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„Ich möchte ein Vorbild sein“Lohmarer lässt sich von Rassismus nicht stoppen

Lesezeit 4 Minuten
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Ranzen, Stifte, Hefte: Die Freude im Kongo war groß. 

Lohmar – Andere junge Männer seines Alters feilen werktags an der Karriere und machen am Wochenende Party. Ein 27-jähriger Lohmarer organisiert zusätzlich Hilfe für die Ärmsten der Armen, fühlt sich in der Verantwortung. Was treibt den Betriebswirt mit Bestnoten in Bachelor- und Masterarbeit um? Es ist wohl auch seine eigene Geschichte: Laetis Ntshonsos Familie stammt aus der Demokratischen Republik Kongo.

In Siegburg geboren, mehrsprachig aufgewachsen mit fünf Brüdern, zwei älteren, drei jüngeren, und einer kleinen Schwester, habe er dem Vater versprochen, sich anzustrengen in dem Gefühl, „doppelt so viel leisten zu müssen, um Anerkennung zu bekommen“.

Lohmarer machte früh Rassismus-Erfahrungen

Doch als der Vater, ein Maschinenbautechniker, früh starb, gingen die Noten des Siebtklässlers in den Keller. Irgendwann habe er auf der Hauptschule das Ruder herumgerissen und „Gas gegeben“. Machte auf der Handelsschule den Realschulabschluss, absolvierte, nach einer „Ehrenrunde“, die Höhere Handelsschule in Bonn.

Eindrücke aus dem Kongo

Gut gekleidet, bitterarm

Laetis Ntshonto schildert eindringlich in einem mehrseitige Bericht seine Erfahrungen im Kongo. Hier ein Auszug: „Es fällt auf, wie stilbewusst und gut gekleidet die Menschen täglich auf die Straße treten, egal wie ihre finanziellen Mittel sind. 95 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, um Nahrung für sich und ihre Familien zu beschaffen, werden die Menschen erfinderisch, organisieren eine private Müllabfuhr, arbeiten als Parkeinweiser, Hausbewacher, Portier. Verkaufen Gemälde auf Bettlaken. Durch die Armut ist Korruption ein großes Thema, Regeln und Gesetzgebung verlieren an Wert. (coh)

Eigentum von: Belgien, China, England

Fährt man aus der Hauptstadt heraus, so fährt man durch wunderschöne Landstriche, Palmen, Bäche und viele Tiere – wunderschön. Man sieht viele Schilder, Eigentum von: Belgien, England, China, Pakistan, Indien oder Libanon. An den Supermarkt-Kassen sitzen Einheimische, hinter ihnen Kontrolleure der ausländischen Investoren. (coh)

Vier Klassen in vier Ecken

Die Schulen waren meist einfache, offen stehende Gebäude, manchmal wurden in den vier Ecken vier Klassen unterrichtet, in jeder Klasse mindestens 50 Kinder. Es gibt nur eine Tafel, ein paar Bänke, sonst nichts, auch keine Bücher. Trotzdem habe ich es so empfunden, dass die Schüler große Lust hatten, etwas zu lernen und sich fleißig am Unterricht beteiligten.“ (coh)

Trotz vieler Widerstände. „Ein Lehrer meinte zu mir, ich sollte doch lieber Metzger oder Bäcker werden.“ Er solle lieber etwas werden, wo man nicht rechnen oder schreiben müsse, so der 27-Jährige, der eloquent spricht und schreibt. Und in dessen Wirtschaftsstudium mathematische Kenntnisse unverzichtbar waren.

Ein Lehrer: „Sag' mal Regen rückwärts“

Ein anderer Lehrer habe ihn aufgefordert: „Sag mal Regen rückwärts“. Es fielen Sätze wie „Hast du schwarzes Blut?“ oder „Geh in deinen Busch zurück, wo du auch herkommst!“ Frühe Rassismus-Erfahrungen.

Mehr als einmal kam der Junge weinend nach Hause, die Mutter, die die Familie viele Jahre allein ernähren musste, habe ihn getröstet und gestärkt. „Es war ein Glück. Uns hat es an nichts gefehlt.“

Menschen, die an ihn glaubten, Freunde, Bekannte, hätten ihm ebenfalls geholfen, die aufkommenden Selbstzweifel, die Widerstände zu überwinden. Aber immer sei da das Gefühl gewesen: „Wir sind nicht gleich.“

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Mit Bestnoten hat Laetis Ntshonso sein Studium abgeschlossen. 

Auch andere Bevölkerungsgruppen würden ausgegrenzt, aber für ihn sei das Hauptproblem: „Die Hautfarbe!“ Dabei seien doch die Herkunft, die Kultur, die fließende Beherrschung von Französisch und Lingala eine Bereicherung.

Laetis Ntshonso: „Ich bin ein Macher“

Er sehe sich nicht als Opfer, wolle Vorbild sein für viele Jugendliche mit ähnlichen Erfahrungen, ihnen zeigen, „dass Menschen trotz herausfordernder Umstände alles erreichen können“. Deshalb habe er sich entschlossen, seine Geschichte zu erzählen; er könne vielleicht anderen Kraft und Motivation schenken.

„Ich bin ein Macher.“ Das hat er bewiesen. Neben dem Studium organisierte Laetis Ntshonso mit seiner Freundin Lara und weiteren Freunden zwei private Hilfstransporte ins Flüchtlingslager Moria auf Lesbos, traf dort auch Menschen aus Afrika. Die Flüchtlingspolitik in Europa am Beispiel Lesbos war Thema seiner Masterarbeit, die er, wie schon den Bachelor, mit einer glatten Eins bestand.

Vor wenigen Wochen kam er von einer Hilfsaktion aus dem Kongo zurück, erneut begleitet von Sara und diesmal auch von seiner Mutter Linda, seinem Bruder Paulin und seiner Schwester Rachel. Für die zuvor gesammelten Spenden in Höhe von 4000 Euro kauften sie Stifte, Hefte und Ranzen und verteilten diese an Schulen.

Lohmarer möchte mit seiner Freundin einen Verein gründen

Er habe im Kongo erst begriffen, „woher ich komme“. Das Land werde ihn nicht loslassen. Mit seiner Freundin wolle er nun im ersten Schritt einen Verein gründen. Langfristiges Ziel: eine Schule zu gründen, ohne die Pflicht zur Schuluniform, unerschwinglich für die bitterarmen Familien.

Nach dem Studium startet der Lohmarer erneut durch, seine Bewerbungen verliefen erfolgreich, er könne sogar zwischen Arbeitsstellen wählen, freut sich der junge Mann. Die Karriere will er weiter im Auge haben. Und natürlich auch Partys feiern.