehe es ihr aber gut.
Im Krankenhaus erfuhr sie, dass sich dort am selben Tag eine zweite Frau gemeldet habe, die an derselben Stelle von einer Schlange gebissen worden sei. Frielingsdorf: „Der Arzt sagte, ich könnte froh sein, dass es mich erwischt hat, mein Hund wäre sicher tot.“ Pauli traue sich nun gar nicht mehr auf seine übliche Gassi-Runde. „Da wird er ganz panisch.“
Bis heute ist unklar, welches Tier zugebissen haben könnte. „Das bleibt ein Rätsel und wird auch immer eins bleiben“, vermutet die 78-Jährige. Nach ihrem Aufenthalt im Krankenhaus habe sie nichts mehr gehört.
Laurin Schwers vom Nibelungenzoo in Königswinter hält einen Schlangenbiss für plausibel: „Bei einem anderen Tier wären auch Bissspuren des Unterkiefers zu sehen.“ Er arbeitet oft mit den Tieren und glaubt eher nicht, dass es eine ausgebüxte exotische Schlange war. „Das könnte auch eine Ringelnatter gewesen sein.“ Aber die ist doch ungiftig? „Ja, aber zubeißen kann sie trotzdem, wenn sie sich bedroht fühlt. Dazu muss die Dame ihr aber schon sehr nahe gekommen oder auf sie getreten sein.“
Schlange in Lohmar: Experte hält Biss einer Kreuzotter für unwahrscheinlich
Schwers bezweifelt angesichts der Beschreibung von Ursula Frielingsdorfs Verletzungsbild allerdings, dass ihr durch den Biss tatsächlich Gift injiziert wurde. „Bei einem richtigen Biss einer exotischen Schlange wären spätestens nach zwölf Stunden richtige Vergiftungserscheinungen aufgetreten“, erläutert Schwers. „Aber je nachdem, was die Schlange gefressen hat, können natürlich Bakterien in die Wunde gelangt sein, die sich daraufhin entzündet hat.“ Und einen Hund könne selbst die in Deutschland heimische Kreuzotter nur schwer töten. „Oft verschießen Schlangen auch gar kein Gift, wenn sie sich nur verteidigen wollen – das ist ein sogenannter Trockenbiss.“
Dass eine Kreuzotter zugebissen hat, hält auch Klaus Weddeling von der Biologischen Station in Eitorf für unwahrscheinlich. Die komme nämlich im gesamten Kreisgebiet nicht vor. „Es sei denn, jemand hat sie hier ausgesetzt“, schränkt er ein. Das gelte im übrigen auch für andere Arten, die in Terrarien gehalten würden. Giftschlangen müssten zudem registriert sein, berichtet der Herpetologe.
Beheimatet seien an Rhein und Sieg Ringel- und Schlingnattern. Letztere liebten warme, trockene Gebiete. „Die beißen nur, wenn Sie drauftreten“, erklärt Weddeling. Er sei selbst schon oft von den bis zu 80 Zentimeter langen Schlingnattern gebissen worden. Das sei dann „höchstens wie Nadelstiche“. Die bis zu 1,20 Meter langen Ringelnattern oder Barrenringelnattern liebten eher feuchte Habitate, zumal sie sich von Fröschen und Amphibien ernährten. „Aber auch die ist nicht bissig. Ich bin mir zu 99 Prozent sicher, dass es keine heimische Art war“, resümiert der Experte. Selbst Kreuzottern, die an der niederländischen Grenze lebten, „sind schneller weg, als Sie sehen können“.
Lohmarerin macht künftig einen großen Bogen um Feld an der Sottenbacher Straße
Die Stadtverwaltung Lohmar, die Ursula Frielingsdorf in der Woche nach dem Vorfall über den Biss informiert hatte, sieht zunächst keine Veranlassung, in der Sache tätig zu werden. „In Lohmar, das sich durch seine naturnahe Lage auszeichnet, sind einige Klein-Schlangen beheimatet – da sie ungiftig sind, ist auch ein Biss in der Regel harmlos“, schreibt Pressesprecher Jens Udelhoven. Bei einem Verdacht auf eine mögliche Giftschlange hätte die Stadt, so Udelhoven, aktiv gewarnt.
Ursula Frielingsdorf wird in Zukunft trotzdem einen Bogen um das Feld an der Sottenbacher Straße machen. Sie geht mit Pauli nun in den Aggerauen auf der anderen Seite der Sülztalstraße spazieren.