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Ehemaliger NPD-FunktionärSexualstraftäter aus Lohmar sitzt in U-Haft – Stadt hatte gewarnt

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Schilder weisen auf eine Einrichtung hin.

Das Schild der Kinder- und Jugendhilfe Hollenberg in Lohmar.

Ein Richter hat einen Haftbefehl ausgestellt. Der Mann musste zuletzt bereits eine Fußfessel tragen. Auch die Polizei hatte zuvor vor ihm gewarnt.

Der 54 Jahre alte Sexualstraftäter, vor dem bereits im Dezember Polizei und Stadtverwaltung gewarnt hatten, sitzt in Untersuchungshaft. Ein Richter des Amtsgerichts Siegburg hat auf Antrag der Bonner Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl ausgeschrieben. Am Mittwoch wurde der 54-Jährige von Polizisten festgenommen und in eine Justizvollzugsanstalt gebracht.

Ihm werden mehrere Vergehen zur Last gelegt, wie Dr. Sebastian Buß, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, erklärte. Zum einen hat er mehrfach gegen sogenannte Führungsaufsichtsweisungen verstoßen. So durfte er sich Kinder und Jugendlichen nicht nähern. Doch das hat er wiederholt getan. In sozialen Medien leugnete der 54-Jährige seine Neigung, sich zu ganz jungen Menschen hingezogen zu fühlen, nicht einmal. Stattdessen versuchte er sie zu rechtfertigen.

Die Polizei führte mehrere Gefährderansprachen in Lohmar durch

Außerdem durfte er sich nicht auf dem Gelände von Kinder- und Jugendeinrichtungen aufhalten, so Buß. Auch das missachtete er, wurde auf dem Grundstück des Jugenddorfs Hollenberg angetroffen. Die Polizei suchte ihn regelmäßig auf, um sogenannte Gefährderansprachen mit ihm durchzuführen. Zuletzt musste er eine Fußfessel tragen, damit sein Aufenthaltsort jederzeit erkennbar war. Erneut gab es nach Informationen dieser Zeitung mehrere Besuche von Polizisten, weil er das Gerät nicht immer geladen hatte.

Bei einem der ersten Kontakte sicherten Beamte zudem mehrere Datenträger, weil der Lohmarer dort unangemessene Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen gespeichert haben soll. Auf einem aufgeklappten Laptop soll eine Missbrauchsdarstellung von Kindern zu sehen gewesen sein. Die Speichermedien wurden ausgewertet, es besteht der Verdacht des Besitzes von kinderpornografischem Material, dem die Staatsanwälte nachgehen. Zudem hatte der Mann eine Polizistin beleidigt. Auch das ist ein Teil der Argumentation für den jetzt erstellten Haftbefehl.

Als eigentlichen Haftgrund nannte Buß Fluchtgefahr. Die Vermieterin des 54-Jährigen hatte ihm gekündigt. „Wir müssen das Strafverfahren sichern“, sagte der Pressesprecher. Drohe Obdachlosigkeit, könne es schwierig werden, des Verdächtigen habhaft zu werden. Das zu erwartende Strafmaß rechtfertige die Untersuchungshaft. Nach wie vor aber gelte, so Buß, die Unschuldsvermutung.

Der wegen Kindesmissbrauch verurteilte Mann war NPD-Funktionär

Der jetzt Inhaftierte ist ehemaliger NPD-Funktionär, der zwischen 2001 und 2002 eine damals Vierjährige sexuell missbrauchte. 2009 kam der Mann in Untersuchungshaft, nachdem der Fall im Jahr zuvor bekannt geworden war. Der Lohmarer verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe. Anschließend wohnte er zunächst im Rheinisch-Bergischen Kreis, bevor er 2024 nach Lohmar zog, nur etwa 300 Meter entfernt von der Kinder- und Jugendhilfe Hollenberg.

Am 13. Dezember soll er dort eine Jugendliche angesprochen haben, die dort in Obhut genommen worden war. Dieser Verstoß gegen die Führungsauflagen führte ebenso zu einem Ermittlungsverfahren wie der Besitz kinderpornografischen Materials. Mehr als präventive Gefahrenabwehr war aber zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Dazu gehörte die elektronische Fußfessel. Der Lohmarer ist einer von elf Menschen in Nordrhein-Westfalen, der die elektronische Aufenthaltsüberwachung, so die korrekte Bezeichnung, tragen musste.

Doch waren das keine Sexualstraftaten, die rechtlich direkt mit Haft geahndet werden konnten. Mit der drohenden Obdachlosigkeit indes hat sich die Situation grundlegend geändert, wie die Staatsanwaltschaft durch ihren Haftantrag deutlich machte.