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„Schildbürgerstreich“Bürokratische Probleme verhindern Sanierung des Donrather Aggerdeichs

Lesezeit 3 Minuten
Der Aggerdeich in Lohmar.

Hochwasser Lohmar 2021: Am Tag nach dem historisch höchsten Wasserstand geht der Pegel der Agger wieder kräftig zurück, der Deich hat gehalten, alle Menschen konnten gerettet werden.

Während der Flut 2021 wäre der Donrather Aggerdeich beinahe gebrochen. Eine Sanierung ist im Sinne der Stadt. Doch es gibt Probleme.

Der Donrather Aggerdeich stand in der dramatischen Hochwassernacht Mitte Juli 2021 kurz vor dem Bruch, konnte nur im letzten Moment mit Sandsäcken abgedichtet werden. Die Stadt würde ihn gern schnellstmöglich sanieren, das Vorhaben droht aber im Sumpf der Bürokratie unterzugehen. Wo liegt das Problem? Der Deich soll gar kein Deich sein, lediglich ein Erdwall. Die Geschichte mute an wie ein „Schildbürgerstreich“, so drückte es Horst Becker (Grüne) im Ausschuss für Bauen und Verkehr aus.

Unisono schüttelten alle Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik den Kopf. Der Schwarze Peter liege bei der Bezirksregierung Köln, da ist man sich einig. Die übergeordnete Behörde verlangt ein langes baurechtliches Verfahren, bevor der Hochwasserschutz stabilisiert werden darf. Der Grund: Der Deich am Dornheckenweg besitze keine gültige Baugenehmigung, so die Auffassung der Bezirksregierung. Die Genehmigung vom 17. November 1983 umfasse lediglich den Straßenbau im Überflutungsgebiet. Daher reiche der von der Stadt favorisierte Änderungsantrag nicht aus.

Es müsse ein zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren sein. Ohne die rechtskräftige Genehmigung dürfe noch nicht einmal der nicht standsichere Abschnitt ertüchtigt werden. Verwunderlich, denn in der Zwischenzeit sei der Deich schon einmal saniert worden – mit Erlaubnis aus Köln – und hätten auch offizielle Deichschauen stattgefunden. „Wir hängen am Fliegenfänger“, ereiferte sich Frank Trimborn (CDU). „Eine Riesen-Sauerei.“ Offensichtlich habe sich die Rechtsauffassung der Bezirksregierung zwischenzeitlich geändert, vermutete Becker.

Wohl niemand der heute Beteiligten war 1983 involviert, das trifft zumindest auf die Lohmarer Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik zu. In einer Videokonferenz hätten die Vertreter der Bezirksregierung kein Entgegenkommen gezeigt, berichtete der Beigeordnete Andreas Behncke, Leiter des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse. Auch der Verweis darauf, dass der Damm bei einem ähnlichen Starkregenereignis brechen und das Wasser immense Schäden in dem Stadtteil anrichten könnte, habe nicht zum Umdenken geführt.

Dabei herrsche im Fall der Überflutung Gefahr für Leib und Leben, falls die Evakuierung der Häuser nicht rechtzeitig gelinge. Vor wenigen Wochen erst, im Januar, waren Helfer nachts vor Ort, um die Lage im Auge zu behalten. Der maßgebliche Agger-Pegel in Overath sei nur sieben Zentimeter unter dem kritischen Wert gewesen. „Ein wenig höher, und wir hätten evakuieren müssen“, schilderte Behncke. Genaue Pegelzahlen wollte er auf Anfrage eines Anwohners nicht nennen, offenbar um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen: „Dann schauen Sie bei jedem Regen nur auf den Pegel.“

Die Stadtverwaltung solle nun erneut bei der Landesregierung auf eine schnelle Lösung dringen, das beschloss der Ausschuss. Es herrsche Gefahr im Verzug, eine zeitliche Verzögerung sei fahrlässig. Die Stadt soll sich zudem Hilfe von Fachanwälten holen. Der Antrag der Koalition wurde einstimmig beschlossen.